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1title: Bundesverfassungsgericht beendet elektronisches Wahlroulette
2date: 2009-03-03 12:01:53
3updated: 2009-03-05 22:33:18
4author: erdgeist
5tags: pressemitteilung, wahlcomputer
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7Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, daß der Einsatz von Wahlcomputern nicht verfassungsgemäß ist. Vielmehr müssen Wahlen in Deutschland von jedermann ohne Expertenwissen nachvollzogen werden können. Der Verfassungsgrundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, den der Chaos Computer Club zum Kernpunkt seiner Kampagne gegen Wahlcomputer gemacht hatte, wurde vom BVerfG als wesentlich für die Durchführung demokratischer Wahlen definiert. Hingegen ist die Geschwindigkeit der Ergebnisermittlung keine Anforderung an eine Wahl. Damit sind die bisher in Deutschland verwendeten NEDAP-Wahlcomputer nur noch Elektroschrott.
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11In seiner heutigen [Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der
12Bundestagswahl im Jahre
132005](http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/cs20090303_2bvc000307.html)
14haben die Karlsruher Richter klargestellt, dass nachvollziehbare und
15geheime Wahlen zum Kern unseres demokratischen Systems gehören. Dieser
16wird durch den Einsatz von Wahlcomputern ausgehöhlt. Es müsse auch
17"Menschen ohne technische Fachkenntnisse" möglich sein, die Wahl
18komplett nachzuvollziehen. Dazu dürfen Wählerstimmen zu keiner Zeit
19einzig und allein in elektronischen Speichern abgelegt sein.
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21Die bisher praktizierte und vom Bundesinnenministerium und der
22Physikalisch-Technischen Bundesanstalt propagierte Kultur des
23Expertentums, bei der sich die Wähler auf eine vorab festgelegte
24Vertrauenswürdigkeit der Computersysteme verlassen müssen, hat sich
25damit erledigt. Der demokratische Urakt darf nicht der unmittelbaren
26Kontrolle der Wählers entzogen werden.
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28*"Wer jetzt noch mit dem digitalen Zeitgeist oder der angeblich besseren
29Effizienz elektronischer Wahlen argumentiert, hat nicht verstanden, was
30das Wesen von Demokratie ist und sollte nicht weiter mit wesentlichen
31Aspekten des Wahlvorgangs betraut werden"*, sagte Dirk Engling, Sprecher
32des Chaos Computer Club.
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34Zwar hat das BVerfG die Tür für elektronische Wahlen einen Spalt breit
35offengelassen, allerdings nur, wenn der Wähler jederzeit ohne
36Fachkenntnisse die Korrektheit der Stimmabgabe und -auszählung
37überprüfen kann. Diese Anforderungen an Wahlcomputer bedeuten jedoch
38defacto ein Verbot, da die ökonomischen Argumente für den Einsatz von
39Wahlcomputern hinfällig werden, sobald mindestens ein Wähler das
40Nachzählen der Papierstimmen verlangt.
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42Engling kommentierte die vom Bundesverfassungsgericht errichteten
43Hürden, *"Wir sind gespannt, ob zukünftige Hersteller von Wahlcomputern
44in der Lage sind nachzuweisen, dass ihre Systeme den von den Richtern
45bestimmten Grundsätzen entsprechen. Der CCC wird sicher sehr genau
46hinschauen."*
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48Gleichzeitig stärkte das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz der
49geheimen Stimmabgabe, was die Einführung von Online-Wahlsystemen
50erheblich erschwert. Kernprobleme etwa von Internet-Wahlsystemen sind –
51neben der mangelnden Öffentlichkeit – möglicher Stimmenkauf oder die
52Abgabe einer Stimme von jemand anderem als dem Computerbesitzer.
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54Den Kommunen, die trotz umfangreicher öffentlicher Debatten über die
55Wahlcomputer, auf die Werbeversprechen von 20-jähriger Verwendbarkeit
56des Herstellers NEDAP hereingefallen sind, bleibt nun nur noch die
57Schadensbegrenzung. *"Um nicht zum Endlager für Wahlcomputerschrott zu
58werden, empfiehlt der CCC den betrogenen Kommunen, sofort Ansprüche
59gegen die Hersteller der offensichtlich minderwertigen Systeme geltend
60zu machen."*, so Engling weiter, *"Später würden diese höchstens noch
61als unhandliche Schachcomputer zu gebrauchen sein."*
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