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1title: Generalbundesanwalt verschleppt Ermittlungen wegen NSA-Massenüberwachung
2date: 2015-07-11 18:55:00
3updated: 2015-07-14 07:51:19
4author: 46halbe
5tags: update, pressemitteilung
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7Der Generalbundesanwalt hat sich nach langem Schweigen zur Strafanzeige mehrerer Bürgerrechtsorganisationen gegen die Bundesregierung wegen des massenhaften Ausspionierens der Bevölkerung durch Geheimdienste geäußert. Er zögert die Einleitung eines Ermittlungsverfahren aber weiter hinaus. Wir veröffentlichen das Schreiben. [0]
8
9<!-- TEASER_END -->
10
11Auf erneuten Druck unserer Rechtsanwälte ist das Schreiben des
12Generalbundesanwalts (GBA) Harald Range die Antwort auf die Strafanzeige
13der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR), des Chaos Computer
14Clubs (CCC), des Digitalcourage e. V. und vier Einzelpersonen vom 3.
15Februar 2014. Sie richtet sich gegen die Bundesregierung und beinhaltet
16die Vorwürfe strafbarer geheimdienstlicher Agententätigkeiten sowie
17Beihilfe hierzu, Verletzungen des persönlichen Lebens- und
18Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und
19Kooperation. \[1\]
20
21Fast eineinhalb Jahre nach der Strafanzeige reagierte der
22Generalbundesanwalt nun erstmals inhaltlich und ausführlicher mit einem
23Schreiben, in dem er erläuterte, warum er derzeit kein offizielles
24Ermittlungsverfahren einleiten will, allerdings Hinweise weiter geprüft
25würden. Eine abschließende Entscheidung zur Einleitung eines
26Ermittlungsverfahrens sei noch nicht ergangen.
27
28Er begründete darin seine anhaltende Inaktivität mit dem „Fehlen an
29zureichenden und tatsächlichen Anhaltspunkten“ für Straftaten. Während
30der GBA lang und breit in Bezug auf das Ausspionieren von Merkels
31Mobiltelefon ausführte, daß er keinerlei Ansätze für Ermittlungen sah,
32veröffentlichte Wikileaks bereits weitere Beweise für das umfassende
33Ausspionieren durch die Geheimdienste. \[2\],\[5\] Range sah sich jedoch
34außer Stande, „Zugangsmöglichkeiten zu den von Edward Snowden an
35verschiedene Medien übergebenen ‚Original‘-Dokumenten“ zu erlangen. Die
36in der Strafanzeige und weiteren Schriftsätzen von uns ausführlich
37dokumentierten Belege für die Totalüberwachung der Bevölkerung waren ihm
38nur zwei dürftige Absätze wert.
39
40CCC-Sprecher Falk Garbsch erklärt dazu: „Jeder Zeitungsleser weiß
41offenbar mehr über die Spionage gegen Bevölkerung und Regierung als der
42Generalbundesanwalt. Seine Arbeitsverweigerung ist ein rein politisches
43Versagen. Offensichtliche Fakten und Belege werden ignoriert.“
44
45Die Bürgerrechtsorganisationen fordern daher nochmals nachdrücklich, daß
46der Generalbundesanwalt seinen Pflichten als oberster Ankläger endlich
47nachkommt und unverzüglich Strafermittlungen einleitet, die gebotenen
48Beweise erhebt und insbesondere Edward Snowden als sachverständigen
49Zeugen vernimmt.
50
51Die Präsidentin der ILMR, Fanny-Michaela Reisin, kommentiert die
52Verschleppung der Ermittlungen durch den GBA: „Die Liga kritisiert seit
53Jahren die Unverträglichkeit von Geheimdiensten mit Rechtsstaatlichkeit
54und Demokratie. Dass die Bundeskanzlerin und ihre Regierung mit Bezug
55auf Geheimverträge unverhohlen vor unser aller Augen geltendes
56Verfassungsrecht bricht und auch noch die Gewaltenteilung aussetzt, ist
57genauso unerträglich wie die Blockade der nach den Snowden-Enthüllungen
58zwingend erforderlichen Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft. Das
59erinnert an Regierungshandeln der Weimarer Republik, das totalitären
60Verhältnissen den Weg bereitete.“
61
62**Links**:
63
64- \[0\] Antwort des Generalbundesanwalts auf die Strafanzeige vom 3.
65 Februar 2014:
66 <https://ccc.de/system/uploads/190/original/GBA-redacted.pdf>
67- \[1\] Chaos Computer Club erstattet Strafanzeige gegen die
68 Bundesregierung: <https://ccc.de/de/updates/2014/complaint>
69- \[2\] All The Chancellor’s Men:
70 <https://www.wikileaks.org/nsa-germany/selectors.html>
71- \[3\] Strafanzeige gegen Massenüberwachung der Geheimdienste: Wir
72 lassen nicht locker: <https://ccc.de/de/updates/2015/gba3>
73- \[4\] Neue Dokumente belegen Überwachung: CCC erweitert Strafanzeige
74 gegen Geheimdienste und Bundesregierung:
75 <https://ccc.de/de/updates/2014/tor-gba>
76- \[5\] [German prosecutors launch investigation of spying
77 charges](http://www.reuters.com/article/2015/05/03/us-germany-spying-nsa-idUSKBN0NO0G820150503),
78 Mai 2015
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80 
81
82**Hintergrund**:\
83Am 3. Februar 2014 ist namens der Internationalen Liga für
84Menschenrechte e. V., des Chaos Computer Clubs e. V. und von
85Digitalcourage e. V. sowie mehreren unmittelbar Verletzten Strafanzeige
86gegen US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und
87ihre Vorgesetzten, die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, des
88Bundesamtes für Verfassungsschutz und Militärischen Abschirmdienstes
89sowie gegen den Bundesinnenminister, die Bundeskanzlerin und weitere
90Verantwortliche erhoben worden. Der Strafanzeige haben sich in der
91Folgezeit sechs weitere NGOs und 1.848 Einzelpersonen angeschlossen.
92
93Mit einem weiteren Schreiben an den Generalbundesanwalt vom 4. Juni 2014
94wurde die Strafanzeige erweitert. Grundlage waren Veröffentlichungen
95über Operationen der NSA, die einen vom CCC betriebenen Server des
96Anonymisierungsnetzes Tor gezielt erfaßt und gespeichert hatten.
97
98Nach weiteren zahlreichen Veröffentlichungen und anhaltender Untätigkeit
99des GBA erweiterten die NGOs anläßlich des zweiten Snowden-Jubiläums die
100Strafanzeige erneut.
101
102Für weitere rechtliche Informationen stehen die Rechtsanwälte
103H.-Eberhard Schultz und Claus Förster Tel.: 030/43725026 (außerhalb der
104Bürozeiten unter 0172 4203768) zur Verfügung.