From 17a35388cb83fe9c599806dabaf45d96f23bb573 Mon Sep 17 00:00:00 2001
From: bine <bine@chaostreff.org>
Date: Wed, 27 Jan 2010 16:19:18 +0000
Subject: committing page revision 1

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 pages/jmstv.md | 184 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
 1 file changed, 184 insertions(+)
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new file mode 100644
index 00000000..f64b3021
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+++ b/pages/jmstv.md
@@ -0,0 +1,184 @@
+title: JMStV
+date: 2010-01-27 16:18:00 
+updated: 2010-01-27 16:19:18 
+author: bine
+tags: 
+
+Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag -- Das ganze Ausmaß der
+Problematik
+
+ 
+
+Seit dem 01.04.2003 gilt der neue "Staatsvertrag über den Schutz der
+Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien
+(Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV)".
+
+Bereits vor kurzem wurde im Internet die Information verbreitet, dass ab
+dem Inkrafttreten des Vertrages Linux-Spiele nicht mehr verbreitet
+werden dürfen (s. a. [![\[Externer
+Link\]](http://dasalte.ccc.de/images/style/link-extern-blue.png)http://www.golem.de/0303/24770.html](http://www.golem.de/0303/24770.html).
+
+Ja, denken Sie, aber was hat das mit der Webseite zu tun?
+
+### Es geht dabei um den §5 JMSTV:
+
+*"§5 - Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote"* [![\[Externer
+Link\]](http://dasalte.ccc.de/images/style/link-extern-blue.png)](http://www.artikel5.de/gesetze/jmstv.html)
+
+*"(1) Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von
+Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und
+gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder
+zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder
+Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht
+wahrnehmen."*
+
+*"(2) Bei Angeboten wird die Eignung zur Beeinträchtigung der
+Entwicklung im Sinne von Absatz 1 vermutet, wenn sie nach dem
+Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche der jeweiligen
+Altersstufe nicht freigegeben sind. Satz 1 gilt entsprechend für
+Angebote, die mit dem bewerteten Angebot im Wesentlichen inhaltsgleich
+sind."*
+
+*"(3) Der Anbieter kann seiner Pflicht aus Absatz 1 dadurch entsprechen,
+dass er"*
+
+*"1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots
+durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich
+macht oder wesentlich erschwert oder"*
+
+*"2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht
+werden, so wählt dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen
+Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen."*
+
+*"(4) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz
+1 auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen, erfüllt der Anbieter seine
+Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6
+Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Gleiches gilt, wenn eine
+entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche unter
+16 Jahren zu befürchten ist, wenn das Angebot nur zwischen 22 Uhr und 6
+Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Bei Filmen, die nach §14
+Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes unter 12 Jahren nicht freigegeben sind,
+ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu
+tragen."*
+
+*"(5) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz
+1 nur auf Kinder zu befürchten, erfüllt der Anbieter von Telemedien
+seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot getrennt von für
+Kinder bestimmten Angeboten verbreitet wird oder abrufbar ist."*
+
+*"(6) Absatz 1 gilt nicht für Nachrichtensendungen, Sendungen zum
+politischen Zeitgeschehen im Rundfunk und vergleichbare Angebote bei
+Telemedien, soweit ein berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der
+Darstellung oder Berichterstattung vorliegt."*
+
+Der o. g. Abs. 2 besagt, dass alle Angebote, bei denen keine
+Altersfreigabe erfolgt ist, als entwicklungsbeeinträchtigend im Sinne
+des Absatzes 1 gelten.
+
+Laut Abs. 1 müssen Anbieter von solchen Angeboten dafür Sorge tragen,
+dass diese durch Kinder oder Jugendliche nicht erreicht werden können.
+
+In Abs. 3 steht, wie man als Anbieter seine Pflicht erfüllt: durch
+(Alters- und) Zugangskontrollen oder durch zeitliche Beschränkung des
+Angebotes.
+
+### Wer ist aber nun Anbieter? Was ist ein Angebot? Fallen Webseiten darunter?
+
+In §3 JMStV werden einige der verwendeten Begriffe definiert:
+
+*"§3 - Begriffsbestimmungen"* [![\[Externer
+Link\]](http://dasalte.ccc.de/images/style/link-extern-blue.png)](http://www.artikel5.de/gesetze/jmstv.html)
+
+*"(1) \[...\]"*
+
+*"(2) Im Sinne dieses Staatsvertrages sind"*
+
+*"1. "Telemedien" Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und
+Mediendienste im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrages, soweit sie
+nicht Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages sind,"*
+
+*"2. "Angebote" Rundfunksendungen oder Inhalte von Telemedien,"*
+
+*"3. "Anbieter" Rundfunkveranstalter oder Anbieter von Telemedien."*
+
+Unter einem Angebot ist also u. a. "Inhalte von Telemedien", unter
+Anbieter "Anbieter von Telemedien" (**nicht** Anbieter von Inhalten von
+Telemedien) zu verstehen.
+
+Telemedien sind "Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und
+Mediendienste im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrages, soweit sie
+nicht Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages sind".
+
+Im §2 Mediendienstestaatsvertrag wird Mediendienst wie folgt definiert:
+
+*"§2 - \[Geltungsbereich\]"* [![\[Externer
+Link\]](http://dasalte.ccc.de/images/style/link-extern-blue.png)](http://www.artikel5.de/gesetze/mstv.html)
+
+*"(1) Dieser Staatsvertrag gilt für das Angebot und die Nutzung von an
+die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten
+(Mediendienste) in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung
+elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder
+mittels eines Leiters verbreitet werden. Die Bestimmungen des
+Rundfunkstaatsvertrages bleiben unberührt. Ferner bleiben die
+Bestimmungen des Teledienstegesetzes in der in einem Bundesgesetz
+erstmalig beschlossen Fassung, die Bestimmungen des
+Telekommunikationsgesetzes sowie der Bereich der Besteuerung
+unberührt."*
+
+Dass Webseiten als Inhalte von Mediendiensten zu sehen sind, hat in der
+Vergangenheit die Diskussion um die Sperrungsverfügungen der
+Bezirksregierung Düsseldorf gezeigt.
+
+### Zusammengefasst:
+
+Diese Webseite ist ein Inhalt eines Telemediums, nämlich eines
+Mediendienstes. Als solches ist es ein Angebot im Sinne des JMStV. Für
+ein Angebot im Sinne des JMStV gilt die "Eignung zur Beeinträchtigung
+der Entwicklung im Sinne von Absatz 1" als vermutet, "wenn sie nach dem
+Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche der jeweiligen
+Altersstufe nicht freigegeben sind".
+
+Eine solche Freigabe ist bislang weder beantragt worden noch erfolgt.
+Also gilt dieses Angebot als ein solches nach §5 Abs. 1 JMStV.
+Dementsprechend müsste es besonders gegen den Zugriff von Kindern und
+Jugendlichen geschützt werden.
+
+**Ist es aber nicht.** Also liegt ein Verstoß gegen §5 Abs. 1 JMStV vor.
+**Diese Seite ist illegal.**
+
+Allerdings schränkt §5 Abs. 6 JMStV dies etwas ein. Dieses ist eine
+Informationsseite, die im weitesten Sinne über "politisches
+Zeitgeschehen" berichtet und somit nicht dem §5 Abs. 1 JMStV unterliegt.
+Aber gilt das auch für Ihre Homepage? Die Folgen eines Verstoßes stehen
+übrigens in §24 JMStV:
+
+*"§24 - Ordnungswidrigkeiten"* [![\[Externer
+Link\]](http://dasalte.ccc.de/images/style/link-extern-blue.png)](http://www.artikel5.de/gesetze/jmstv.html)
+
+*"(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Anbieter vorsätzlich oder
+fahrlässig \[...\]"*
+
+*"4. entgegen §5 Abs. 1 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die
+geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer
+eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu
+beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder
+Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht
+wahrnehmen, \[...\]"*
+
+*"(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro
+geahndet werden."*
+
+Das Ziel des Gesetzesgebers dürften die gewaltverherrlichen,
+rechtsextremistischen und XXX-Seiten im Internet gewesen sein. Es
+scheint, man ist etwas über das Ziel herausgeschossen...
+
+### Was tun?
+
+ 
+
+-   Beteiligen Sie sich an der Aktion "Diese Seite ist illegal" und
+    verlinken Sie Ihre eigene Seite auf diese.
+-   Versuchen Sie eine Altersfreigabe für Ihre Seite zu erhalten. (Das
+    Jugendschutzgesetz kennt jedenfalls keine Altersfreigabe für
+    Webseiten?) Ihre zuständige Landesanstalt für Medien oder die
+    Kommission für Jugendmedienschutz wird sich gern damit befassen :)
-- 
cgit v1.2.3