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title: JMStV
date: 2010-01-27 16:18:00 
updated: 2010-01-27 16:20:36 
author: bine
tags: 

Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag -- Das ganze Ausmaß der
Problematik

 

Seit dem 01.04.2003 gilt der neue "Staatsvertrag über den Schutz der
Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien
(Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV)".

Bereits vor kurzem wurde im Internet die Information verbreitet, dass ab
dem Inkrafttreten des Vertrages Linux-Spiele nicht mehr verbreitet
werden dürfen (s. a. <http://www.golem.de/0303/24770.html>.

Ja, denken Sie, aber was hat das mit der Webseite zu tun?

### Es geht dabei um den §5 JMSTV:

*"§5 - Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote"*

*"(1) Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von
Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder
zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder
Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht
wahrnehmen."*

*"(2) Bei Angeboten wird die Eignung zur Beeinträchtigung der
Entwicklung im Sinne von Absatz 1 vermutet, wenn sie nach dem
Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche der jeweiligen
Altersstufe nicht freigegeben sind. Satz 1 gilt entsprechend für
Angebote, die mit dem bewerteten Angebot im Wesentlichen inhaltsgleich
sind."*

*"(3) Der Anbieter kann seiner Pflicht aus Absatz 1 dadurch entsprechen,
dass er"*

*"1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots
durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich
macht oder wesentlich erschwert oder"*

*"2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht
werden, so wählt dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen
Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen."*

*"(4) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz
1 auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen, erfüllt der Anbieter seine
Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6
Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Gleiches gilt, wenn eine
entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche unter
16 Jahren zu befürchten ist, wenn das Angebot nur zwischen 22 Uhr und 6
Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Bei Filmen, die nach §14
Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes unter 12 Jahren nicht freigegeben sind,
ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu
tragen."*

*"(5) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz
1 nur auf Kinder zu befürchten, erfüllt der Anbieter von Telemedien
seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot getrennt von für
Kinder bestimmten Angeboten verbreitet wird oder abrufbar ist."*

*"(6) Absatz 1 gilt nicht für Nachrichtensendungen, Sendungen zum
politischen Zeitgeschehen im Rundfunk und vergleichbare Angebote bei
Telemedien, soweit ein berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der
Darstellung oder Berichterstattung vorliegt."*

Der o. g. Abs. 2 besagt, dass alle Angebote, bei denen keine
Altersfreigabe erfolgt ist, als entwicklungsbeeinträchtigend im Sinne
des Absatzes 1 gelten.

Laut Abs. 1 müssen Anbieter von solchen Angeboten dafür Sorge tragen,
dass diese durch Kinder oder Jugendliche nicht erreicht werden können.

In Abs. 3 steht, wie man als Anbieter seine Pflicht erfüllt: durch
(Alters- und) Zugangskontrollen oder durch zeitliche Beschränkung des
Angebotes.

### Wer ist aber nun Anbieter? Was ist ein Angebot? Fallen Webseiten darunter?

In §3 JMStV werden einige der verwendeten Begriffe definiert:

*"§3 - Begriffsbestimmungen"*

*"(1) \[...\]"*

*"(2) Im Sinne dieses Staatsvertrages sind"*

*"1. "Telemedien" Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und
Mediendienste im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrages, soweit sie
nicht Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages sind,"*

*"2. "Angebote" Rundfunksendungen oder Inhalte von Telemedien,"*

*"3. "Anbieter" Rundfunkveranstalter oder Anbieter von Telemedien."*

Unter einem Angebot ist also u. a. "Inhalte von Telemedien", unter
Anbieter "Anbieter von Telemedien" (**nicht** Anbieter von Inhalten von
Telemedien) zu verstehen.

Telemedien sind "Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und
Mediendienste im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrages, soweit sie
nicht Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages sind".

Im §2 Mediendienstestaatsvertrag wird Mediendienst wie folgt definiert:

*"§2 - \[Geltungsbereich\]"*

*"(1) Dieser Staatsvertrag gilt für das Angebot und die Nutzung von an
die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten
(Mediendienste) in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung
elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder
mittels eines Leiters verbreitet werden. Die Bestimmungen des
Rundfunkstaatsvertrages bleiben unberührt. Ferner bleiben die
Bestimmungen des Teledienstegesetzes in der in einem Bundesgesetz
erstmalig beschlossen Fassung, die Bestimmungen des
Telekommunikationsgesetzes sowie der Bereich der Besteuerung
unberührt."*

Dass Webseiten als Inhalte von Mediendiensten zu sehen sind, hat in der
Vergangenheit die Diskussion um die Sperrungsverfügungen der
Bezirksregierung Düsseldorf gezeigt.

### Zusammengefasst:

Diese Webseite ist ein Inhalt eines Telemediums, nämlich eines
Mediendienstes. Als solches ist es ein Angebot im Sinne des JMStV. Für
ein Angebot im Sinne des JMStV gilt die "Eignung zur Beeinträchtigung
der Entwicklung im Sinne von Absatz 1" als vermutet, "wenn sie nach dem
Jugendschutzgesetz für Kinder oder Jugendliche der jeweiligen
Altersstufe nicht freigegeben sind".

Eine solche Freigabe ist bislang weder beantragt worden noch erfolgt.
Also gilt dieses Angebot als ein solches nach §5 Abs. 1 JMStV.
Dementsprechend müsste es besonders gegen den Zugriff von Kindern und
Jugendlichen geschützt werden.

**Ist es aber nicht.** Also liegt ein Verstoß gegen §5 Abs. 1 JMStV vor.
**Diese Seite ist illegal.**

Allerdings schränkt §5 Abs. 6 JMStV dies etwas ein. Dieses ist eine
Informationsseite, die im weitesten Sinne über "politisches
Zeitgeschehen" berichtet und somit nicht dem §5 Abs. 1 JMStV unterliegt.
Aber gilt das auch für Ihre Homepage? Die Folgen eines Verstoßes stehen
übrigens in §24 JMStV:

*"§24 - Ordnungswidrigkeiten"*

*"(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Anbieter vorsätzlich oder
fahrlässig \[...\]"*

*"4. entgegen §5 Abs. 1 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die
geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu
beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder
Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht
wahrnehmen, \[...\]"*

*"(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro
geahndet werden."*

Das Ziel des Gesetzesgebers dürften die gewaltverherrlichen,
rechtsextremistischen und XXX-Seiten im Internet gewesen sein. Es
scheint, man ist etwas über das Ziel herausgeschossen...

### Was tun?

 

-   Beteiligen Sie sich an der Aktion "Diese Seite ist illegal" und
    verlinken Sie Ihre eigene Seite auf diese.
-   Versuchen Sie eine Altersfreigabe für Ihre Seite zu erhalten. (Das
    Jugendschutzgesetz kennt jedenfalls keine Altersfreigabe für
    Webseiten?) Ihre zuständige Landesanstalt für Medien oder die
    Kommission für Jugendmedienschutz wird sich gern damit befassen :)