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title: Gemeinsame Erklärung: Datenspeicherung ist inakzeptabel
date: 2006-02-06 00:00:00 
updated: 2010-03-08 00:03:47 
author: frankro
tags: update, vorratsdatenspeicherung

In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich Datenschützer, Verbraucherschützer und Journalisten gegen die von der Bundesregierung befürwortete "Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten" aus.
	

<!-- TEASER_END -->

Die systematische Aufzeichnung und Aufbewahrung von Informationen über
die Kommunikation, Bewegungen und Mediennutzung der gesamten Bevölkerung
("Vorratsdatenspeicherung") ohne Einwilligung der Betroffenen ist
inakzeptabel. Sie bewirkt keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität,
kostet Millionen von Euro, gefährdet die Privatsphäre und die Sicherheit
Unschuldiger, beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation und ebnet den
Weg in eine immer weiter reichende Massenüberwachung der Bevölkerung.

Wir fordern, Vorratsspeicherungspflichten von den deutschen und
europäischen Gerichten auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten hin
überprüfen zu lassen.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags fordern wir auf, an ihrer
Ablehnung einer verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung festzuhalten und
stattdessen weniger eingreifende Alternativen zu prüfen (z. B. das
"Quick-freeze"-Verfahren).

Für den Fall, daß der Deutsche Bundestag eine EG-Richtlinie zur
Vorratsdatenspeicherung trotz allem umsetzen sollte, fordern wir:

 

-   Die maximale Umsetzungsfrist bis Mitte 2007 – für Internetdaten bis
    Anfang 2009 – ist auszuschöpfen.
-   Bürger dürfen nicht verpflichtet werden, sich vor der Nutzung von
    Telefon, Mobiltelefon oder Internet zu identifizieren. Bestehende
    Identifizierungspflichten sind aufzuheben.
-   Eine Vorratsspeicherung wird nur für die in der Richtlinie genannten
    Datentypen und nur für die Dauer von sechs Monaten eingeführt;
    danach sind die Daten unverzüglich zu löschen. Zu speichern sind nur
    Daten, die bei dem jeweiligen Anbieter zur Bereitstellung von
    Kommunikationsdiensten ohnehin erzeugt oder verarbeitet werden.
-   Der Staat hat die zur Datenspeicherung und -vorhaltung
    verpflichteten Anbieter für die daraus resultierenden Zusatzkosten
    (Investitionskosten, Vorhaltekosten, Personalkosten) voll zu
    entschädigen.
-   Der staatliche Zugriff auf Informationen über die Kommunikation und
    die Kommunizierenden ("Verkehrsdaten", "Bestandsdaten") hat den
    gleichen Voraussetzungen zu unterliegen wie der Zugriff auf die
    Inhalte der Kommunikation.
-   Der Zugriff auf Kommunikationsdaten ist nur zur Verhinderung oder
    Verfolgung schwerer Straftaten zuzulassen, wenn im Einzelfall der
    konkrete Verdacht einer solchen Tat besteht. Der Zugriff zwecks
    Strafverfolgung sollte beschränkt sein auf Fälle organisierter
    Kriminalität, in denen eine höhere Strafe als vier Jahre
    Freiheitsstrafe zu erwarten ist.
-   Eine Nutzung von Kommunikationsdaten zu anderen Zwecken,
    beispielsweise durch Nachrichtendienste, durch sonstige Behörden
    oder durch private Dritte, ist auszuschließen. Den speichernden
    Diensteanbietern selbst ist die Nutzung der Daten nur insoweit zu
    gestatten, wie es zur Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung
    erforderlich ist.
-   Der Zugriff auf und die Verwertung von Informationen über die
    Kommunikation von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, anderen
    Berufsgeheimnisträgern sowie Journalisten sind nur in besonderen
    Ausnahmefällen zuzulassen.
-   Zur Datenspeicherung und -vorhaltung sind nur Anbieter öffentlich
    zugänglicher Kommunikationsdienste und Betreiber öffentlicher
    Kommunikationsnetze zu verpflichten. Kleine Anbieter, insbesondere
    im Internetbereich, sind auszunehmen.
-   Die positiven und negativen Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung
    auf die Gesellschaft sind von einer unabhängigen Stelle zu
    untersuchen. Die Ergebnisse sind zu veröffentlichen. Der
    Bundesdatenschutzbeauftragte hat dem Deutschen Bundestag alle zwei
    Jahre Bericht über die Erfahrungen mit der praktischen Anwendung der
    Vorratsdatenspeicherung zu erstatten. Die Berichte sind zu
    veröffentlichen.

 

### Unterzeichner

Chaos Computer Club – Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) –
Deutscher Journalisten-Verband e. V. (DJV) – Forum InformatikerInnen für
Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V. (FIfF) – Grüne Jugend
Bundesverband – Netzwerk Neue Medien e. V. (NNM) – no abuse in internet
e. V. (naiin) – STOP1984 – Verein zur Förderung des öffentlichen
bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V. (FoeBuD) –
Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv)