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title: Deutschland unsicher im Netz - Reloaded
date: 2006-12-30 00:00:00 
updated: 2009-09-08 18:35:38 
author: 46halbe
tags: update

Deutschland auch 2006 weiterhin unsicher im Netz
	

<!-- TEASER_END -->

Vor wenigen Tagen gab es ein Lebenszeichen der Aktion "Deutschland
sicher im Netz". Offensichtlich sollte der Zeitpunkt kurz vor Jahresende
dafür sorgen, daß sich beim CCC niemand mehr ernsthaft mit dem Thema
beschäftigen kann, weil alle mit den Congressvorbereitungen bzw. der
Congressteilnahme ausgelastet sind. Tja, Pech gehabt.

Nachdem der Chaos Computer Club schon im Jahre 2005 massive Kritik an
der Aktion geäußert hatte, gab es die Hoffnung, daß die Verantwortlichen
sowohl das Konzept als auch die kompletten Inhalte grundlegend
überarbeiten würden. Interessante Hintergrundinformationen und einen
Realitätsabgleich lieferte dazu vor einigen Tagen Heise Security mit dem
Bericht [PR statt
Sicherheit](http://www.heise.de/security/artikel/82780).

Da die Beteiligten und deren Hintergründe schon hinreichend beleuchtet
wurden, wollen wir uns an dieser Stelle mit den Inhalten beschäftigen:
Sicherheitschecklisten für Privatpersonen, Lehrer/Pädagogen,
Unternehmen, Eltern und eine Kurz-Zusammenfassung (Fast-Fact). Neben den
vorhanden PDF-Dateien gibt es jede Menge gehaltloser Klicki-Bunti-Videos
zum runterladen – auf die man getrost verzichten kann.

Insgesamt haben die PDF-Dateien einen Umfang von 65 Seiten. Streicht man
die Marketingsprüche, Mehrfachnennungen und jede Menge Buntes raus, dann
hat man am Ende etwa 4-5 Seiten Inhalt, den es zu beurteilen gilt. Dabei
fällt auf, daß die vorliegenden Dokumente unabhängig vom Thema stets die
gleiche Länge von etwa 15 Seiten aufweisen, was wohl Zufall sein muß.
Darin werden vor allem moderne Legenden in Punkto Sicherheit wiederholt
und Versprechen der Hard- und Softwarehersteller als Tatsachen
dargestellt – die allerdings dadurch weder besser noch wahr werden.

So werden ebenso pauschal wie oberflächlich Personal Firewalls, die
Zensur von Inhalten für Kinder und Jugendliche und das Lesen von
Fachzeitschriften zum Thema Computer-Sicherheit plakativ als ernsthafte
Sicherheitsmaßnahmen angepriesen. Wir möchten an dieser Stelle auf die
[CCC-FAQ zum Thema Sicherheit](/de/faq/security#internet) hinweisen.

Extrem erstaunlich fanden wir die Empfehlungen für Firmen.
Offensichtlich ist hier die Zielgruppe eindeutig: nämlich Firmen mit
eigenem IT-Budget und IT-Angestellten. Das dann aber ausgerechnet für
diese Unternehmen nur absolute Basics angeboten werden und im
Wesentlichen auf das Verkaufen von Software gesetzt wird, paßt leider in
das fragwürdige Konzept.

An dieser Stelle kristallisiert sich unserer Meinung nach heraus, daß es
in Wirklichkeit bei der ganzen Aktion nur darum geht, an Firmen Software
und Dienstleistungen zu verkaufen, die dafür auch ein genügend großes
Budget haben. Sollten die IT-Verantwortlichen dieser Unternehmen jedoch
ernsthaft neue Erkenntnisse aus den Dokumenten gewinnen, dann möchten
wir Ihnen einen Berufswechsel nahelegen.

Der Begriff des Hackers wird in allen Dokumenten zu einem plakativen
Schlagwort degradiert, um in der Welt des Schwarz-/Weißdenkens nur
zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Die Lebenseinstellung eines
Hacker bleibt unberücksichtigt, ebenso mangelt es an jeglicher
Kompetenz, zwischen Hackern, Crackern und Script-Kiddies und ihren
Untergruppen zu unterscheiden.

Die Dokumente erscheinen als Resultat von Marketingabteilungen von
Unternehmen, die durch die Pflege moderner Legenden ihre Produkte gegen
die Realität verteidigen wollen. Daher erachten wir es als reine
Zeitverschwendung, auf weitere Details der Dokumente einzugehen.

Daß der Bundesinnenminister diese Aktion ernsthaft unterstützt und das
Wirtschaftsministerium die Schirmherrschaft über die Aktion hat, deutet
darauf hin, daß die beteiligten Firmen, deren Marketingabteilungen und
die entsprechenden Lobbygruppen die Politik und die Politiker fest im
Griff haben.