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title: Internet-Zensur
date: 2009-03-12 20:00:00 
updated: 2010-09-16 13:09:19 
author: erdgeist
tags: internet, zensur, chinese wall, censorship, buessow, informationsfreiheit, pseudosperren, netzneutralität, netzneutralitaet

Früher galt das weltweite Netz als Heimstatt für freie Meinungsäußerung, ungehinderte Kommunikation und Internationalität. Doch heute sehen wir viele Bestrebungen, diese Freiheiten immer weiter einzuschränken. Rechte der Bürger sollen kommerziellen und staatlichen Interessen geopfert werden. Auch Deutschland ist von diesen Maßnahmen betroffen.

<!-- TEASER_END -->

Die [Reporter ohne
Grenzen](http://www.reporter-ohne-grenzen.de/ "Reporter ohne Grenzen")
(ROG) haben den 12. März zum "Welttag gegen Internetzensur" erklärt.
Zensur im World Wide Web hat eine lange Geschichte. So erwägt die
EU-Kommission die Aufnahme von Internetsperren gegen Kinderpornographie
in den Ratsbeschluß gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Unter dem
Vorwand, moralische Normen, die nationale Sicherheit, Religion oder die
Rechte ethnischer Minderheiten oder gar das "spirituell-kulturelle" und
wissenschaftliche Potential eines Landes zu beschützen, wird in vielen
Ländern Internetzensur betrieben, berichtet ROG. Ihrem
[Bericht](http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/pdf/Internetbericht.pdf "ROG Bericht zur Intenretzensur")
(PDF) zufolge sind zurzeit mindestens siebzig Cyberdissidenten
inhaftiert, davon fünfzig Blogger in China.

Der Chaos Computer Club (CCC) setzt sich intensiv mit diesem Thema
auseinander. Bereits seit 2002 unterstützt der CCC freie
Meinungsäußerung, ungehinderte Kommunikation und Internationalität im
World Wide Web. Mit der Kampagne kämpfen die Mitglieder für die Wahrung
der Menschen- und Grundrechte in einem freien Internet. Konkret wurde
dieser Kampf für die Informationsfreiheit 2008 in China, als tausende
Reporter das Reich der Mitte bereisen, um dort über die "Olympischen
Spiele" zu berichten und bei ihrer Berichterstattung vor einer
elektronischen [Chinesischen
Mauer](http://chinesewall.ccc.de/ "Chinese Wall") standen.

### Geschichte der Netzsperren

Bereits im im Februar 2002 hat die [Bezirksregierung
Düsseldorf](http://www.brd.nrw.de/) mit ihrem [Regierungspräsident
Jürgen Büssow](http://odem.org/akteure/juergen-buessow.de.html) alle
Provider des Landes Nordrhein-Westfalen verpflichtet, zwei
Internet-Seiten aus den USA für deutsche Kunden zu sperren. Dieses war
ein erster Schritt. Inzwischen wird eine Zensur-Infrastruktur geplant,
die es erlauben soll, landesweit Webseiten per Mausklick zu sperren.\
Dies ist nicht der erste Fall von Zensurmaßnahmen im World Wide Web.

### Beispiele

**Sommer 1996:** Die Bundesanwaltschaft fordert von den deutschen
Providern die Sperrung der in den Niederlanden gehosteten Webseite der
Zeitschrift "Radikal". Selbst die Homepage der damaligen
stellvertretenden PDS-Bundesvorsitzenden Angela Marquardt wird gesperrt,
weil sie einen Link zur Radikal-Seite gesetzt hat. Nachdem dutzende von
Mirrorseiten entstanden sind, gibt die Behörde kleinbei.\
**Herbst 2000:** Auf Betreiben der US-Behörden wird dem Österreicher
Hans Bernhard die Domain vote-auction.com entzogen, die dieser in der
Schweiz registriert hatte. Weder in der Schweiz noch in Österreich
verstießen die Inhalte gegen geltendes Recht.\
**Frühjahr 2002:** Auf Betreiben von Scientology kappt das
US-Unternehmen Cignal die Verbindungen des holländischen Providers
Xtended Internet. Ein Kunde des Providers hatte eine Seite ins Netz
gestellt, die sich kritisch mit der Sekte auseinandersetzt.\
**Herbst 2002:** Die Schweizer Untersuchungsrichterin Françoise Dessaux
fordert die Schweizer Provider auf, zwei Webseiten zu sperren, und droht
sogar mit einer Anklage wegen Beihilfe. Es geht um einen simplen Fall
von Ehrverletzung. Während die Provider der Anordnung Folge leisten
müssen, bleibt der Urheber der Seiten vorerst ungeschoren.\
Weitere Beispiele lassen sich auch in der
[Materialsammlung](http://www.david-gegen-goliath.org/Materialsammlung.pdf)
(PDF) der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zur Verteidigung der
Informationsfreiheit in Datennetzen (DAVID) nachlesen.

### Warum Netzsperren schlecht sind []{#sperren}

Die vielzitierten Probleme Nazi-Propaganda und Kinderpornographie lassen
sich nicht durch Sichtblenden im Internet lösen. Die Seiten bleiben nach
wie vor im Netz. Es wird niemand zum Nazischläger, nur weil er sich auf
einer Internetseite verirrt hat. Man kann die Nazis im Netz nicht
ausblenden, wenn sie real durch deutsche Städte marschieren. Für die
Extremisten selbst stellen die Sperren, wie man [in der
Vergangenheit](http://www.burks.de/nazicomp.html) sehen konnte, keine
besondere Behinderung dar.\
*"Auch rechtsradikale Propaganda ist als Information nützlich. Sie
verweist auf gesellschaftliche Probleme, mit denen wir uns
auseinandersetzen müssen"*, sagt CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.\
Das Totschlagargument Kinderpornographie schlägt ebenso fehl.
Kinderpornos sind weltweit illegal. Wo immer solche Bilder auftauchen,
kann die Justiz des Staates direkt eingreifen und die Täter verfolgen.
Sichtblenden sind also unnötig.\
Grundsätzlich können die Netzsperren als unzureichend eingestuft werden.
[Der Zugang wird erschwert, aber nicht vollends
verhindert.](http://md.hudora.de/publications/200306-gi-blocking/200306-gi-blocking.pdf)
Erst recht nicht wird gegen die beanstandete Seite vorgegangen. Die
jetzigen Sperren lassen sich einfach durch die [Änderung des
DNS](/de/censorship/dns-howto) umgehen.\
In den Schubladen einiger Unternehmen liegen bereits Konzepte für eine
komplette Sperrungs-Infrastruktur. Sobald diese etabliert ist, wird es
nicht lange dauern, bis tausende Seiten gesperrt werden, sei es aus
politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Motiven. Die internationale
Konnektivität ist nachhaltig gefährdet!

## Presserückblick

Pressemitteilungen des CCC zum Thema Netzzensur:\
27. März 2001: [CCC würdigt die Internet-Zensursoftware der Firma
Siemens im Rahmen des Chaos Cebit Awards
2001](/updates/2001/CCC20010327.html?language=de)\
21. November 2001: [Eine Zensur findet
statt](/updates/2001/CCC20011121.html?language=de)\
20. März 2002: [Zum Gespräch mit Herrn Büssow über Internet-Zensur in
NRW](/updates/2002/CCC20020320.html?language=de)\
25. März 2002: [Einladung zur Demonstration gegen Netzzensur am 6. April
2002 in Düsseldorf](/updates/2002/CCC20020325.html?language=de)\
6. April 2002: [Computerfreaks gingen für Informationsfreiheit auf die
Straße](/updates/2002/CCC20020406.html?language=de)\
15. Mai 2002: [NRW Zensur-Infrastruktur vor dem
Aus?!](/updates/2002/CCC20020515.html?language=de)\
16. September 2002: [Konferenz zu Informationsfreiheit, Kontrolle von
Inhalten und Zensur im
Internet](/updates/2002/informationsfreiheits-konferenz?language=de)\
25. Juli 2003: [Offener Brief von DAVID zur Verleihung des "Goldenen
Hammer" an Büssow](/censorship/DAVID20030725?language=de) in
Zusammenarbeit mit DAVID
[(PDF)](http://www.david-gegen-goliath.org/hammer/offener-brief.pdf)

Auswahl von Pressemitteilungen anderer Organisationen:\
21. Dezember 2001, odem.org: [Verurteiltung geplanter Einschränkung der
Informationsfreiheit](http://www.odem.org/presse/#ddorf)\
31. Januar 2002, odem.org: [Strafanzeige gegen Regierungspräsident
Düsseldorf](http://www.odem.org/presse/#anzeige)\
26. Februar 2002, odem.org: [Unterschriftenaktion für
Informationsfreiheit
gestartet](http://www.odem.org/informationsfreiheit/presse.html)\
7. März 2002, odem.org: [Büssow gibt Einstellung der Ermittlungen gegen
sich bekannt](http://www.odem.org/presse/#einstellung)\
14. April 2002, FITUG: [Düsseldorfer Sperrverfügungen – mit "guten
Absichten" ins zensierte
Netz?](http://www.fitug.de/news/pes/fitug-020414.de.html)\
21. Januar 2003, FITUG: [Ein Angriff auf unsere Freiheit – Stoppt
Büssow!](http://www.fitug.de/news/pes/21012003_de.html)\
29. Januar 2003, odem.org: [Rechtsextremismus als Vorwand für
Internet-Kontrolle](http://www.odem.org/informationsfreiheit/pm--o-ton.html)

Ein [umfassender
Pressespiegel](http://koeln.ccc.de/cgi-bin/wiki.pl?InternetSperrungen/PresseSpiegel)
befindet sich im Wiki des Chaos Computer Club Cologne.