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title: FAQ Kulturwertmark
date: 2011-04-25 23:25:00 
updated: 2013-05-08 13:05:07 
author: presse
tags: urheberrecht, kulturwertmark

**Was ist denn daran besser als eine Kulturflatrate?**\
\
Bei einer Kulturflatrate entscheidet eine zentrale Organisation – wie
etwa die GEMA – über die Verteilung der Gelder. Diese Entscheidungen
stimmen erfahrungsgemäß weder mit den Vorlieben der Zahlungspflichtigen
überein noch unterstützen sie eine gesellschaftlich sinnvolle
Kulturentwicklung. Die Alternative – eine Komplettüberwachung des Netzes
zur Downloadzahlenermittlung – ist noch weniger wünschenswert.\
\
**Von wem wird das Geld eingesammelt?**\
\
Die langfristige Idee ist, daß alle steuerpflichtigen Bürger zum System
beitragen und daran teilnehmen können. Da anfangs die technische
Ausgestaltung des Systems eher online-lastig sein wird und Netznutzer
einerseits auch am meisten Filesharing betreiben und andererseits am
stärksten von einer digitalen Allmende profitieren werden, ist eine
Erhebung auf der Basis eines Zuschlags zu Internetzugängen denkbar. Dies
wird allerdings mehr Bürokratie auf der Erhebungsseite erzeugen, da etwa
Personen mit mehreren Internetzugängen nicht mehrmals zur Kasse gebeten
werden sollen.\
\
**In welcher Organisationsform sollte das Kulturwertmark-System
realisiert werden?**\
\
Wir schlagen vor, das System als eine vom Staat initial finanzierte,
aber vollständig unabhängige Stiftung zu realisieren, die von den
Ländern Hilfe beim Erheben der Beiträge erhält (oder alternativ mit den
ISPs Verträge über Einzug und Weiterleitung abschließt). Die Besetzung
des Exekutivgremiums der Stiftung sollte hälftig per allgemeiner Wahl
unter den Teilnehmern und Künstlern erfolgen, so daß die Interessen
beider Seiten adäquat repräsentiert sind. Stimmberechtigt ist, wer
mindestens für eine festzulegende Zeit (etwa drei Monate) in das System
eingezahlt hat. Wenn die Anzahl der Benutzer um eine signifikante Zahl
gestiegen ist, sind Neuwahlen durchzuführen. Eine Besetzung analog der
Quotenregelung wie bei den Rundfunkräten hat sich nicht bewährt und ist
undemokratisch.\
\
Stiftungsposten sollten zeitlich beschränkt werden. Das Budget der
Stiftung soll schmal gehalten und auf die technische Durchführung
ausgerichtet sein. Der Verwaltungs-Overhead sollte aus den Zinsgewinnen
des Stiftungsvermögens gedeckt werden, so daß eine hundertprozentige
Auszahlungsquote der erhobenen Beiträge an die Künster erreicht wird und
keine Transaktionsgebühren erhoben werden müssen. Eine
privatwirtschaftliche Lösung ist nicht erstrebenswert,
Interessenskonflikte wären hier vorprogramiert, die Auszahlungsquote
sänke.\
\
Die Entwicklung der nötigen Software muß als Open Source auf der Basis
offener Standards erfolgen und von der Stiftung finanziert werden. Etwa
notwendige Patente sind aus dem Stiftungsvermögen anzukaufen. Die
Stiftung muß finanziell so ausgestattet werden, daß sie den
fortlaufenden Betrieb inklusive aller notwendigen Organe (wie
Schiedsgerichte, Softwareentwicklung, technischer Betrieb etc.) aus den
Stiftungserträgen bestreiten kann.\
\
**Wer legt die Höhe des Betrages fest?**\
\
Die Höhe des monatlichen Betrages hängt von der Bedeutung ab, die wir
als Gesellschaft Kunst und Kultur zugestehen. Mit den derzeit über 25
Millionen Internetanschlüssen in Deutschland wären mit fünf Euro pro
Monat potentiell über 1.500 Millionen Euro pro Jahr an verteilbarem Geld
verfügbar. Die Höhe des monatlichen Beitrags sollte durch das
demokratisch gewählte Stiftungskomitee festgelegt oder per Abstimmung
ermittelt werden.\
\
**Ist das nicht sozial ungerecht? Was ist, wenn ich mehr Punkte erwerben
will?**\
\
Die Frage ist hier, welches Ziel mit dem
[Kulturwertmark-System](http://ccc.de/de/updates/2011/kulturwertmark)
erreicht werden soll. Bisher ist der Zugang zu Werken der Kunst nur
selten kostenfrei möglich und benachteiligt daher finanziell Schwächere.
Ausgeglichen wird das durch die Kulturförderung, subventionierte Tickets
und andere Maßnahmen. Eine Staffelung des Beitrags zum System der
Kulturwertmark nach Einkommen wäre sicher denkbar, würde aber die
Bürokratiekosten erhöhen. Wir schlagen daher vor, daß der Beitrag für
alle gleich ist, es jedoch jedem freisteht, mehr Kulturwertmark zu
erwerben, und die Kosten bis zu einer gewissen Höhe steuerlich
abzusetzen. Dadurch wird ein niedrigschwelliger Anreiz erzeugt, mehr
Geld für Kunst und Kultur auszugeben.\
\
**Wie funktioniert die Registrierung der Werke?**\
\
Der Künstler (oder der von ihm beauftragte Verwerter) reichen in einem
Online-Verfahren das Werk zur Registrierung ein. Dabei muß glaubhaft
versichert werden, daß das Werk eigenschöpferisch vom Künstler erstellt
wurde und er die Urheberrechte besitzt. Das Werk bekommt eine eindeutige
Bezeichnung und eine Kulturwertmark-ID, die für die weitere Abrechnung
benötigt wird. Von jedem Werk ist bei Einreichung eine digitale Kopie
bei der Stiftung in einem unverschlüsselten, DRM-freien Format
entsprechend den Vorgaben der Satzung zu hinterlegen, um bei Erreichen
des Auszahlungsziels einen Übergang in die digitale Allmende ohne Verzug
oder Streitigkeiten zu erreichen.\
\
**Wird es Einreichungsbetrug geben? Wie wird damit umgegangen?**\
\
Betrug, etwa durch Einreichung von fremden Werken unter eigenem Namen,
wird natürlich vorkommen, allerdings auch verfolgt und bestraft. Die
Stiftung hat für effektive Stichproben ein gewisses Budget sowie ein
niedrigschwelliges Meldesystem bereitzustellen. Der Künstler bzw. der
von ihm beauftragte Verwerter begeben sich mit der Einreichung in eine
zivil- und strafrechtliche Verantwortung, ähnlich wie es bereits heute
bei Verlagen der Fall ist. Plagiatoren und Einreicher fremder Werke
werden öffentlich benannt, strafrechtlich verfolgt und von der weiteren
Teilnahme am System ausgeschlossen. Die Einkünfte aus dem System sind
normal steuerpflichtig, so daß es keine Anreize für Betrug über
zugekaufte
[Kulturwertmark](http://ccc.de/de/updates/2011/kulturwertmark) gibt.\
\
**Ist das Micropayment sicher?**\
\
Als technische Basis kann das ehemals als DigiCash bekannte, auf
sogenannten Blind Signatures beruhende System dienen, dessen
Basispatente 2005 ausgelaufen sind. Die Kryptographie für anonymes,
kryptographisch gesichertes Micropayment ist hinreichend gut erforscht
und bei entsprechender öffentlicher, einsehbarer Umsetzung auch
hinreichend sicher zu implementieren. Da die Beträge pro Nutzer sehr
klein sind, kann ein entsprechend niederschwelliges, unkompliziertes
Verfahren gewählt werden, daß primär gegen massenweise automatische
Transaktionsauslösung etwa durch Trojaner gesichert werden muß. Ziel
sollte eine auch von anderen Ländern wiederverwendbare Lösung sein, die
als öffentlicher Referenzstandard mit freier Software realisiert wird.\
**\
Wie wird der Schwellwert für den Übergang in den Allgemeinbesitz
festgelegt?**\
\
Hier gibt es zwei grundlegende Möglichkeiten. Die erste ist eine
generelle Festlegung etwa je nach Umfang des Werks, seiner
Schöpfungshöhe und dem zur Erstellung nötigen Aufwand. Die zweite ist,
den Künstler die Höhe selbst festlegen zu lassen. In der Praxis wird
vermutlich ein kombiniertes System von Orientierungswerten und
Maximalkappungsgrenzen zur Anwendung kommen, bei der die Stiftung
Empfehlungen ausspricht, denen der Künstler dann folgen kann oder nicht.
Wichtig ist hier, daß das Ziel der Schaffung einer digitalen Allmende
nicht durch unrealistisch hohe Schwellwerte unterminiert wird. Hier hat
die Stiftung steuernd einzuwirken.\
\
Wünschenswert ist zusätzlich ein automatischer, zeitlicher Schwellwert,
der noch unterhalb der dann reduzierten Urheberrechtsschutzfristen
liegt. Beispielsweise geht nach fünf Jahren automatisch jedes Werk in
die Allmende über, unabhängig von den bis dahin aufgelaufenen Zahlungen.
Die Möglichkeit, weiter Einnahmen zu generieren, besteht auch nach dem
Übergang des Werkes in die Allmende.\
\
**Wer verwaltet und erhält die Werke im Allgemeinbesitz?**\
\
Die Werke im Allgemeinbesitz müssen jederzeit für alle frei in digitaler
Form zugänglich sein. Wenn die Deutsche Zentralbibliothek sich in der
Lage sieht, diese Anforderung zu erfüllen, wäre sie sicher eine
geeignete Institution. Prinzipiell ist mit dem Übergang in den
Allgemeinbesitz eine Verantwortung der Allgemeinheit zum Erhalt und
Zugänglichhaltung der Werke verbunden, für die entsprechende
Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Physische Werke (Plastiken,
Bilder etc.) kommen in einen Kunstwerke-Pool, aus dem sich die deutschen
Museen für Ausstellungen bedienen können. Werke, die den monetären
Schwellwert für den Übergang in die Allmende nicht erreichen, können
auch in rein digitaler Form archiviert und ansonsten im physischen
Besitz des Künstlers belassen werden.\
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**Muß für die Verteilung der nicht vergebenen Punkte nicht ein irrer
Aufwand getrieben werden?**\
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Nein. Es werden einfach zum Ende jedes Quartals die abgelaufenen Punkte
aufsummiert und ins Verhältnis zu allen im Quartal vergebenen Punkten
gesetzt. Konkret würde beispielsweise ein Künstler, der in einem Quartal
18% der verteilten Punkte bekommen hat, darüber hinaus 18% der ansonsten
verfallenden Punkte dieses Quartals dazubekommen. Das Verfallsprinzip
ist notwendig, um einen hohen Anreiz zur aktiven Nutzung des Systems zu
schaffen und den "garantierter Mindestumsatz"-Effekt zu erzielen. Nur in
dem seltenen Fall, daß kein einziger Punkt an einen Künstler verteilt
wurde, wird auch kein Mindestumsatz erreicht.\
\
**Welche Änderungen am Urheberrecht soll es konkret als Gegenleistung
geben?**\
\
Die konkrete Formulierung der notwendigen Änderungen am Urheberrecht
bedarf aufgrund der Komplexität der existierenden Gesetze einiger
Arbeit. Klar ist aber, daß für die durch das Kulturwertmark-System
entstehende de-facto-Umsatzgarantie für schöpferische Tätigkeit im
Gegenzug deutliche Abstriche an den derzeit bestehenden restriktiven
Regelungen erfolgen müssen. Erforderlich sind mindestens:\
\
1. Deutliche Verkürzung der Schutzfristen,\
2. Beschränkung der straf- und zivilrechtlichen Verfolgung von
Filesharing und privaten Kopien auf kommerzielle Verstöße, also solche,
die zum Zwecke der profitorientierten Gewinnerzielung erfolgen,\
3. Änderung der verwerterorientierten Prämissen des derzeitigen
Urheberrechts hin zu einem angemessenen Ausgleich zwischen Autoren- und
Rezipientenrechten,\
4. Sicherstellung, daß kein Durchgriff auf deutsche User durch
internationale Abkommen etc. passiert,\
5. Aufnahme von Klauseln, die es Autoren erlauben, auch bestehende
Werke, die unter restriktiven Regeln lizensiert wurden, ins System
einzustellen.\
\
**Für welche Arten Kunst ist das System geeignet, für welche nicht?**\
\
Für jede Art von Kunst, Kultur, schöpferischer Tätigkeit, die einen
Werkcharakter hat, ist das System geeignet. Auch Ölgemälde können
beispielsweise so in den Besitz der Allgemeinheit übergehen. Das
Original geht dann auf Wanderschaft durch die staatlichen Museen, die
digitalen Bildrechte stehen allen zur Verfügung.\
**\
Wie läßt sich eine Ballung von Zahlungen an die üblichen
Mainstream-Big-Names verhindern, so daß statt weniger Millionäre viel
mehr "kleine" Künstler ein Auskommen finden?**\
\
Eine Möglichkeit wäre die Aufteilung der Punkte in verschiedene
Kategorien, so daß etwa nur zwanzig Prozent der Punkte in der Sparte
Popmusik vergeben werden können. Die Nebenwirkungen einer solchen
Regelung, inklusive der Entscheidung, wer die Anteile und die Kategorien
festlegt und nach welchen Kriterien, müssen jedoch sorgfältig durchdacht
werden. Eine womöglich technisch einfachere Lösung ist eine generelle
Kappungsgrenze pro Werk oder pro Künstler.\
\
**Was ist mit internationalen Werken?**\
\
Jeder Anbieter kann dem jeweiligen System eines Landes (also auch
mehreren gleichzeitig) beitreten. Die Konsequenzen des Beitritts sind
für jeden Anbieter in dem gewählten Land gleich. Später wäre auch eine
Zusammenfassung der nationalen Systeme zu einem größeren Ganzen
denkbar.\
\
**Was wird die Rolle der Verwerter und Verlage in diesem System?**\
\
Die Verwerter und Verlage können sich wie bisher in der Vermarktung der
Werke engagieren. Das umfaßt die öffentliche Aufführung,
Datenträger-Distribution, Cover Art und Preview. Auch das Management der
Künstler wird nach wie vor eine  Aufgabe der Verwerter sein.\
\
**Enden die Zahlungen an den Künstler irgendwann?**\
\
Nein. Auch nach Erreichen des Auszahlungs- bzw. Zeitziels und des
Übergangs in die digitale Allmende bleibt es möglich, Zahlungen für ein
bestimmtes Werk zu leisten, die dann an den Künstler ausgeschüttet
werden. Die Verweildauer eines Werks im System ist prinzipiell
unbegrenzt, um etwa auch "Spätzünderwerke" zu unterstützen, bei denen
erst viele Jahre nach ihrer Schöpfung eine öffentliche Wertschätzung
einsetzt.\
\
**Ist das nicht das Gleiche wie Flattr?**\
\
Seitdem wir angefangen haben, das Kulturwertmark-Modell zu diskutieren,
sind einige der ehemaligen Betreiber des größten Bittorrent-Trackers The
Pirate Bay auf ähnliche Gedanken gekommen. Ihr Konzept Flattr beruht auf
einer freiwilligen monatlichen Spende und einer anteiligen Ausschüttung,
je nachdem wievielen verschiedenen Künstlern man Geld im
Abrechnungszeitraum zukommen lassen will. Ein weiterer wesentlicher
Unterschied ist, daß bei Flattr der gesamte Aspekt der Rechte am Werk
ausgeklammert wird. Man gibt nur Geld an den Künstler, ohne daß sich
dadurch die Verwertungsrechte verändern oder eine digitale Allmende
gebildet wird. Es gibt auch kein Konzept einer Gegenleistung der
Contentindustrie in Form eines entschärften Urheberrechts. Von Flattr
läßt sich aber viel über akzeptierte und genutzte Formen des Ausgebens
von [Kulturwertmark](http://ccc.de/de/updates/2011/kulturwertmark)
lernen. Und nicht zuletzt: In Deutschland hat sich Flattr als am
erfolgreichsten  erwiesen, es gibt hier offenbar viel Akzeptanz für
derartige Modelle.\
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**Funktioniert das auch für meine Podcasts? Oder meinen Online-Roman,
den niemand drucken wollte?**\
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Ja. Prinzipiell kann jedes schöpferische Werk ins System eingestellt
werden. Auch ist vorstellbar, jeden Monat ein feste Zahl der
Kulturwertmark, ähnlich wie ein Abonnement, an einen Künstler oder
Journalisten zu vergeben, die dafür ihre regelmäßig produzierten Inhalte
ins System einstellen.

 

**Links**:

Interview über [Warnhinweis-Modelle und
Kulturwertmark](http://irights.info/frank-rieger-warnhinweise-wrden-das-abmahnwesen-noch-verschrfen)
mit Frank Rieger