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1title: Chaos Computer Club warnt vor unabsehbaren Risiken bei der elektronischen Gesundheitskarte
2date: 2008-03-16 00:00:00
3updated: 2009-04-18 19:12:41
4author: webmaster
5tags: update, pressemitteilung
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7Die zum 1. April 2008 geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) kann nicht wie geplant stattfinden. Das technische Großabenteuer der Bundesregierung wird ohne funktionierende Sicherheitsinfrastruktur anlaufen. Damit legt das datenschutztechnisch fragwürdige und seit Jahren umstrittene Projekt einen erneuten Fehlstart hin.
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11Nachdem der ehemalige Geschäftsführer der gematik, Dirk Drees, im
12Dezember 2007 aufgrund der vielen technischen Probleme das Handtuch
13warf, übernahm nun Peter Bonerz die Führung über das immer wieder
14verzögerte Projekt. Mehr als ein theoretisches Konzept für die
15Gesundheitskarte hat die gematik jedoch bisher nicht vorzuweisen. Peter
16Bonerz erklärte auf der Cebit, dass die geplante technische
17Infrastruktur noch nicht in Betrieb genommen werden kann, da die
18offizielle Ausschreibung der Public-Key-Infrastruktur (PKI) des
19zentralen Backbone-Server-Verbundes bislang immer noch nicht
20abgeschlossen ist.
21
22“Was sich nach einem Aprilscherz anhört, meint die gematik tatsächlich
23ernst”, sagte der Sprecher des Chaos Computer Club (CCC), Dirk Engling.
24“Es werden neue riesige Datenberge angehäuft, ohne dass das
25Sicherheitskonzept zum Zugriff auf die medizinischen Daten bisher
26erprobt wurde. Ein Feldtest des Kommunikationssystems konnte aufgrund
27der fehlenden Ausschreibung gar nicht erfolgen. Jede Softwareklitsche
28leistet da bessere Arbeit, obwohl diese nicht über ein Milliardenbudget
29verfügen.”
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31In den bisherigen Feldtests gab es nach Angaben der gematik Probleme mit
32dem Zugriff auf die Karten sowie mit dem Einsatz des neuen
33elektronischen Rezeptes (eRezept), das als die Hauptanwendung der eCard
34beworben wird. Die ursprünglich vorgesehenen Feldtests mit 100.000
35Karten wurden gleich ganz abgeblasen.
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37Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt wird zeitgleich mit der
38Gesundheitskarte jedem Bürger eine eindeutige Nummer (Patienten-ID)
39zugewiesen. Damit kann jeder Mensch und seine Krankengeschichte auch
40nach Jahren noch zurückverfolgt werden. Die Stammdaten aller
41Versicherten werden zentral und unverschlüsselt gespeichert sowie zur
42Authentifizierung genutzt. Zusätzlich wird auch die bislang freiwillige
43elektronische Patientenakte (ePA) zentral gespeichert, auch wenn die
44Bundesregierung immer wieder behauptet, dass die Kontrolle über die
45sensiblen Daten beim Versicherten bleibt.
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47Aus der bisher vorliegenden technischen Dokumentation der
48Gesundheitskarte geht außerdem hervor, dass es später sogenannte
49Mehrwertdienste geben wird. Durch dieses fragwürdige Geschäftsmodell
50sollen in Zukunft die immensen Kosten der Einführung und des Betriebes
51der Infrastruktur refinanziert werden.
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53“Es ist nicht akzeptabel, dass Patientendaten, auch wenn diese teilweise
54freiwillig gespeichert wurden, als Handelsware verwendet werden sollen.
55Es dürfte für einen Unfallpatienten nicht angenehm sein, in seinem
56Briefkasten ein Angebot über günstige Hüften zu finden. Die
57Bundesregierung hat bislang nicht erklärt, wofür genau diese ominösen
58Mehrwertdienste verwendet werden”, kommentierte CCC-Sprecher Dirk
59Engling. Auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage
60der FDP zur elektronischen Gesundheitskarte brachte keine Klärung. \[1\]
61
62Der CCC warnt vor der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, da
63notwendige Feldtests zur Evaluation aufgrund der Fehlplanung nicht wie
64vorgesehen durchgeführt werden, sondern die unkalkulierbaren Risiken und
65Nebenwirkungen des Experiments ab April von den Patienten und den
66Angehörigen der Heilberufe getragen werden. Der Schutz der Daten soll
67ohnehin zum großen Teil durch die Praxen und Kliniken gewährleistet
68werden, die jedoch überhaupt keinen zusätzlichen Nutzen durch die eCard
69haben werden. Im Gegenteil: Die Ärzte und Apotheker sind diejenigen,
70welche die Kosten des 4,5-Milliarden-Euro-Projektes vorschießen müssen.
71Ein medizinischer Nutzen der Gesundheitskarte wird seitens der
72Bundesregierung ohnehin nicht mehr behauptet. Warum also die Milliarden
73für das Projekt ausgegeben werden, wird weiterhin nicht begründet.
74
75### Links und weiterführende Informationen
76
77- \[1\] [Kleine Anfrage der FDP im Bundestag zu technischen und
78 rechtlichen Problemen bei der Einführung der elektronischen
79 Gesundheitskarte](http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/083/1608334.pdf),
80 Drucksache 16/8334