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1title: Zugängliche Plattformen und offene Lizenzen für unsere Daten
2date: 2013-02-06 23:26:00
3updated: 2013-02-07 10:04:50
4author: 46halbe
5tags: update, pressemitteilung
6
7Den Standard endlich auf “Offen” setzen! – Offener Brief an das Bundesministerium des Innern
8
9<!-- TEASER_END -->
10
11Die vom Bundesministerium des Innern (BMI) geplante
12Government-Data-Plattform trat an, "für Deutschland ein nachhaltiges
13Angebot an frei zugänglichen Verwaltungsdaten für Bürgerinnen und
14Bürger, die Wirtschaft und andere Verwaltungseinheiten" bereitzustellen.
15\[1\]
16
17Der Erfolg der Plattform und der Open-Government-(Data)-Strategie von
18Bund und Ländern hängt maßgeblich davon ab, daß Datensätze zugänglich
19gemacht werden, die für potentielle Nachnutzer interessant und relevant
20sind. Bis heute sind in Deutschland viele relevante Datensätze gar nicht
21oder nicht als offene Daten zugänglich. \[2\] Diese Daten müssen im
22Sinne der zehn Prinzipen für offene Daten \[3\] technisch und rechtlich
23offen sein um die Nachnutzung auch zu kommerziellen Zwecken zu
24ermöglichen.
25
26In dieser gemeinsamen Erklärung begründen mehr als zehn Vertreter der
27deutschen Open-Government-Community, warum die Plattform govdata.de in
28der jetzt vorgesehen Form nicht akzaptabel ist.
29
30Die vor kurzem veröffentlichten Rechtemodelle \[4\] für das Portal und
31die bisherigen Einblicke in die Plattform zeigen einen Ansatz, der weder
32offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards \[5\] ist noch
33zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Usability und
34Sicherheit. Auch ist bisher nicht ersichtlich, wie man gedenkt, eine
35Nachnutzung der Daten aktiv zu fördern und so eine Community rund um das
36Datenangebot zur Nachnutzung zu motivieren. Es besteht noch enormer
37Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen.
38
39Das vorgeschlagene Lizenzmodell ist eine Insellösung!
40
41Auch wenn das vorgeschlagene Lizenzmodell in seiner Einfachheit besser
42als das völlig unbrauchbare GeoLizenzen-Modell \[6\] ist, erschwert es
43dennoch über die Maßen die Verbreitung, Weiternutzung und Verschränkung
44der Daten. Anstatt auf international etablierte offene Lizenzmodelle
45zurückzugreifen wird ein neues Modell "Marke Eigenbau" als Insellösung
46geschaffen, das für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt. Daß
47entscheidende Begriffe wie "Quellenangabe" nicht bzw. nicht ausreichend
48definiert sind, hilft der Nachnutzung ebenfalls nicht.
49
50Eine rechtliche Insellösung wie die hier gewählte bewirkt, daß für die
51betroffenen Daten andere rechtliche Vorgaben beachtet werden müssen als
52für zahllose andere Datensammlungen weltweit, die sich an internationale
53Standards halten. Will man sich als Nachnutzer nicht bewußt in eine
54rechtliche Grauzone begegen, müssen also zusätzliche Vorgaben rechtlich
55analysiert werden, was die sogenannten "Transaktionskosten" erhöht und
56damit zahlreichen Nachnutzungsideen die Realisierbarkeit nimmt. Eine
57freie und offene Nutzung der mit Steuergeldern finanzierten Daten ist so
58nicht möglich, da die Daten gerade nicht einfach und ohne rechtlichen
59Abgleich mit anderen kombiniert werden können. Zwar wird "Big Data"
60gerne als Innovationsmotor im Munde geführt, Deutschland geht mit dem
61neuen Portal aber in Richtung Daten-Kleinstaaterei. Es wird ein
62nationaler, getrennter Datenpool geschaffen, dessen Nutzungsbedingungen
63nicht mit internationalen Standardlösungen kompatibel sind.
64
65Den Standard auf "Offen" setzen und Ausnahmen öffentlich begründen!
66
67Geschlossene Daten mögen in sensiblen Bereichen zu rechtfertigen sein,
68sie müssen aber die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Deshalb
69grenzt es an Irreführung, wenn der Begriff "Open Data" sowohl in der
70Fraunhofer-FOKUS-Studie als auch in den Ankündigungen des BMI
71hervorgehoben wird, solange es teilnehmenden datenhaltenden Stellen
72völlig freisteht, durch Wahl der nicht-kommerziellen Variante der Lizenz
73\[7\] die kommerzielle Nachnutzung zu verbieten. Es steht zu befürchten,
74daß viele Behörden aus Bequemlichkeit diese Variante einer "Freigabe"
75wählen werden, womit alle betroffenen Daten gerade nicht offen
76lizenziert und somit eine Kombination mit offenen Daten rechtlich
77blockiert wird. Das Gegenteil sollte gelten: Staatliche Organe sollten
78begründen müssen, warum durch Steuergelder finanzierte Daten nicht für
79alle uneingeschränkt zur Nachnutzung bereitstehen. Das öffentliche
80Interesse an freiem Zugang zu staatlichen Informationen wiegt höher als
81das Gutdünken einzelner Behörden.
82
83Warum ist das so wichtig? Nur wirklich offene Daten
84([www.opendefinition.org](http://opendefinition.org/)) können neben
85ihrem gesellschaftlichen Mehrwert auch gefahrlos in solchen Bereichen
86genutzt werden, bei denen nicht vollständig klar ist, ob es sich um
87kommerzielle Verwendungen handelt oder nicht. Gerade in den weltweiten
88Datennetzen ist diese Grauzone größer als die deutsche Politik wohl
89wahrhaben möchte. Freie Daten können denn auch als Wirtschaftsförderung
90verstanden werden, da sie ohne einen einzigen Euro an Subventionen einen
91enormen Schub an wirtschaftlichen Impulsen und Innovationen bedeuten
92können.
93
94Was muß geschehen?
95
96Der Erfolg der Plattform und der gesamten
97Open-Government-(Data)-Strategie des Bundes hängt maßgeblich von einer
98echten offenen Freigabe der Verwaltungsdaten ab. Bisher droht die
99Umsetzung dagegen vor allem zu einer inhaltlichen Entwertung des
100Begriffes "Open Government” zu führen und damit auch die Entwicklung zu
101offenem Regieren in Deutschland nachhaltig zu bremsen.
102
103Deshalb fordern wir für die weitere Entwicklung von www.govdata.de:
104
1051. Datensätze als offene Daten (im Sinne der [zehn Prinzipen für offene
106 Daten](http://wiki.okfn.de/10-Prinzipien-fuer-offene-Daten))
107 zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant,
108 relevant und tatsächlich nachnutzbar sind. Eine nicht-erschöpfende
109 Liste solcher Datensätze siehe unten;
1102. Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und
111 offenen Lizenzen (gemäß [Open
112 Definition](http://opendefinition.org/okd/deutsch/)) sowie
113 Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte
114 Nutzungsbedingungen;
1153. Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu
116 lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten
117 Ausnahmefällen zuzulassen;
1184. Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten
119 zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf
120 rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit;
1215. Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten
122 Daten prioritär zu veröffentlichen und von der
123 pro-forma-Veröffentlichung von "Schnarchdaten" abzusehen;
1246. Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als
125 zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten;
1267. Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und
127 Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von
128 Daten erteilen kann.
129
130Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören,
131sondern weil diese sie verwaltet.
132
133Verwaltungsdaten zu öffnen ist nur dann überhaupt von Nutzen, wenn eine
134Nachnutzung uneingeschränkt möglich ist und aktiv gefördert wird.
135Entsprechend sollte die Plattform eine Vorbildfunktion haben, indem sie
136die Unterstützung all jener, auf deren Nachnutzung gebaut wird, auch
137gewinnt. Das wird sie nur, wenn sie sich mit anderen Portalen in Bezug
138auf Bedienung, Schnittstellen, Sicherheit, Barrierefreiheit und eben
139auch hinsichtlich Offenheit messen lassen kann. Noch sind wir weit von
140diesem Zustand entfernt, weshalb der derzeitige Ansatz nicht die
141Unterstützung der "Community" findet.
142
143Mit freundlichen Grüßen,
144
145Vertreter der "Open-Data-Community Deutschland"
146
147 
148
149**Erstunterzeichner**:
150
151Daniel Dietrich, Open Knowledge Foudation Deutschland e. V.,
152Vorstandsvorsitzender
153
154Daniel Lentfer, Mitinitiator des Hamburgischen Transparenzgesetzes
155
156Mathias Schindler, Wikimedia Deutschland e. V.
157
158Boris Hekele, abgeordnetenwatch.de/Parlamentwatch e. V., Mitgründer
159
160Lavinia Steiner, Digitale Gesellschaft e. V., stellvertretende
161Vorstandsvorsitzende
162
163Markus Beckedahl, netzpolitik.org
164
165Christian Heise, Initiative e-demokratie.org, Open Knowledge Foundation
166Deutschland e. V.
167
168Christian Horchert, Open Data Network e. V., stellvertretender
169Vorstandsvorsitzender
170
171Sören Auer, Koordinator des EU-Forschungsprojektes zu Linked Open Data
172LOD2
173
174Michael Hirdes, Chaos Computer Club e. V.
175
176Holger Drewes, opendata-showroom.org
177
178 
179
180**Unterzeichne auch Du!**
181
182<http://not-your-govdata.de/>
183
184 
185
186**Links**:
187
188\[1\] ehemalige Ankündigung auf
189[daten-deutschland.de](http://daten-deutschland.de/)
190
191\[2\] Eine Liste davon haben wir [hier
192zusammengefaßt](https://docs.google.com/spreadsheet/ccc?key=0AplklDf0nYxWdEx1RGJJX3hnVHl5VzRvWGMwZjMyaHc&usp=sharing&authkey=CPaKlO0N#gid=0)
193(Google Docs)
194
195\[3\]
196<http://sunlightfoundation.com/policy/documents/ten-open-data-principles/>
197
198\[4\]
199<https://github.com/fraunhoferfokus/ogd-metadata/tree/master/lizenzen>
200
201\[5\] <http://opendefinition.org/okd/deutsch/>
202
203\[6\] <http://www.geolizenz.org/>
204
205\[7\]
206<https://github.com/fraunhoferfokus/ogd-metadata/blob/master/lizenzen/BMI/Datenlizenz_Deutschland_Namensnennung_nichtkommerziell_V1.md>