From 10bb0f0eecde23dd55bca77078c9d60b2b08a14f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> Date: Tue, 14 Jul 2015 07:51:19 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2015/range.md | 104 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 104 insertions(+) create mode 100644 updates/2015/range.md (limited to 'updates/2015') diff --git a/updates/2015/range.md b/updates/2015/range.md new file mode 100644 index 00000000..df2b3cb6 --- /dev/null +++ b/updates/2015/range.md @@ -0,0 +1,104 @@ +title: Generalbundesanwalt verschleppt Ermittlungen wegen NSA-Massenüberwachung +date: 2015-07-11 18:55:00 +updated: 2015-07-14 07:51:19 +author: 46halbe +tags: update, pressemitteilung + +Der Generalbundesanwalt hat sich nach langem Schweigen zur Strafanzeige mehrerer Bürgerrechtsorganisationen gegen die Bundesregierung wegen des massenhaften Ausspionierens der Bevölkerung durch Geheimdienste geäußert. Er zögert die Einleitung eines Ermittlungsverfahren aber weiter hinaus. Wir veröffentlichen das Schreiben. [0] + + + +Auf erneuten Druck unserer Rechtsanwälte ist das Schreiben des +Generalbundesanwalts (GBA) Harald Range die Antwort auf die Strafanzeige +der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR), des Chaos Computer +Clubs (CCC), des Digitalcourage e. V. und vier Einzelpersonen vom 3. +Februar 2014. Sie richtet sich gegen die Bundesregierung und beinhaltet +die Vorwürfe strafbarer geheimdienstlicher Agententätigkeiten sowie +Beihilfe hierzu, Verletzungen des persönlichen Lebens- und +Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und +Kooperation. \[1\] + +Fast eineinhalb Jahre nach der Strafanzeige reagierte der +Generalbundesanwalt nun erstmals inhaltlich und ausführlicher mit einem +Schreiben, in dem er erläuterte, warum er derzeit kein offizielles +Ermittlungsverfahren einleiten will, allerdings Hinweise weiter geprüft +würden. Eine abschließende Entscheidung zur Einleitung eines +Ermittlungsverfahrens sei noch nicht ergangen. + +Er begründete darin seine anhaltende Inaktivität mit dem „Fehlen an +zureichenden und tatsächlichen Anhaltspunkten“ für Straftaten. Während +der GBA lang und breit in Bezug auf das Ausspionieren von Merkels +Mobiltelefon ausführte, daß er keinerlei Ansätze für Ermittlungen sah, +veröffentlichte Wikileaks bereits weitere Beweise für das umfassende +Ausspionieren durch die Geheimdienste. \[2\],\[5\] Range sah sich jedoch +außer Stande, „Zugangsmöglichkeiten zu den von Edward Snowden an +verschiedene Medien übergebenen ‚Original‘-Dokumenten“ zu erlangen. Die +in der Strafanzeige und weiteren Schriftsätzen von uns ausführlich +dokumentierten Belege für die Totalüberwachung der Bevölkerung waren ihm +nur zwei dürftige Absätze wert. + +CCC-Sprecher Falk Garbsch erklärt dazu: „Jeder Zeitungsleser weiß +offenbar mehr über die Spionage gegen Bevölkerung und Regierung als der +Generalbundesanwalt. Seine Arbeitsverweigerung ist ein rein politisches +Versagen. Offensichtliche Fakten und Belege werden ignoriert.“ + +Die Bürgerrechtsorganisationen fordern daher nochmals nachdrücklich, daß +der Generalbundesanwalt seinen Pflichten als oberster Ankläger endlich +nachkommt und unverzüglich Strafermittlungen einleitet, die gebotenen +Beweise erhebt und insbesondere Edward Snowden als sachverständigen +Zeugen vernimmt. + +Die Präsidentin der ILMR, Fanny-Michaela Reisin, kommentiert die +Verschleppung der Ermittlungen durch den GBA: „Die Liga kritisiert seit +Jahren die Unverträglichkeit von Geheimdiensten mit Rechtsstaatlichkeit +und Demokratie. Dass die Bundeskanzlerin und ihre Regierung mit Bezug +auf Geheimverträge unverhohlen vor unser aller Augen geltendes +Verfassungsrecht bricht und auch noch die Gewaltenteilung aussetzt, ist +genauso unerträglich wie die Blockade der nach den Snowden-Enthüllungen +zwingend erforderlichen Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft. Das +erinnert an Regierungshandeln der Weimarer Republik, das totalitären +Verhältnissen den Weg bereitete.“ + +**Links**: + +- \[0\] Antwort des Generalbundesanwalts auf die Strafanzeige vom 3. + Februar 2014: + +- \[1\] Chaos Computer Club erstattet Strafanzeige gegen die + Bundesregierung: +- \[2\] All The Chancellor’s Men: + +- \[3\] Strafanzeige gegen Massenüberwachung der Geheimdienste: Wir + lassen nicht locker: +- \[4\] Neue Dokumente belegen Überwachung: CCC erweitert Strafanzeige + gegen Geheimdienste und Bundesregierung: + +- \[5\] [German prosecutors launch investigation of spying + charges](http://www.reuters.com/article/2015/05/03/us-germany-spying-nsa-idUSKBN0NO0G820150503), + Mai 2015 + +  + +**Hintergrund**:\ +Am 3. Februar 2014 ist namens der Internationalen Liga für +Menschenrechte e. V., des Chaos Computer Clubs e. V. und von +Digitalcourage e. V. sowie mehreren unmittelbar Verletzten Strafanzeige +gegen US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und +ihre Vorgesetzten, die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, des +Bundesamtes für Verfassungsschutz und Militärischen Abschirmdienstes +sowie gegen den Bundesinnenminister, die Bundeskanzlerin und weitere +Verantwortliche erhoben worden. Der Strafanzeige haben sich in der +Folgezeit sechs weitere NGOs und 1.848 Einzelpersonen angeschlossen. + +Mit einem weiteren Schreiben an den Generalbundesanwalt vom 4. Juni 2014 +wurde die Strafanzeige erweitert. Grundlage waren Veröffentlichungen +über Operationen der NSA, die einen vom CCC betriebenen Server des +Anonymisierungsnetzes Tor gezielt erfaßt und gespeichert hatten. + +Nach weiteren zahlreichen Veröffentlichungen und anhaltender Untätigkeit +des GBA erweiterten die NGOs anläßlich des zweiten Snowden-Jubiläums die +Strafanzeige erneut. + +Für weitere rechtliche Informationen stehen die Rechtsanwälte +H.-Eberhard Schultz und Claus Förster Tel.: 030/43725026 (außerhalb der +Bürozeiten unter 0172 4203768) zur Verfügung. -- cgit v1.2.3