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author46halbe <46halbe@berlin.ccc.de>2009-03-06 16:27:10 +0000
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1title: Chaos Computer Club: HSG Wahlsysteme bestätigt Unzulänglichkeit ihrer Wahlcomputer
2date: 2009-03-06 16:27:10
3updated: 2009-03-06 16:27:10
4author: 46halbe
5tags: update
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7Der deutsche Distributor der Nedap-Wahlcomputer hat die gravierenden systemischen Mängel seiner Wahlcomputer zugegeben. Herbert Schulze Geiping, Geschäftsführer der "HSG Wahlsysteme GmbH", führt in einem Statement aus: "Es wird nie ein Wahlgerät geben können, das für sich allein manipulationssicher ist. Heute ist eine Sicherungsmethode 'state of the Art', morgen ist sie gehackt." Da nun nicht einmal mehr der Hersteller selbst behauptet, daß es manipulationssichere Wahlsysteme geben kann, erneuert der Chaos Computer Club seine Forderung nach einem sofortigen Verbot von Wahlcomputern in Deutschland, um schweren Schaden von unserer Demokratie abzuwenden.
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12Die Firma HSG Wahlsysteme hat offenbar damit gerechnet, daß bald
13herauskommt, wie primitiv und technisch mangelhaft die
14Nedap-Wahlcomputer sind, die von ihr in Deutschland vertrieben werden.
15Schulze Geiping: “Ich habe das in dieser Art und Weise erwartet und bin
16eigentlich nur etwas erstaunt darüber, daß es so lange gedauert hat!”
17Nur gut, daß es der Chaos Computer Club und nicht ein radikaler
18Provinzpolitiker war, der diese Erwartung zuerst erfüllt hat.
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20Die prinzipielle Unmöglichkeit, einen manipulationsfesten Wahlcomputer
21zu bauen, räumt Schulze Geiping selbst ein: “Nun wird man aber an keiner
22Stelle in Prozessen technische Geräte einbauen können, die von sich aus
23gegen rechtswidrige und verbrecherische Handlungen immun sind. Dies zu
24glauben ist naiv.”
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26HSG Wahlsysteme bietet noch ein paar letzte schwache Abwehrargumente:
27“Die Wahlgeräte werden immer in einer 'geschützten Umgebung' gelagert,
28vorbereitet und betrieben.” Damit muß offenbar der Keller des Rathauses
29gemeint sein, in dem, nur geschützt von einem Billig-Schließzylinder aus
30dem Baumarkt, die Nedap-Wahlcomputer zusammen mit den Putzmitteln
31gelagert werden. Der Schutzwert der üblicherweise verwendeten Schlösser
32ist selbst gegenüber einem ungeübten Angreifer marginal, wie
33[hinlänglich bekannt ist](http://www.toool.nl/bumping.pdf).
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35Aber es gibt ja noch das bewährte Konzept der Abschreckung: “Eine
36Manipulation der Geräte, gleich an welcher Stelle im Prozeß, ist
37gesetzeswidrig und wird strafrechtlich verfolgt!” Daß ein
38Wahlmanipulator selbstverständlich nicht entdeckt werden möchte, scheint
39Herrn Schulze Geiping komplett entgangen zu sein. Und das, obwohl er
40doch auf technischer Ebene erkannt hat, daß ein Wahlcomputer die
41Entdeckung von Manipulationen praktisch unmöglich macht.
42“Manipulationsversuche können bei technischen Geräten nie ausgeschlossen
43werden, isoliert betrachtet mögen sie sogar Erfolg haben”, so Schulze
44Geiping.
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46Leider scheinen die Spezialexperten von HSG Wahlsysteme in puncto
47Bedrohungsmodellierung erhebliche Scheuklappen zu tragen. Im Statement
48heißt es: “Ein weiteres Sicherheitskriterium liegt darin, daß alle
49Geräte 'stand-alone-Geräte', also nicht vernetzt sind. Dies schließt ein
50externes 'Einhacken' per se aus.” Die eigentliche Bedrohung wird dabei
51komplett ignoriert: der Innentäter. Ein realistisches Szenario für eine
52Wahlmanipulation ist eine Gruppe skrupelloser Lokalpolitiker, die
53wiedergewählt werden will. Solche Täter haben im Zweifel problemlosen
54Zugang zu den gelagerten Wahlcomputern. Sie brauchen sich nicht "von
55außen" einzuhacken, sie sind bereits drin.
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57Ein Sprecher des Chaos Computer Club faßt zusammen: “Alle Argumente der
58Befürworter von Wahlcomputern lassen sich nunmehr auf ,Aber wir passen
59doch drauf auf' reduzieren. Innentäter werden gar nicht in Betracht
60gezogen. Das Kernproblem der nicht vorhandenen Überprüfbarkeit der Wahl
61für den einfachen Bürger wird weiterhin ignoriert.”
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63Mit der durch die Forschungsresultate des CCC notwendig gewordenen
64Einzelüberprüfung aller Wahlcomputer durch die Physikalisch-Technische
65Bundesanstalt bei der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus wird die so gerne
66angeführte Kostenersparnis für die Gemeinde als allerletztes Argument
67ebenfalls hinfällig. Da nun nicht einmal mehr die Herstellerfirma die
68technische Nichteignung der Wahlcomputer bestreitet, erneuert der Chaos
69Computer Club seine Forderung nach einem sofortigen Verbot von
70Wahlcomputern in Deutschland. Wahlen mit Zettel und Stift funktionieren
71und können von jedem Bürger überprüft werden. Es gibt keinen Grund,
72stattdessen ein nachgewiesenermaßen riskantes, mangelhaftes und teures
73System zu verwenden.
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75[](http://www.wahlsysteme.de/Wahlnachrichten/2006_Niederlaender_hacken_Wahlgeraet01.pdf)