Trendsetter
Wie jeder bedeutende Teenager der etwas auf sich haelt, war ich schon frueh vom Gefuehl geplagt, alle aufkommenden Trends deutlich eher als alle anderen wahrzunehmen. Man findet eine kleine Lokalband, stellt sich als (fast) einziger ins Konzert und ein Jahr spaeter werden sie in der Bravo gefeatured. Am Ende muss man sich noch rechtfertigen, dass man doch eher Mitbegruender des Hypes war und nicht schlicht Mitlaeufer. Daneben gibt es natuerlich immer noch Acts, die klein geblieben sind und man freut sich, wenn man ein Plakat von denen sieht und traegt dann brav weiter seine 3EUR Eintritt zum Konzert, statt 15EUR bei den "shooting stars".
Mir erging es so, dass ich mich dank eines Kumpels, der schon auch fuer damalige Verhaeltnisse kauzig und nerdig war, auf einer der ersten Loveparades herumtrieb. Ich war damals 12 oder 13, meine musikalische Evolution noch nicht so weit vorangeschritten und ich fand furchtbar spannend, was dort passierte, wenn ich auch nicht allzuviel damit anfangen konnte und verzweifelt auf dem MED-Tracker meines Amigas versuchte, "irgendwie Techno" nachzumachen. Der Jugend von heute sagen natuerlich Dr. Motte und Marusha nichts mehr, als jedoch damals daraus Popkultur wurde, war mein elitaeres Bewusstsein zum ersten Mal erschuettert.
Es ging weiter mit einer kurzen, heftigen Rammstein-Phase, die Herzeleid war ein Geheimtip, heutzutage kommen Spielfilme mit komplettem Soundtrack von den Jungs raus! Die neue Amipunk-Welle, alles schon vor seiner Zeit gehoert, "1039 / Smoothed Out Slappy Hours". Letzte Wochen haben die den MTV Europa Music Award bekommen. Funny van Dannen, beim Kuscheln mit der Freundin gehoert, gleich als die "Clubsongs" rauskam. Noch bei Kuttner entdeckt, heute stehen Hosen-Fans auf den Konzerten und die Papis groehlen "Saufen, Saufen, Saufen" am Herrentag. Mit den Special Guests in der "Wabe" foermlich gekuschelt, nun machen sie schnell mal das Kesselhaus voll.
Aber jetzt! Bevor er in den Mainstream rutscht, sozusagen als Beweis, hier mit Datum und spaeter dann in web.archive.org...
An der Stelle muss ich wohl unbedingt den Einschub bringen, die Netz-Welt vergooglet in letzter Zeit so unglaublich: Statt in den Duden zu schauen, wirft nerd Googlefight an, oder laesst sich per "Did you mean:" eine Schreibweise empfehlen, statt in den Brockhaus zu schauen, informiert nerd sich in Wikipedia und statt seines Nachrichtenarchivs bemueht er/sie/es web.archive.org. Diese Beqeumlichkeit birgt seine Gefahren. Waehrend ich bei Duden vs. Googlefight eventuell das Argument durchgehen liesse, dass auch der Duden nur ein Spiegel der Sprache sein soll und ein Grossteil der geschriebenen Sprache inzwischen im Netz indiziert ist (meine Praeferenz waere trotzdem der gedruckte Duden), hat man beim Nachschlagewerk und beim Nachrichtenarchiv ploetzlich das 1984-Problem. Die Informationen bezieht man bequem aus einer oder mehreren Quellen, die nicht unter der eigenen Kontrolle stehen, deren Verfuegbarkeit nicht immer gewaehrleistet ist und welche morgen nicht unbedingt genauso aussehen muessen wie heute.
Andererseits ist auch der heutzutage gerichtszugelassene, notariell beglaubigte Ausdruck einer Webseite nicht das, was den Durchschnittsparanoiker beruhigt, solange er nicht im eigenen Papierstapel steckt... aber ich schweife schon wieder ab.
Also: bevor er in den Mainstream rutscht, wollte ich hier niederlegen, dass mir Filmmusik von Danny Elfmann gewahr ist, dass ich seine Art sehr mag, rasante komplexe orchestrale Stuecke zu duester/gothischen Tim Burton-Filmen (BeetleJuice, Edward mit den Scherenhaenden), zu knallbunten/chaotischen Filmen wie Charly und die Schokoladenfabrik, Man in Black und, nicht zu vergessen, den Simpsons zu schreiben. Wie ich jetzt darauf komme? Ich war gestern Corpse Bride gucken. Ziemlich kurz. Ziemlich kurzweilig. Netter Kinderfilm, coole Optik. Nur keine 8 EUR Wert. Der Score von Danny Elfmann, was mich zumindest beim Verlassen des Kino noch immer froehlich stimmte.
Und natuerlich hat er auch Spuren in meiner Musiksozialisation hinterlassen, noch bevor ich ihn bewusst wahrgenommen hab. Deutlich von ihm beeinflusst ist Catch that goblin von Skaven/Futurecrew oder hier die Version fuer Leser mit weniger fortgeschrittenen Abspielprogrammen. Skaven hat erst neulich noch einen Nachfolger geschrieben, hat auch was, aber ist viel poppiger. Und gibt er auch offen zu, wo er es geklaut hat. Hab ich nach der assembly 1995 auf diversen Compos auf allen moeglichen Demoparties gewinnen hoeren.
Fuer die werte Leserschaft besteht nun die Moeglichkeit, eine "shooting star"-Band gekannt zu haben, bevor sie gross werden. Der Name ist Pumpanickle und sie spielen am 19. 12. 2005 in der Junction Bar in Berlin. Grossartige Musik! ;)
P.S.: Bei der Linkrecherche fuer die Eintraege kommen immer wieder wirklich wirklich abstruse Seiten zusammen, die zwar nicht zum Thema passen, ich trotzdem nicht vorenthalten moechte.