From b7b168beebb270edbd9cb6829a6d4f445e27c5d5 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> Date: Tue, 7 Dec 2010 15:05:43 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2010/informationsfreiheit-im-netz.md | 99 ++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 99 insertions(+) create mode 100644 updates/2010/informationsfreiheit-im-netz.md (limited to 'updates') diff --git a/updates/2010/informationsfreiheit-im-netz.md b/updates/2010/informationsfreiheit-im-netz.md new file mode 100644 index 00000000..5739b64c --- /dev/null +++ b/updates/2010/informationsfreiheit-im-netz.md @@ -0,0 +1,99 @@ +title: Chaos Computer Club fordert Informationsfreiheit im Netz +date: 2010-12-07 14:46:00 +updated: 2010-12-07 15:05:43 +author: 46halbe +tags: update, pressemitteilung + +Die weltweit heftigen Reaktionen staatlicher und privatwirtschaftlicher Stellen auf Aktivitäten der Plattform Wikileaks zur Förderung einer maschinenlesbaren Regierung sind für den Chaos Computer Club (CCC) Anlaß zur Sorge um die Informationsfreiheit im Internet. Die Publikationen von Wikileaks entsprechen dem Grundsatz der Hackerethik nach freier Verfügbarkeit von staatlichen Informationen als Basis einer demokratischen Gesellschaft. + + + +Anders als Menschen haben staatliche Stellen gerade keine Privatsphäre, +die es zu schützen gilt, sondern lediglich Geheimnisse. Grundsätzlich +betrachtet der CCC einen Anspruch des Bürgers auf die ihn betreffenden +Informationen und die Transparenz der in seinem Namen erfolgenden +staatlichen Aktivitäten als begründet. Die Doppelzüngigkeit der +Regierenden wird nicht nur in den veröffentlichten Depeschen deutlich, +sondern auch in ihrer Haltung zur Informationsfreiheit. +[\[1\]](http://www.state.gov/secretary/rm/2010/01/135519.htm) + +"Die westlichen Regierungen treten für die Informationsfreiheit immer +nur dann ein, wie es andere Länder betrifft. Sobald es jedoch um mehr +als nur Lippenbekenntnisse geht, sobald Daten publiziert werden, die +ihre eigenen Heimlichkeiten und Hinterzimmerdeals betreffen, handeln sie +offenbar genauso undemokratisch, wie die Staaten, die sie sonst +öffentlich lauthals verurteilen", sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn. + +Der CCC verurteilt daher auf schärfste jegliche Eingriffe in die +weltweite Informationsinfrastruktur zum Zwecke der Zensur und +politischen Unterdrückung von Informationen. \[2\] Regierungen, etwa in +den USA und in Frankreich, haben ihre Exekutive angewiesen, "irgendeinen +Weg" zu finden, die Verbreitung der ungeliebten Inhalte im und vom +eigenen Land aus zu verhindern. Offenbar nach politischem Druck haben +US-amerikanische Dienstleister wie Amazon ihre technische Unterstützung +für Wikileaks eingestellt. + +Demgegenüber ist es sehr zu begrüßen, das einige deutsche +Internet-Provider ihren Kunden keine Steine in den Weg legen, wenn sie +einen Kopie der Wikileaks-Daten bereitstellen wollen. Denn +Internet-Provider sollen und dürfen, genau wie die Post, Angebot und +Transport beliebiger Inhalte nicht verhindern. Der CCC ruft dazu auf, +diese Freiheit zu nutzen und fordert gleichzeitig die deutschen und +europäischen Internet-Anbieter auf, sich nicht von ungesetzlichen +Drohungen einschüchtern zu lassen. + +Auch die unrechtmäßige Beschränkung von Zahlungswegen wie Paypal, Visa +oder Mastercard, die für den Betrieb von freien Informationsdiensten +nötig sind, ist nicht hinnehmbar. Sie sind ein deutlicher Hinweis +darauf, daß die US-amerikanische Monopolstellung für +Online-Zahlungsmethoden als offensives Mittel der Zensur eingesetzt +wird. + +"Der Kampf um Wikileaks ist eine wichtige Auseinandersetzung um die +Zukunft der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz. Wir rufen daher +dazu auf, Wikileaks alle technische Unterstützung zukommen zu lassen, um +diese Schlacht zu gewinnen. Wir müssen den Regierungen verdeutlichen, +daß sie mit undemokratischen Methoden der Informationsunterdrückung +nicht durchkommen werden", faßte CCC-Sprecher Müller-Maguhn zusammen. + +Die Verbreitung der von Wikileaks veröffentlichten Dokumente stellt nach +Auffassung des CCC einen legitimen Akt der öffentlichen Meinungsbildung +dar und ist eine Wahrnehmung des Grundrechts auf Publikationsfreiheit. +Besorgnisserregend ist daher, daß die US-Regierung allen staatlichen +Behörden und deren Mitarbeitern und sogar in der Congress-Bibliothek den +Zugriff auf die Depeschen verwehrt. + +Ähnlich wie in Deutschland hat die Redefreiheit in den USA +Verfassungsrang und steht dort sogar an erster Stelle. In Deutschland +garantiert der Artikel 5 des Grundgesetzes, daß jeder das Recht hat, +seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten +und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. + +  + +**Links und weiterführende Quellen:** + +\[1\] Hillary Clinton on [Internet +Freedom](http://www.state.gov/secretary/rm/2010/01/135519.htm), the +first amendment and open internet when it was about other countries: + +"On their own, new technologies do not take sides in the struggle for +freedom and progress. But the United States does. We stand for a single +internet where all of humanity has equal access to knowledge and ideas. +And we recognise that the world's information infrastructure will become +what we and others make of it. + +This challenge may be new, but our responsibility to help ensure the +free exchange of ideas goes back to the birth of our republic. The words +of the first amendment to the constitution \[guaranteeing freedom of +speech\] are carved in 50 tons of Tennessee marble on the front of this +building. And every generation of Americans has worked to protect the +values etched in that stone." + +\[2\] **Artikel 5 Grundgesetz** (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung +in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus +allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die +Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und +Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. + +\[3\] [Mass-Mirroring Wikileaks](http://46.59.1.2/mass-mirror.html) -- cgit v1.2.3