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title: CCC beteiligt sich an internationaler Petition gegen Vorratsdatenspeicherung
date: 2005-08-01 00:00:00 
updated: 2009-03-23 03:46:33 
author: 46halbe
tags: update

Der CCC ist Mitunterzeichner der von European Digital Rights (EDRi) und dem niederländischen Access-Provider XS4ALL gestarteten Petition gegen Pläne einer europäischen Vorratsdatenspeicherung.

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Neben der
[PDF-Version](/updates/2005/pe-trafficdata_retention-2005-08-01.pdf)
bieten wir hier den Wortlaut der
[Petition](http://www.dataretentionisnosolution.com/index.php?lang=de):

## TK-Vorratsdatenspeicherung ist keine Lösung — und zudem verfassungswidrig {#vorratsdatenspeicherung}

### Internationale Petition gegen Vorratsdatenspeicherung

Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e. V., das Forum
InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)
e. V. und STOP1984 European Digital Rights (EDRi) haben gemeinsam mit
dem Internetserviceprovider XS4ALL aus den Niederlanden eine
internationale Petition gegen die Pläne einer europäischen
Vorratsdatenspeicherung gestartet. Internetnutzer aller europäischen
Staaten und weltweit sind aufgefordert, ihren Protest zu bekunden, indem
sie die Petition an die Europäische Kommission sowie die Mitglieder des
Europäischen Parlamentes unterzeichnen.

Der Vorschlag von Justizministern und EU-Kommission zur
Vorratsdatenspeicherung beinhaltet eine Verpflichtung von
Telefongesellschaften und Internetprovidern, die Verbindungsdaten von
Telefonaten, SMS, Internet- und E-Mailverkehr ihrer Kunden langfristig
zu speichern. Eine solche Vorratsdatenspeicherung würde zeigen, wer mit
wem telefoniert, wem er E-Mails oder SMS gesandt, welche Webseiten er
besucht und sogar von wo aus er mit seinem Handy telefoniert hat.
Dadurch würden die Überwachungsbefugnisse unverhältnismäßig erweitert,
denn zu Überwachungsobjekten würden nicht nur verdächtige Kriminelle
bzw. Terroristen, sondern alle Internetnutzer.

Das Bundesverfassungsgericht hat im seinem jüngsten Urteil zur
”vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung“ deutlich gemacht, daß eine solche
Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland zu vereinbaren ist (vgl. hierzu die Presseerklärung der DVD
vom 27. Mai 2005). DVD- und FIfF-Vorstandsmitglied Werner Hülsmann
erklärt hierzu: “Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur
Telefonüberwachung zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung die Chance
genutzt, dem Fernmeldegeheimnis wieder die ihm zustehende Bedeutung zu
geben. In dem Urteil wurde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß
auch die Umstände der Telekommunikation, also ob, wann, wie oft und
zwischen welchen Personen Telekommunikation stattgefunden hat oder
versucht worden ist, dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses unterliegen
und ausdrücklich dargestellt, daß jegliche Informationen, die mit Hilfe
der Fernmeldetechnik übertragen werden, ­also auch E-Mails, hierunter
fallen. Es ist nicht zu übersehen, daß das Bundesverfassungsgericht in
der aktuellen Diskussion einen verfassungsrechtlichen Pflock einschlagen
und deutlich machen wollte, daß eine Vorratsdatenspeicherung der
Verkehrsdaten verfassungsrechtlich nicht in Frage kommt.”

Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e. V., das Forum
InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung,
STOP1984 und andere Bürgerrechtsorganisationen teilen die Einschätzung
der Initiatoren der Petitionskampagne EDRi und XS4ALL:

 

-   1\. Die Vorratsdatenspeicherung in der geplanten Art stellt eine
    Maßnahme dar, die in unzulässiger Weise in die Privatsphäre von 450
    Millionen Menschen allein in der Europäischen Gemeinschaft ein-
    greift.
-   2\. Diese Vorratsdatenspeicherung ist unverhältnismäßig und daher
    nicht mit dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention
    vereinbar – in der Folge also illegal.
-   3\. Die vorgebliche Sicherheit, die durch die
    Vorratsdatenspeicherung erzielt werden soll, stellt eine Illusion
    dar: Mit den derzeit verfügbaren technischen Möglichkeiten würden
    gezielte Suchläufe auf Personen Jahre dauern und die Ergebnisse
    leicht zu falschen Betroffenen führen.
-   4\. Die Art und Weise, wie die Politiker einiger EU-Staaten nun
    versuchen, die EU zu instrumentalisieren, um die in ihren nationalen
    Parlamenten bereits abgelehnten Speicherungsvorhaben doch noch durch
    die Hintertüre durchzusetzen, stellt einen Mißbrauch europäischer
    Gremien dar.

 

Bettina Winsemann von STOP1984: “Wir stellen uns vehement gegen die
Vorratsdatenspeicherung, die ein unverhältnismäßiges Mittel der
staatlichen Überwachung darstellt und fordern, daß die Datenspeicherung
nur durch geeignete Behörden und nur in Ausnahmefällen nach
richterlicher Anordnung genutzt werden darf. Vorratsdatenspeicherung
bedeutet auch, das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit einzuschränken,
die Unschuldsvermutung nach Artikel 11 der UN-Menschenrechtscharta zu
unterwandern und den Schutz des Privatlebens nach Artikel 12 der
UN-Menschenrechtscharta fallenzulassen.”

In den nächsten zwei Monaten hoffen die Initiatoren EDRI und XS4ALL und
die unterstützenden Organisationen, eine möglichst beeindruckende Zahl
von Unterzeichnern auf der Webseite sammeln zu können, um die Kommission
und das Parlament davon zu überzeugen, daß die angestrebte
Vorratsdatenspeicherung keine Lösung ist, um Kriminalität und Terror zu
bekämpfen. Unterstützer werden gebeten, die Information über die
Petition zu verbreiten. Dies kann durch Plazierung eines Banners auf den
eigenen Webseiten oder Homepages geschehen oder indem in Mailinglisten
über die Petition informiert wird.

STOP1984 ([www.stop1984.com](http://www.stop1984.com/))

Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e. V.
([www.datenschutzverein.de](http://www.datenschutzverein.de/))

Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung
(FIfF) e. V. ([www.fiff.de](http://www.fiff.de/))

## Weitere Informationen {#infos}

 

-   European Digital Rights ([www.edri.org](http://www.edri.org/)) ist
    eine Vereinigung von 17 Bürgerrechts- und Datenschutzorganisationen
    aus elf verschiedenen Ländern in Europa.
-   XS4ALL ist der erste Internetserviceprovider für Privatkunden in den
    Niederlanden und begann 1993.
-   Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung (Kontaktdaten
    siehe [PDF](/updates/2005/pe-trafficdata_retention-2005-08-01.pdf)).

 

## Mitunterzeichner {#signers}

 

-   ARGE Daten, Wien
-   Chaos Computer Club e. V., Hamburg
-   Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (FITUG) e. V.,
    Jena
-   Internationale Liga für Menscherechte, Berlin
-   Quintessenz Verein zur Wiederherstellung der Bürgerrechte im
    Informationszeitalter, Wien

 

## Vorratsdatenspeicherung ist keine Lösung {#no-solution}

Die europäischen Justizminister und die Europäische Kommission möchten
die Telefon- und Internetverbindungsdaten aller 450 Millionen Europäer
aufzeichnen. Wenn Sie wegen dieses Vorhabens besorgt sind, unterzeichnen
Sie bitte diese Petition.

Was ist an der Vorratsdatenspeicherung falsch? Der Vorschlag zur
Aufzeichnung von Verbindungsdaten wird offenlegen, wer wen angerufen
hat, wer wem eine E-Mail geschickt hat, welche Webseiten ein Nutzer
besucht hat und sogar, wo Menschen mit ihren Mobiltelefonen waren.
Telekommunikationsunternehmen und Internet-Service-Provider wären
gezwungen, alle Verbindungsdaten ihrer Kunden aufzuzeichnen und zu
speichern. Polizei und Geheimdienste in Europa hätten Zugriff auf diese
Verbindungsdaten. Verschiedene miteinander konkurrierende Vorschläge in
Brüssel sehen Aufzeichnungszeiträume zwischen sechs Monaten und vier
Jahren vor.

Vorratsdatenspeicherung ist eine in die Privatsphäre des Einzelnen
eingreifende Maßnahme, die das Privatleben aller 450 Millionen Bürger
der Europäischen Union betrifft. Vorratsdatenspeicherung ist eine
Politik, welche die Überwachungsbefugnisse in bislang nicht gekanntem
Maße ausweitet. Gleichzeitig werden viele europäische Schutzrechte für
Menschenrechte beeinträchtigt oder abgeschafft, z. B. die
Datenschutzrichtlinien und die Europäischen Menschenrechtskonvention.

Vorratsdatenspeicherung bedeutet, daß Regierungen sich in Ihr
Privatleben und in Ihre private Kommunikation einmischen können,
unabhängig davon, ob Sie eines Verbrechens verdächtig sind oder nicht.

### Vorratsdatenspeicherung ist keine Lösung von Terror und Verbrechen!

Im Juli 2005 hat sich das Europäische Parlament einem Bericht des
Abgeordneten Alexander Alvaro über die verbindliche
Vorratsdatenspeicherung angeschlossen. Dieser Bericht kommt zu dem
Schluß, daß die Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung unverhältnismäßig
sind. Der Bericht hinterfragt zugleich die Notwendigkeit, Effektivität
und die hohen Kosten für Industrie und Nutzer von
Telekommunikationseinrichtungen.

Nirgendwo in Europa wurden Untersuchungen durchgeführt, welche den
Bedarf und die Notwendigkeit für die Etablierung einer solch großen
Datenbank für Zwecke der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung
unterstützen.

Die Anschläge in London sind Angriffe auf die Menschenrechte. Der Schutz
dieser Menschenrechte ist von besonderer Bedeutung in Zeiten, wenn
Regierungen und Gesellschaft sich mit einer Krise konfrontiert sehen.
Die schlechteste mögliche Antwort wäre, diese sorgfältig ausgearbeiteten
Menschenrechte in einer panischen Reaktion in Frage zu stellen. Eine
Massenüberwachung als Antwort auf den Terror würde einen
durchschlagenden Erfolg für die Verantwortlichen dieser Anschläge
darstellen: Eine fundamentale Untergrabung unserer elementarsten Rechte.

### Was können Sie tun, um diese Pläne zu stoppen?

Wenn Sie sich Sorgen machen wegen der europäischen Pläne zur
Vorratsdatenspeicherung, unterzeichnen Sie bitte diese Petition und
benachrichtigen Sie so viele Menschen wie möglich, um diese Aktion zu
unterstützen.

Die Unterschriften werden an die Europäische Kommission und das
Europäische Parlament übermittelt.

## Petition

Ich denke, daß

-   Vorratsdatenspeicherung eine aufdringliche Maßnahme ist, die in das
    Privatleben eines jeden eingreift;
-   die Speicherung personenbezogener Daten jedes Bürgers eine illegale
    Maßnahme nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention
    darstellt, da diese Maßnahme unverhältnismäßig ist;
-   aus einer Vorratsdatenspeicherung gewonnene Sicherheit trügerisch
    ist, da mit einem Individuum verbundene Verbindungsdaten
    möglicherweise durch Aktionen eines Dritten entstanden sind oder
    durch einen Prozeß, der keinen Bezug zu den Aktivitäten dieses
    Nutzers hat;
-   der Weg, auf dem diese Maßnahmen verfolgt werden, an sich illegitim
    ist, da einige Mitgliedsstaaten, in denen ähnliche Maßnahmen an
    ihrem nationalen Parlament scheiterten, nun versuchen, diese
    Maßnahmen auf europäischer Ebene durchzusetzen, vorgeblich im Namen
    der europäischen Harmonisierung und internationalen Zusammenarbeit.

 

Ich rufe die Europäische Kommission und das Europäische Parlament auf,
die Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung sehr kritisch zu begutachten
und den Schutz der Menschenrecht, insbesondere des Rechts auf
Privatsphäre, aufrechtzuerhalten, auch in diesen schwierigen Zeiten.