From 9fd8292dbc2bd56e1b3ca00f68b6674348eeb070 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: atoth Date: Fri, 20 May 2011 19:04:51 +0000 Subject: committing page revision 1 --- ...klarung-der-zivilgesellschaft-an-e-g8-und-g8.md | 138 +++++++++++++++++++++ 1 file changed, 138 insertions(+) create mode 100644 updates/2011/erklarung-der-zivilgesellschaft-an-e-g8-und-g8.md (limited to 'updates') diff --git a/updates/2011/erklarung-der-zivilgesellschaft-an-e-g8-und-g8.md b/updates/2011/erklarung-der-zivilgesellschaft-an-e-g8-und-g8.md new file mode 100644 index 00000000..d0140b8e --- /dev/null +++ b/updates/2011/erklarung-der-zivilgesellschaft-an-e-g8-und-g8.md @@ -0,0 +1,138 @@ +title: Erklärung der Zivilgesellschaft an e-G8 und G8 +date: 2011-05-20 18:35:00 +updated: 2011-05-20 19:04:51 +author: atoth +tags: + +Beim 37. G8-Gipfel in der kommenden Woche hat die französische G8-Präsidentschaft die Kontrolle des Internets auf die Tagesordnung gesetzt und zu diesem Zweck eigens zum "e-G8-Forum" eingeladen. Da Regierungs- und Wirtschaftsvertreter bei den G8 überrepräsentiert sind, hat der Chaos Computer Club vergangene Woche zusammen mit La Quadrature du Net und anderen zu kreativem Protest aufgerufen. In einer Initiative von AccessNow wenden sich Bürgerrechtsorganisationen weltweit nun direkt mit einem offenen Brief an die G8, der vom CCC, von netzpolitik.org und dem Verein Digitale Gesellschaft auch ins Deutsche übersetzt wurde. + + + +## Die Erklärung der Zivilgesellschaft an e-G8 und G8 im Wortlaut: + +\ +Die Unterzeichner dieser Erklärung sind Vertreter der Zivilgesellschaft +aus der ganzen Welt, die Freiheiten im Internet, digitale Bürgerrechte +und freie Kommunikation fördern wollen.\ +\ +Unmittelbar vor dem diesjährigen G8-Gipfel in Deauvilleein richtet die +französische G8-Präsidentschaft das sogenannte "e-G8 Forum" aus, das G8 +Internet-Treffen. Hier will Frankreich die Agenda des G8-Gipfels +hinsichtlich zentraler Internet-Regulierungsfragen formen. Dieses +Treffen ist deshalb so wichtig, weil die Rolle des Internets in +Gesellschaft und Wirtschaft erstmalig ausdrücklich auf der G8-Agenda +steht.\ +\ +Aufgrund der Beteiligung wesentlicher Akteure der Weltpolitik haben Ihre +Richtlinien als G8 einen großen Einfluss auf die globale +Internet-Regulierung. Bedauerlicherweise unterwandern und bedrohen +einige der derzeit in den Industriestaaten geschaffenen gesetzlichen +Rahmenbedingungen das offene und neutrale Internet – und damit genau +jene Eigenschaften, die den Wesenskern des demokratischen und +wirtschaftlichen Potenzials des Internets ausmachen.\ +\ +Unserer Meinung nach sollten die G8-Mitglieder das e-G8-Forum als +Gelegenheit nutzen, sich öffentlich zu den Zielen zu bekennen, allen +Menschen Internetzugang zu ermöglichen, digitale Zensur und Überwachung +zu bekämpfen, die Haftung von Vermittlungsinstanzen zu begrenzen und die +Prinzipien der Netzneutralität zu wahren.\ +\ + +### Freier Internetzugang für alle + +\ +Wir sind insbesondere besorgt über die zunehmende Anzahl an Ländern, die +ihren Bürgern den Zugang zum Internet und mobilen Netzen in Krisenzeiten +verwehren, wie es in Ägypten, Libyen, Iran, China, Nepal und Burma +geschehen ist. In vielen, wenn nicht allen dieser Länder, sehen wir, wie +wichtig der Zugang zum Internet als Tor zur Fülle der Bürgerrechte, +politischen Möglichkeiten und Menschenrechte anderer ist. Viele +G8-Länder setzen derzeit aktiv Regulierungen um, die in ähnlicher Weise +darauf abzielen, Netzzugang zu kontrollieren und einzuschränken. Diese +Richtlinien legitimieren die Eingriffe repressiver Regime und bedrohen +den wirtschaftlichen Kern des Internets. Da viele Länder nun beginnen, +die Infrastruktur für den Zugang zum Netz zu verbessern, ist diese +Zunahme an restriktiver Regulation, die wir sowohl in den entwickelten, +als auch den sich entwickelnden Ländern beobachten, eine +rückwärtsgewandte und zutiefst beunruhigende Entwicklung.\ +\ + +### Freiheit von Zensur und Überwachung + +\ +Gleichzeitig nutzen repressive Regime die Macht des Internets für ihre +eigenen Interessen, häufig mit Hilfe weltweit agierender Konzerne, die +in den G8-Ländern beheimatet sind. Wir möchten darauf drängen, den +Verkauf derartiger Technologien sowohl im In- als auch im Ausland zu +stoppen und diesen groben Eingriffen in Privatsphäre und Sicherheit ein +Ende zu bereiten.\ +\ + +### Providerhaftung und Geistiges Eigentum + +\ +Vornehmlich die Unterhaltungsindustrie, aber auch andere Sektoren +arbeiten mit zunehmendem Druck daran, die Haftung von +Online-Dienstleistern für die Handlungen ihrer Nutzer zu erhöhen (z.B. +HADOPI und ACTA). Um die Meinungsfreiheit zu erhalten muss diesem Druck +Widerstand geleistet werden. Deshalb schlagen wir vor, dem Beispiel der +brasilianischen Regierung und ihren Prinzipien für die Regulierung und +Nutzung des Internets zu folgen, insbesondere Absatz 7, der festlegt:\ +"Jede Maßnahme gegen illegale Handlungen im Netz muss sich gegen jene +richten, die unmittelbar dafür verantwortlich sind – und darf nicht die +Infrastruktur/Kommunikationsmittel betreffen, so dass immer die +grundlegenden Prinzipien von Freiheit, Privatsphäre und dem Respekt vor +Menschenrechten gewahrt werden." + +### Netzneutralität + +Wir rufen Sie außerdem auf, sich dem Schutz der Netzneutralität zu +verpflichten – dem Prinzip, dass aller Datentransfer im Netz +gleichberechtigt behandelt wird, unabhängig von seinem Ziel, Ursprung +oder Inhalt.\ +\ + +Dies sind einige der zentralen Fragen der Internetregulierung, die wir +der Aufmerksamkeit der G8 für würdig und bedürftig halten. Wir wollen +Ihre Aufmerksamkeit weiterhin auf zwei umfassende Erklärungen lenken, +die Nationalstaaten in Fragen der Netzregulation als Richtwert dienen +sollten: + +- [Die zehn Rechte und Prinzipien des + Internets](http://internetrightsandprinciples.org/node/408 "Die zehn Rechte und Prinzipien des Internets"), + entwickelt von der [Internet Rights and Principles + Coalition](http://internetrightsandprinciples.org "Internet Rights and Principles Coalition") +- Assembly Declaration of the right of Communication, verfasst beim + [Weltsozialforum 2011](http://weltsozialforum.org/) + +Weiterhin möchten wir unserer Besorgnis über die Organisation des +e-G8-Forums Ausdruck verleihen. Wir stimmen mit dem Internet Governance +Caucus darin überein und möchten gemeinsam unsere Sorge über die +fehlende Beteiligung und Vertretung der Zivilgesellschaft sowohl beim +diesjährigen e-G8-Forum als auch beim G8-Gipfel selbst äußern. Entgegen +heutiger Gepflogenheiten in der Politikgestaltung standen hauptsächlich +Regierungs- und Wirtschaftsvertreter auf den Einladungslisten, die +ohnehin schon einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf die +Netzregulierung haben.\ +\ +Insbesondere sind wir zutiefst darüber besorgt, dass wirtschaftliche +Interessen die Diskussionen sowohl beim e-G8-Forum, als auch beim +G8-Gipfel bestimmen werden. Fragen wie die einer strengen Durchsetzung +geistiger Eigentumsrechte und verschärfte Providerhaftung drohen so +Vorrang vor bürgernahen Richtlinien wie Netzneutralität, freier Software +und dem Kampf gegen Zensur zu erhalten.\ +\ +Da Firmen 100.000\$ für einen Sitz am Tisch der e-G8 bezahlen, sind nur +wenige Bürgerrechtsbewegungen vertreten, um für die Rechte der Nutzer +aus aller Welt zu einzustehen. Wir befinden uns an einem kritischen +Punkt in der Geschichte des Internets und dem Kampf für Menschenrechte. +Wir rufen Sie – als gewählte Vertreter der mächtigsten Länder der Welt – +auf, jetzt zu handeln, um die Prinzipien digitaler Bürgerrechte und +eines freien Netzes aufrechtzuerhalten und zu verteidigen - nicht nur +für Ihre Bürger, sondern für die gesamte Menschheit. + +[Englische Originalfassung: Civil Society Statement to the +e-G8](https://www.accessnow.org/page/-/docs/Civil%20Society%20Statement%20to%20the%20eG8-Final.pdf) + +[Petition an die G8 +unterzeichnen](https://www.accessnow.org/page/s/G8-Protect-the-Net) -- cgit v1.2.3