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title: Warnung vor dem Einschleppen von Netzsperren durch neuen Glücksspielstaatsvertrag
date: 2011-04-10 23:30:00
updated: 2011-04-11 08:54:09
author: office
tags: update, pressemitteilung
Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) und der Chaos Computer Club (CCC) warnen vor dem neuen Glücksspielstaatsvertrag, der zur Zeit abseits der Öffentlichkeit verhandelt wird.
<!-- TEASER_END -->
Der dem CCC [zugespielte Entwurf](http://erdgeist.org/gluestv-9.pdf) des
Staatsvertrages macht deutlich, daß die Ministerpräsidenten der
Bundesländer erneut über die Einführung von Internetsperren nachdenken.
Der Arbeitskreis fordert die Ministerpräsidenten der Länder auf,
umgehend den Stand der Verhandlungen offenzulegen und die
Zivilgesellschaft zu beteiligen.
„Wir erleben hier einen weiteren Versuch, eine Zensurinfrastruktur in
Deutschland aufzubauen. Diesmal kommt er unter dem Deckmäntelchen der
Prävention von Glücksspielsucht, wahrscheinlicher ist jedoch die Furcht
vor Steuereinnahmeverlusten durch ausländische Glücksspielseiten“,
erklärt Benjamin Stöcker, Mitglied im AK Zensur. „Damit wird dem freien
Zugang zu Informationen im Netz der Kampf angesagt. Dabei dachten wir,
die Politik hätte aus den Debakeln beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag
und dem Zugangserschwerungsgesetz gelernt.“
Welche Sperrtechnik zum Einsatz kommen soll, ist dem Entwurf nicht
eindeutig zu entnehmen. Es besteht aber Grund zur Befürchtung, daß die
Eingriffe diesmal noch über die geplanten Stopschilder des
Zugangserschwerungsgesetzes hinausgehen sollen. Denkbar ist, daß die
Zugangsprovider zu Sperren auf IP-Adress-Ebene oder gar einer
sogenannten Deep Packet Inspection – und damit der Überwachung des
gesamten Netzverkehrs – genötigt werden sollen. Dies wären Techniken,
wie sie sonst nur in China und anderen totalitären Regimes zum Einsatz
kommen.
„Auch nach den monatelangen Debatten über Netzsperren und dem
politischen Scheitern dieser technisch kontraproduktiven und die
Demokratie gefährdenden Maßnahmen hat offenbar noch immer kein Umdenken
in den Staatskanzleien der Länder eingesetzt. Stattdessen wird eine
erstaunliche Lernresistenz an den Tag gelegt und dem längst verwesenden
Pferdekadaver namens 'Netzsperren' ein neues Sättelchen angelegt“, sagte
CCC-Sprecher Dirk Engling.
Der AK Zensur fordert die Ministerpräsidenten der Länder auf, umgehend
den aktuellen Verhandlungsstand des Staatsvertrages zu veröffentlichen
und klarzustellen, mit welchen technischen Maßnahmen die Sperrforderung
im aktuellen Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages durchgesetzt werden
soll. Außerdem soll eine angemessene gesellschaftliche Debatte über
geplante DNS-Manipulationen und eine kritische Beteiligung der
Zivilgesellschaft bei den Verhandlungsrunden statt der Kungelrunden
hinter verschlossenen Türen ermöglicht werden.
Wörtlich steht im Entwurf vom 3. Dezember 2010 im § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5,
die Glücksspielaufsicht könne
> Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes nach vorheriger
> Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die verantwortliche
> Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten
> untersagen. Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des
> Grundgesetzes) wird durch Satz 1 eingeschränkt. Hierdurch sind
> Telekommunikationsvorgänge im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 3 des
> Telekommunikationsgesetzes betroffen.
**Links**:
[Entwurf des
Glücksspielstaatsvertrages](http://erdgeist.org/gluestv-9.pdf)
[Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur](http://ak-zensur.de/)
(AK Zensur)
**Pressekontakt**:
presse\@ak-zensur.de
Alvar Freude, Tel. (0179) 13 46 47 1
Dominik Boecker (0163) 2 86 07 44, boecker\@rechtsanwalt-boecker.de
Pressekontakt CCC: presse\@ccc.de
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