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title: Wahlausschuss in Cottbus ignoriert die Tatsachen
date: 2006-11-20 00:00:00 
updated: 2009-04-18 19:12:39 
author: tim
tags: update

Der Wahlprüfungsausschuss von Cottbus hat in seiner heutigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Cottbus einstimmig empfohlen, den Einspruch gegen die Oberbürgermeisterwahl vom 22. Oktober 2006 abzulehnen. Ein Cottbusser Wähler hatte gegen die Wahl Einspruch erhoben, weil die eingesetzten Wahlcomputer der Firma Nedap manipulierbar und nicht vertrauenswürdig sind.

<!-- TEASER_END -->

Der Wahlprüfungsausschuss von Cottbus hat in seiner heutigen Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung von Cottbus einstimmig empfohlen, den
Einspruch
\[[1](http://www.langensoft.de/OBWahl-CB/Wahleinspruch1.html)\] gegen
die Oberbürgermeisterwahl vom 22. Oktober 2006 abzulehnen. Ein
Cottbusser Wähler hatte gegen die Wahl Einspruch erhoben, weil die
eingesetzten Wahlcomputer der Firma Nedap manipulierbar und nicht
vertrauenswürdig sind. Die Forschungsergebnisse des Chaos Computer Club
und der Initiative "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht"
(wijvertrouwenstemcomputersniet.nl) belegen diese Manipulierbarkeit der
Computer.

Im Mittelpunkt des Einspruches stand der berechtigte Einwand des
Wählers, dass das Wahlergebnis nicht mehr nachprüfbar ist. Die
Öffentlichkeit kann die Auszählung der Stimmen in keiner Weise
nachvollziehen. Zudem kann niemand sicher sagen, ob die Wahlcomputer
manipuliert sind oder nicht. Diese grundlegenden Bedenken fanden im
Ausschuss keinerlei Würdigung, es wurde einzig anhand von formalen
Kriterien geurteilt. Eine inhaltliche Diskussion scheiterte an der
Unkenntnis der Ausschussmitglieder über die Manipulationsmöglichkeiten
an den Wahlcomputern. Offenkundig war diese inhaltliche
Auseinandersetzung auch nicht gewünscht.

Die Argumentation der Wahlleiterin, Frau Hiekel, der sich der
Wahlausschuss anschloss, beruhte auf der rein rechtlich gerade noch so
gegebenen Zulassung der Wahlcomputer. Eine Betrachtung der jüngst
veröffentlichten Erkenntnisse fand nicht statt. "Das gehört nicht auf
unsere Ebene, das muss auf Bundes- oder Landesebene behandelt werden,"
war die einhellige Meinung der Ausschussmitglieder.

Jedwede technische Betrachtung der Einspruchsgrundlagen entfiel ebenso
wie eine Berücksichtigung der jüngsten Äußerungen von PTB-Prüfungsleiter
Dieter Richter. Richter hatte in Interviews
\[[2](/de/updates/2006/ptb-bestaetigt-nichteignung)\] zugegeben, dass
die PTB angesichts der neuen Erkenntnisse keine Empfehlung für eine
Verwendungsgenehmigung mehr an das Innenministerium erteilen würde. "Wir
können doch nicht auf Interviews reagieren," lautete die Aussage der
Ausschussmitglieder. Die Realität in Cottbus ist offenbar schon traurig
genug, so dass man sich nicht noch mit den Sicherheitsproblemen der
Wahlcomputer auseinandersetzen wollte.

Einzelne Ausschussmitglieder äußerten, dass sie eine Manipulation
aufgrund des "erheblichen Zeitaufwandes" für nicht möglich hielten und
offenbarten damit massive Unkenntnis der technischen Realitäten. Eine
Manipulation durch Austausch der Software oder durch ein trojanisches
Stimmspeicher-Modul ist in wenigen Sekunden möglich. Das Angebot, die
technischen Details von den anwesenden CCC-Mitgliedern vortragen zu
lassen, wurde von der Ausschussvorsitzenden rundweg abgelehnt.

Weiterhin wurde in dem Einspruch der mehrfache Verstoß gegen die
behauptete Aufbewahrung in "geschützten Umgebungen" und die nicht
erfolgte Prüfung der Wahlcomputer in den Stimmlokalen bemängelt.

Die Wahlleiterin behauptete hierzu schlicht, dass die beobachteten
Verstöße gegen die Aufbewahrungs- und Überprüfungsregeln nicht
stattgefunden hätten. Dies habe ihr der Wahlvorstand bestätigt und
"minutiös dokumentiert unterschrieben". Die Beobachtungen der
CCC-Wahlbeobachtergruppe
\[[3](/de/updates/2006/bericht-ob-wahl-cottbus)\] wurden nicht zur
Kenntnis genommen, aber auch die sich mit diesen Beobachtungen deckenden
persönlichen Erlebnisse des Einspruchstellers wurden nicht ernsthaft in
Betracht gezogen. Dass die Wahlvorstände in dem betreffenden Wahllokal
4105 natürlich kein Interesse daran haben, ihre eigenen Verfehlungen
zuzugeben, fand dabei keine Berücksichtigung. Nach wenigen Minuten wurde
die bereits vorformulierte Empfehlung an die Stadtverordnetenversammlung
zur Abstimmung verlesen: keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen, keine
Zweifel - die Wahlcomputer sind sicher.

In Gesprächen mit einzelnen Stadtverordneten nach der Sitzung war
immerhin die Bereitschaft zu erkennen, die anstehende Beschaffung der
Nedap-Wahlcomputer nochmals zu überdenken. Der CCC ist gerne bereit, im
Detail Auskunft zu den Risiken und Problemen zu geben.

-   \[1\] ["Einspruch gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl in
    Cottbus" von Thomas
    Langen](http://www.langensoft.de/OBWahl-CB/Wahleinspruch1.html)
-   \[2\] [CCC: "PTB bestätigt Nichteignung - Wahlcomputer grundsätzlich
    unsicher"](/de/updates/2006/ptb-bestaetigt-nichteignung)
-   \[3\] [CCC: "Bericht der CCC-Wahlbeobachtergruppe von der
    Oberbürgermeisterwahl in
    Cottbus"](/de/updates/2006/bericht-ob-wahl-cottbus)