From abe97675083911d86918a06cfcd4f5a1817d0bbe Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> Date: Sun, 30 Sep 2012 16:01:40 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2012/juristentag.md | 85 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 85 insertions(+) create mode 100644 updates/2012/juristentag.md (limited to 'updates/2012') diff --git a/updates/2012/juristentag.md b/updates/2012/juristentag.md new file mode 100644 index 00000000..25b9764f --- /dev/null +++ b/updates/2012/juristentag.md @@ -0,0 +1,85 @@ +title: Bürgerrechte im Internet schützen, nicht abbauen +date: 2012-09-30 15:27:00 +updated: 2012-09-30 16:01:40 +author: 46halbe +tags: update, pressemitteilung + +Gemeinsame Presseerklärung: Das Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und der Chaos Computer Club (CCC) lehnen die Vorschläge des Deutschen Juristentages zur Strafverfolgung im Internet ab. + + + +Am 21. September 2012 ging der Deutsche Juristentag mit der +Präsentation seiner Beschlüsse zu Ende. Die Abteilung Strafrecht des +Deutschen Juristentags fordert, zur Verfolgung bestimmter Straftaten im +Internet »weiterreichende Ermittlungsmöglichkeiten der +Strafverfolgungsbehörden (unter anderem Telekommunikationsüberwachung)« +zu schaffen. Konkret werden insbesondere das »heimliche Eindringen in +ein informationstechnisches System zum Zwecke einer +repressiven Quellen-Telekommunikationsüberwachung«, die +Online-Durchsuchung, »spezielle Herausgabepflichten bzgl. Verkehrsdaten« +und die Vorratsdatenspeicherung verlangt. + +Der Deutsche Juristentag fordert damit die Ausweitung +heimlicher Überwachungsmaßnahmen, obwohl diese aus gutem Grunde von +weiten Teilen der Öffentlichkeit als Eingriffe in die +Kommunikationsfreiheit des Bürgers skeptisch betrachtet werden. Bereits +heute werden Verbindungs- und Standortdaten und die Identität von +Telefon-, Mobiltelefon-, E-Mail- und Internetnutzern in Strafverfahren +standardmäßig abgefragt. Die Bundesnetzagentur hat allein für das Jahr +2009 4,5 Mio. Auskunftsersuchen deutscher Sicherheitsbehörden ermittelt. +Bei solchen Maßnahmen werden regelhaft Informationen über eine große +Anzahl Unbeteiligter ohne deren Wissen erhoben und an die +Polizei weitergegeben. Dabei beschränkt sich die Informationsauswertung +nicht allein auf die schlichten Verbindungsdaten, sondern macht über +die Begleitumstände der Kommunikation (Geodatenanalyse, Auswertung +mobiler Transaktionen) auch Handlungen und Neigungen aus dem Privatleben +sichtbar. + +Der Schutz dieser Daten vor dem Zugriff des Staates wird +umso bedeutsamer, je mehr alle privaten Lebensbereiche von +digitalen Kommunikationsmedien und Mobilfunknetzen abhängen. Die +Freiheit, unbeobachtet zu kommunizieren, muß daher in Zukunft besser +geschützt und nicht etwa abgebaut werden. Wissenschaftliche +Untersuchungen in jüngerer Zeit stellen den Nutzen beispielsweise +der Vorratsdatenspeicherung bei der Bekämpfung von Terrorismus und +schweren Straftaten ohnehin in Frage. Erst dieser Tage mußte +der Bundesdatenschutzbeauftragte erneut darauf hinweisen, +daß Telekommunikationsunternehmen weiterhin in großem Umfang +persönliche Daten von Kunden speicherten, die weit über das hinausgehen, +was zur Abrechnung der Verbindungen erforderlich und zulässig wäre. + +Abzulehnen ist auch die von dem Deutschen Juristentag +geforderte Einführung der Online-Durchsuchung zur Strafverfolgung. Es +ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß das erst im letzten +Jahr durch den Chaos Computer Club aufgedeckte Problem, daß die von den +Behörden in Deutschland verwandten Trojaner-Software nicht +den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen konnte, weiterhin +ungelöst ist. + +Das Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen, +der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und der Chaos +Computer Club lehnen diese Beschlüsse des Deutschen Juristentages +deshalb ab. Sie weisen schließlich darauf hin, daß der Deutsche +Juristentag als privater Verein nicht die Juristinnen und Juristen in +Deutschland repräsentiert. In der Abteilung Strafrecht haben nur ca. 80 +Teilnehmende abgestimmt. + +  + +**Links**: + +Gemeinsame Presseerklärung [als +pdf](http://ccc.de/system/uploads/123/original/PE_RAVOrgBueroCCC_wg_DJT_30Sept2012.pdf) + +  + +Für Rückfragen stehen zur Verfügung: + +Constanze Kurz, Sprecherin des CCC, presse(at)ccc.de + +Rechtsanwalt Sönke Hilbrans, Vorstandsmitglied im RAV, Tel.: 030 +44679224 + +Rechtsanwalt Jasper von Schlieffen, Geschäftsführer +des Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen, Tel.: 030 +3101820 -- cgit v1.2.3