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title: Erklärung der Zivilgesellschaft an e-G8 und G8
date: 2011-05-20 18:35:00
updated: 2011-05-22 14:26:06
author: atoth
tags: update, pressemitteilung, g8internet
Beim 37. G8-Gipfel in der kommenden Woche hat die französische G8-Präsidentschaft die Kontrolle des Internets auf die Tagesordnung gesetzt und zu diesem Zweck eigens zum "e-G8-Forum" eingeladen. Da Regierungs- und Wirtschaftsvertreter bei den G8 überrepräsentiert sind, hat der Chaos Computer Club vergangene Woche zusammen mit La Quadrature du Net und anderen Aktiven zu kreativem Protest aufgerufen. In einer Initiative von AccessNow wenden sich Bürgerrechtsorganisationen weltweit nun direkt mit einem offenen Brief an die G8, der vom CCC, netzpolitik.org und dem Verein Digitale Gesellschaft auch ins Deutsche übersetzt wurde.
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## Die Erklärung der Zivilgesellschaft an e-G8 und G8 im Wortlaut:
\
Die Unterzeichner dieser Erklärung sind Vertreter der Zivilgesellschaft
aus der ganzen Welt, die Freiheiten im Internet, digitale Bürgerrechte
und freie Kommunikation fördern wollen.\
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Unmittelbar vor dem diesjährigen G8-Gipfel in Deauvilleein richtet die
französische G8-Präsidentschaft das sogenannte "e-G8 Forum" aus, das
G8-Internet-Treffen. Hier will Frankreich die Agenda des G8-Gipfels
hinsichtlich zentraler Internet-Regulierungsfragen formen. Dieses
Treffen ist deshalb so wichtig, weil die Rolle des Internets in
Gesellschaft und Wirtschaft erstmalig ausdrücklich auf der G8-Agenda
steht.\
\
Aufgrund der Beteiligung wesentlicher Akteure der Weltpolitik haben Ihre
Richtlinien als G8 einen großen Einfluß auf die globale
Internet-Regulierung. Bedauerlicherweise unterwandern und bedrohen
einige der derzeit in den Industriestaaten geschaffenen gesetzlichen
Rahmenbedingungen das offene und neutrale Internet – und damit genau
jene Eigenschaften, die den Wesenskern des demokratischen und
wirtschaftlichen Potentials des Internets ausmachen.\
\
Unserer Meinung nach sollten die G8-Mitglieder das "e-G8 Forum" als
Gelegenheit nutzen, sich öffentlich zu den Zielen zu bekennen, allen
Menschen Internetzugang zu ermöglichen, digitale Zensur und Überwachung
zu bekämpfen, die Haftung von Vermittlungsinstanzen zu begrenzen und die
Prinzipien der Netzneutralität zu wahren.\
\
### Freier Internetzugang für alle
\
Wir sind insbesondere besorgt über die zunehmende Anzahl an Ländern, die
ihren Bürgern den Zugang zum Internet und mobilen Netzen in Krisenzeiten
verwehren, wie es in Ägypten, Libyen, Iran, China, Nepal und Burma
geschehen ist. In vielen, wenn nicht allen dieser Länder sehen wir, wie
wichtig der Zugang zum Internet als Tor zur Fülle der Bürgerrechte,
politischen Möglichkeiten und Menschenrechte anderer ist. Viele
G8-Länder setzen derzeit aktiv Regulierungen um, die in ähnlicher Weise
darauf abzielen, Netzzugang zu kontrollieren und einzuschränken. Diese
Richtlinien legitimieren die Eingriffe repressiver Regime und bedrohen
den wirtschaftlichen Kern des Internets. Da viele Länder nun beginnen,
die Infrastruktur für den Zugang zum Netz zu verbessern, ist diese
Zunahme an restriktiver Regulation, die wir sowohl in den entwickelten
als auch den sich entwickelnden Ländern beobachten, eine
rückwärtsgewandte und zutiefst beunruhigende Entwicklung.\
\
### Freiheit von Zensur und Überwachung
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Gleichzeitig nutzen repressive Regime die Macht des Internets für ihre
eigenen Interessen, häufig mit Hilfe weltweit agierender Konzerne, die
in den G8-Ländern beheimatet sind. Wir möchten darauf drängen, den
Verkauf derartiger Technologien sowohl im In- als auch im Ausland zu
stoppen und diesen groben Eingriffen in Privatsphäre und Sicherheit ein
Ende zu bereiten.\
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### Providerhaftung und "Geistiges Eigentum"
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Vornehmlich die Unterhaltungsindustrie, aber auch andere Sektoren
arbeiten mit zunehmendem Druck daran, die Haftung von
Online-Dienstleistern für die Handlungen ihrer Nutzer zu erhöhen (z. B.
HADOPI und ACTA). Um die Meinungsfreiheit zu erhalten, muß diesem Druck
Widerstand geleistet werden. Deshalb schlagen wir vor, dem Beispiel der
brasilianischen Regierung und ihren Prinzipien für die Regulierung und
Nutzung des Internets zu folgen, insbesondere Absatz 7, der festlegt:\
"Jede Maßnahme gegen illegale Handlungen im Netz muß sich gegen jene
richten, die unmittelbar dafür verantwortlich sind – und darf nicht die
Infrastruktur/Kommunikationsmittel betreffen, so daß immer die
grundlegenden Prinzipien von Freiheit, Privatsphäre und dem Respekt vor
Menschenrechten gewahrt werden."
### Netzneutralität
Wir rufen Sie außerdem auf, sich dem Schutz der Netzneutralität zu
verpflichten – dem Prinzip, daß aller Datentransfer im Netz
gleichberechtigt behandelt wird, unabhängig von seinem Ziel, Ursprung
oder Inhalt.\
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Dies sind einige der zentralen Fragen der Internetregulierung, die wir
der Aufmerksamkeit der G8 für würdig und bedürftig halten. Wir wollen
Ihre Aufmerksamkeit weiterhin auf zwei umfassende Erklärungen lenken,
die Nationalstaaten in Fragen der Netzregulation als Richtwert dienen
sollten:
- [Die zehn Rechte und Prinzipien des
Internets](http://internetrightsandprinciples.org/node/408 "Die zehn Rechte und Prinzipien des Internets"),
entwickelt von der [Internet Rights and Principles
Coalition](http://internetrightsandprinciples.org "Internet Rights and Principles Coalition")
- Assembly Declaration of the right of Communication, verfaßt beim
[Weltsozialforum 2011](http://weltsozialforum.org/)
Weiterhin möchten wir unserer Besorgnis über die Organisation des "e-G8
Forums" Ausdruck verleihen. Wir stimmen mit dem Internet Governance
Caucus darin überein und möchten gemeinsam unsere Sorge über die
fehlende Beteiligung und Vertretung der Zivilgesellschaft sowohl beim
diesjährigen "e-G8 Forum" als auch beim G8-Gipfel selbst äußern.
Entgegen heutiger Gepflogenheiten in der Politikgestaltung standen
hauptsächlich Regierungs- und Wirtschaftsvertreter auf den
Einladungslisten, die ohnehin schon einen unverhältnismäßig großen
Einfluß auf die Netzregulierung haben.\
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Insbesondere sind wir zutiefst darüber besorgt, daß wirtschaftliche
Interessen die Diskussionen sowohl beim "e-G8 Forum" als auch beim
G8-Gipfel bestimmen werden. Fragen wie die einer strengen Durchsetzung
geistiger Eigentumsrechte und verschärfte Providerhaftung drohen so
Vorrang vor bürgernahen Richtlinien wie Netzneutralität, freier Software
und dem Kampf gegen Zensur zu erhalten.\
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Da Firmen 100.000 Dollar für einen Sitz am Tisch der e-G8 bezahlen, sind
nur wenige Bürgerrechtsbewegungen vertreten, um für die Rechte der
Nutzer aus aller Welt zu einzustehen. Wir befinden uns an einem
kritischen Punkt in der Geschichte des Internets und dem Kampf für
Menschenrechte. Wir rufen Sie – als gewählte Vertreter der mächtigsten
Länder der Welt – auf, jetzt zu handeln, um die Prinzipien digitaler
Bürgerrechte und eines freien Netzes aufrechtzuerhalten und zu
verteidigen – nicht nur für Ihre Bürger, sondern für die gesamte
Menschheit.
[Englische Originalfassung: Civil Society Statement to the
e-G8](https://www.accessnow.org/page/-/docs/Civil%20Society%20Statement%20to%20the%20eG8-Final.pdf)
[Petition an die G8
unterzeichnen](https://www.accessnow.org/page/s/G8-Protect-the-Net)
[G8 vs Internet – Call for creative action](http://g8internet.com/)
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