summaryrefslogtreecommitdiff
path: root/updates/2006/bagatellklauselweg.md
diff options
context:
space:
mode:
authoradmin <admin@cccms.de>2009-04-18 19:12:38 +0000
committeradmin <admin@cccms.de>2020-05-23 13:38:22 +0000
commitd61664795190268d7805802bc337708cb4ad1de4 (patch)
treeef33dc05049f892d7fd05e5a4c275098086afa39 /updates/2006/bagatellklauselweg.md
parent78a4d21ec3b5e1e067f2f606100347c68c634b73 (diff)
committing page revision 1
Diffstat (limited to 'updates/2006/bagatellklauselweg.md')
-rw-r--r--updates/2006/bagatellklauselweg.md57
1 files changed, 57 insertions, 0 deletions
diff --git a/updates/2006/bagatellklauselweg.md b/updates/2006/bagatellklauselweg.md
new file mode 100644
index 00000000..4056c2db
--- /dev/null
+++ b/updates/2006/bagatellklauselweg.md
@@ -0,0 +1,57 @@
1title: CCC: Kabinett verspielt beim Entwurf zum Urheberrecht die Weichenstellung für die Zukunft und kriminalisiert die Schulhöfe
2date: 2006-03-22 00:00:00
3updated: 2009-04-18 19:12:38
4author: admin
5tags: update
6
7
8Zum heutigen Kabinettsentwurf des sogenannten "zweiten Korbs" der Urheberrechtsnovelle drückt der Chaos Computer Club e.V. (CCC) seine tiefe Enttäuschung über das kurzsichtige Handeln der Bundesregierung und ihre weitgehende Ignoranz gegenüber Verbraucherinteressen aus. Nach Ansicht des CCC führt insbesondere die Streichung der Bagatellklausel aus dem Entwurf zu einer Kriminalisierung breiter Bevölkerungsschichten. Den Buchstaben des Entwurfes folgend müsste es nach Inkrafttreten des Gesetzes zu einer Verhaftungswelle auf den Schulhöfen kommen.
9
10
11<!-- TEASER_END -->
12
13Mit dem Kabinettsentwurf wird deutlich, dass die Lobbymacht der
14Rechteverwerter am Ende stark genug war, um Jusitizministerin Brigitte
15Zypries (SPD) einknicken zu lassen. Die von ihr selbst als Kompromiss in
16die Debatte eingebrachte Bagatellklausel für das geringfügige Anbieten
17und Herunterladen von Medien in Dateitauschdiensten fehlt nun
18vollständig. Weitere Verbraucherrechte werden in dem Entwurf ebenfalls
19nicht beachtet, das Papier liest sich streckenweise wie eine Wunschliste
20der Unterhaltungsindustrie. Weiterhin bleibt das Lippenbekenntnis zur
21Privatkopie bestehen, die Verbraucherrechte laufen allerdings sofort ins
22Leere, wenn die Industrie ihre Produkte mit Digitalem Rechtemanagement
23(DRM) ausstattet und das Anfertigen von Kopien somit zur strafbaren
24"Umgehung von Kopierschutzmechanismen" macht.
25
26Auf weitere Probleme mit DRM für die Verbraucher geht der Entwurf
27ebenfalls nicht ein. Nach Ansicht des CCC fehlt das klare Bekenntnis zu
28Interoperabilität und Datenschutz. So schreibt der Entwurf -- anders als
29im Nachbarland Frankreich kürzlich beschlossen -- nicht vor, dass beim
30Einsatz von DRM Hersteller auch Schnittstellen bereitstellen müssen, um
31DRM-behaftete Medien zu sichern. Der Verbraucher muss in Kauf nehmen,
32dass er seine digitale Musiksammlung mit DRM verliert, wenn sein
33Abspielgerät kaputt geht. Auch dem Streben der Industrie, DRM zum
34Ausspähen von Kunden einzusetzen, muss ein Riegel vorgeschoben werden.
35Informationen aus DRM dürfen nicht benutzt werden, die Art und Weise
36sowie die Intensität des privaten Werkgenusses aufzuzeichnen oder an
37eine zentrale Stelle zu übermitteln. Dabei handelt es sich nicht um
38Gedankenspiele. Ende 2005 brachte die Firma Sony mehrere DRM-behaftete
39CDs auf den Markt, die auf den Computern von nichtsahnenden Verbrauchern
40virenähnliche Schadprogramme einnisteten. Eine generelle
41Kennzeichnungspflicht für mit DRM versehene Medien ist dringend geboten.
42In Form und Gestaltung sollte sich diese an den Warnhinweisen auf
43Zigarettenpackungen orientieren.
44
45Der Chaos Computer Club fordert die verantwortlichen Politiker in den
46Ausschüssen und in Bundestag und Bundesrat auf, dem vorliegenden
47Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen. Die Folgen für die Zukunft der
48digitalen Gesellschaft wären fatal. Verbraucherrechte wie Datenschutz
49und das Recht auf Privatkopie dürfen nicht hinter Industrieinteressen
50zurückstehen. Ein in sich widersprüchlicher Gesetzentwurf, der
51einerseits ein bisschen Privatkopie erlaubt, andererseits jede
52"Umgehung" kriminalisiert und den Rechteverwertern einen Blankoscheck in
53Sachen DRM ausstellt, ist nicht hinnehmbar. Anstatt den Startschuss zu
54geben zu einer zu erwartenden Überlastung der Gerichte durch die
55massenhafte Verfolgung meist jugendlicher Filesharer, muss die Politik
56in erster Linie den Verbraucher vor einer immer hemmungsloser werdenden
57Rechteverwerterlobby schützen.