From 23f0e1561767dd8a396188e317bae5920d171ea8 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: erdgeist Date: Sun, 16 Aug 2015 16:38:25 +0200 Subject: Initial import of my nikola website --- stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost | 13 +++++++++++++ 1 file changed, 13 insertions(+) create mode 100644 stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost (limited to 'stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost') diff --git a/stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost b/stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost new file mode 100644 index 0000000..b758203 --- /dev/null +++ b/stories/poetry/Datenschleuder-BoesePost @@ -0,0 +1,13 @@ +Hättet ihr's gedacht? Sie kommen teils in aller Herrgottsfrühe, manmal aber auch mitten am Tag, nur um euch auszuspionieren. Zu jedem. Sehr gewissenhaft. Fast täglich. Sie schauen nach, ob ihr auch wirklich noch in eurem zuhause wohnt. Und sie notieren das und jede Veränderung, auch sehr gewissenhaft, auf kleinen Kärtchen, die sie dann treu zurück zu Herrchen bringen. Glaubt ihr nicht? Was meint ihr, warum die GEZ meist schon vor euren Eltern weiss, wenn ihr eine neue Wohung bezogen habt und das ohne, dass ihr ein Gratisabo abgefasst, oder an einer Verlosung teilgenommen habt (was ja die üblichen Verdächtigen in diesem Fall wären)? Bin ich ein paranoider Spinner? Bestimmt. Aber kurzes Nachdenken darüber, für wen sich dieser Riesenaufwand lohnen könnte, entlarvt die Übeltäter: man müßte dazu ein riesiges Heer an Bediensteten haben, die sowieso zu jedem nach Hause müssen und know how mit Adressen, Strassen und Postleitzahlen ha.... POST-Leitzahlen, genau! Nach [1] eigener Angabe "erhalten 62.500 Zustellbezirke von der Deutschen Post Direkt eine Karte zur Prüfung von maximal zehn Adressen" und "durch diese Vorgehensweise wird jede Adresse im Durchschnitt mehr als zwei mal pro Jahr überprüft". Macht schon Sinn, die Post muß "natürlich" den Überblick behalten, wer wohin verzogen, wer gestorben ist und überhaupt... Die armen Zusteller werden nun bei ihren Außeneinsätzen ohne ihr Wissen auch noch als Datengoldgräber ausgenutzt, denn: [2] "Adress-Vermietung: Gewinnen Sie neue Interessenten und Kunden: Sie bestimmen die Kriterien, z. B. Kaufkraft, Alter, wir stellen die Adressen für Ihre Direktmarketing-Aktionen bereit. Für einen größeren Kundenstamm." und "Bonitätsdaten: CreditCheck liefert online in Sekundenschnelle Bonitätsdaten zur Bewertung der Zahlungsmoral von Versandkunden. Für Ihre Zahlungssicherheit." sind ein untrügliches Anzeichen, daß die Post entdeckt hat, daß sich mit gültigen Adressen und viel zusätzlichem Wissen darüber haufenweise Geld scheffeln läßt. Na, kommt euch der gelegentliche Plausch mit der Postfrau über den verstorbenen Nachbarn, den Kredit fürs neue Auto oder die plötzliche Arbeitslosigkeit vom Herrn Meier im Vorderhaus plötzlich nicht mehr so harmlos vor? Die Zeiten, in denen ein ehrlicher Postbeamter noch vom Briefe durch die Gegend tragen und abstempeln leben konnte, sind scheinbar vorbei. Heutzutage ist er Garant dafür, daß auch ohne das Befolgen der Meldepflicht Informationen über den aktuellen Verbleib jedes Einzelnen, der seinen Briefkasten mit seinem Namen beklebt, verfügbar sind. Und mit dem [3] "AddressFactory System" kann sich jeder Geheimd^WMittelständische eine "Grundlage für professionelles CRM" - Costumer Relation Management schaffen. Das Zauberwort hierbei heißt "Adressanreicherung". Bei Angabe von Rasterparametern kann nach passenden potentiellen Kunden gefahndet werden und der eigene Datensatz durch [4] "Qualifizierte Neukundengewinnung bei gleichbleibenden Kosten" aufgefrischt werden. Da die Post, selbstverständlich, Datenschutz groß schreibt, +werden in ihrem [5] "microdialog"-Angebot, welches sie mit den Firmen "Quelle" und "Neckermann" aufgebaut hat, die Daten auf eine Granularität von "durchschnittlich 6,8 Haushalte" pro "Mikrozelle" skaliert. Diese Daten haben es aber in sich (Auszug): Status und Kaufkraft, Kulturkreisschwerpunkt, Bonitätsrisiko, Werbeaffinität, Anonymitätsbedürfnis, bevorzugte Kommunikationsmedien... Und ohne mit der Wimper zu zucken wird mit dem Service geworben: "Erkennen von Kundensegmenten mit hohem Zahlungsausfallrisiko". Man sollte sich also die 6,8 Haushalte, zu deren Mikrozelle man gehören könnte, mal anschauen, mag sein, dass die NPD ihre Wahlwerbepost genau an dich adressiert, weil du als deutscher Erstwähler in einer Gegend mit Kulturkreisschwerpunkt Islam beheimatet bist, oder ein größeres Versandhaus dich nur per Vorkasse beliefert, weil deiner "Mikrozelle" hohes Bonitätsrisiko beschieden wird. Bestimmt wirst du nun auch deine Nachbarn nach ganz anderen Maßstäben sortieren. Und vielleicht erziehst du sie ja mal dazu, endlich ihre Quellerechnungen zu bezahlen oder pflegst den Vorgarten, um das Scoring deiner Siedlung auf Vordermann zu bringen. Dann kommst du womöglich auch wieder in den Genuß, individuell auf dich zugeschnittener Infopost, die dank "Anreicherung: Wir ergänzen Ihre Adressen um microdialog-Daten" auch dich wieder ins Raster aufnehmen, in dem man wirtschaftlicher Nütztling ist. +Bevor ich es vergesse: ganz Clevere, die in Bestellformularen oder Zeitschriftenabonnoments absichtliche Dreher in ihre Adresse einbauen, um deren Weiterverkauf nachvollziehen zu können, werden überrascht sein: Die "Addressfactory System" bietet auch "Korrektur falsch geschriebener Vor- und Nachnamen bei Consumer-Adressen mit Kennzeichnung von unzustellbaren Adressen, Ergänzung von Sexcode und falls vorhanden Titel". Soll heißen: Du bekommst deine Post weiter mit dem Dreher, aber verkauft wird sie bereinigt und noch mit deinem Doktortitel versehen. Und das bei Bedarf auch über das Internet, im Batch. Während Preise für diese Dienstleistungen noch im Netz zu finden sind [6], z.B. 1.15EUR (bei 10000 Einzeldatensätzen) für deine neue Adresse nach dem Umzug, erfragt man Preise für Services, die man sich als CD zuschicken lassen kann, am besten telefonisch, ganz diskret. Die rechnen einem dann auch ganz fröhlich vor, daß auch bei meinem (völlig aus der Luft gegriffenen) Kundenstamm von 30000 Adressen sich nicht lohne, die CD zu kaufen und ich doch deren Webservice benutzen solle, da der Preis bei 7900EUR läge, nur für Adressverifikation wohlgemerkt (d.h. keine Anwohnerinformationen). Den Preis für die "Postreferenz-Datei" (die man leider nur im Bündel mit einer DB-Anfragesoftware von [7] Uniserv bekommt, um den Datenschutz zu gewähren), habe ich leider auch nach mehreren Telefonaten mit mehreren Beratern nicht erfahren, wahrscheinlich war ein Kundenstamm im siebenstelligen Bereich doch zu unglaubwürdig. Zumindest ist ein jährlicher Refresh der Daten dann schon für die Hälfte zu haben. Und wenn ich die CD mal in die Finger bekäme... würde ich bestimmt das Scoring für meine Oma direkt aus der Datenbank.... aber das ist ein ganz anderes Thema. + + +[0] http://www.deutschepost.de/postdirekt/... +[1] infoservice/download/pbl_qualitaetsprozess.pdf +[2] infoservice/download/adressmanag_internet.pdf +[3] produkte/addfactory_system.html +[4] produkte/analysis_factory.html +[5] produkte/index_microdialog.html +[6] http://www.postdirekt.de/cgi-bin/afweb2/afweb2.calc +[7] http://www.uniserv.de \ No newline at end of file -- cgit v1.2.3