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title: Chaos Computer Club fordert Verbot von Wahlcomputern in Deutschland
date: 2009-03-05 22:05:08 
updated: 2009-11-12 16:38:53 
author: 46halbe
tags: update

Der Chaos Computer Club hat in enger Kooperation mit der
niederländischen Kampagne "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht"
(wijvertrouwenstemcomputersniet.nl) Wahlcomputer der Firma Nedap auf
Schwachstellen untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden
heute publiziert. Sie zeigen eine grundsätzliche Nichteignung von
Computersystemen für Wahlen. Der CCC fordert daher ein vollständiges
Verbot von Wahlcomputern für Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen.

Die niederländische Initiative "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht" hat
heute die Ergebnisse ihrer in enger Kooperation mit dem Chaos Computer
Club durchgeführten Analyse von Nedap-Wahlcomputern publiziert \[1\].
Nedap-Wahlcomputer, nahezu baugleich zu den niederländischen Geräten,
sind auch in Deutschland zugelassen und im Einsatz. Die Bauartzulassung
der Nedap-Wahlcomputer in Deutschland beruht auf einem Gutachten der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB).

### Die Analyse zeigt auf, dass

-   Wahlcomputer keinen effektiven Schutz gegen Stimm-Manipulation
    bieten,\
-   die Software der Wahlcomputer einfach auszutauschen und zu
    manipulieren ist,\
-   das Wahlgeheimnis durch die Wahlcomputer kompromittiert wird,\
-   Manipulationen an Wahlcomputern praktisch nicht nachgewiesen werden
    können,\
-   Wahlcomputer den gesetzlichen Vorgaben in keiner Weise genügen.\

"Die Bauartzulassung der Nedap-Wahlcomputer ist nach den nunmehr
vorliegenden Forschungsresultaten hinfällig. Das Bundesinnenministerium
muss daher die Zulassung entsprechend § 3 Absatz 3 der
Bundeswahlgeräteverordnung widerrufen," forderte der Sprecher des Chaos
Computer Club, Andy Müller-Maguhn. \[2\]

Die Abwesenheit realer Angriffsszenarien in den Prüfkriterien des von
der PTB erstellten Bauart-Gutachtens legt die Vermutung nahe, dass die
PTB und Nedap bei deren Ausarbeitung deutlich zu eng zusammengearbeitet
haben. Die Details des Gutachtens werden von den Beteiligten in
wichtigen Teilen geheim gehalten. Eine öffentliche Begutachtung der
Risiken von Wahlcomputern war somit bisher nicht möglich.

Der niederländischen Kampagne "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht" gelang
es, mehrere Wahlcomputer der Firma Nedap zu erwerben. Erstmals konnten
nun unabhängige Experten die Sicherheit der Wahlcomputer untersuchen.
Die dokumentierten Ergebnisse zeigen, dass die Nedap-Wahlcomputer den
gesetzlichen Anforderungen weder in Deutschland noch in den Niederlanden
genügen.

Der Chaos Computer Club wendet sich auf Grund des hohen
Gefahrenpotentials prinzipiell gegen die Verwendung von Wahlcomputern.
Ein unsicheres und manipulierbares Computersystem mit zahlreichen
Angriffspunkten darf nicht Basis des sensibelsten Bereichs unserer
Demokratie werden. Ein vorläufiges Wahlergebnis wenige Stunden früher
vorliegen zu haben, ist es nicht wert, das von Wahlcomputern ausgehende
Risiko einzugehen.

"Wahlcomputer müssen in Deutschland verboten werden, bevor wir auch hier
Zustände wie in den USA oder Mexico bekommen. Die hier verwendeten
Nedap-Computer sind mindestens genauso unsicher und manipulierbar, wie
die aus den Wahlskandalen in den USA bekannten Systeme. Mit
manipulierten Wahlcomputern kann eine entschlossene Gruppe die Macht
ergreifen, ohne nach außen hin die Spielregeln der Demokratie zu
verletzen," kommentierte CCC-Sprecher Müller-Maguhn.

Das einfache Konzept einer geheimen Wahl ohne gefährliche technische
Spielereien hat sich bewährt. Um weiterhin freie und geheime Wahlen in
Deutschland sicherzustellen, muss daher die Wahl mit Stift und Papier
als einzig zugelassenes Wahlsystem gesetzlich verankert werden.
Technische Manipulationen können nur so prinzipiell ausgeschlossen
werden.

"Eine Wahl mit Stift und Papier kann effektiv von normalen Bürgern
überprüft werden, wie die DDR-Opposition gezeigt hat, als sie die
Wahlfälschung im Mai 1989 aufdeckte. Eine Wahl mit Wahlcomputern kann
jedoch nur von einer kleinen Elite von Computer-Forensikexperten
überprüft werden. Doch nicht einmal diese Experten können vollständige
Manipulationsfreiheit garantieren," erläuterte Müller-Maguhn.

Wahlen mit Wahlcomputern sind vom Bürger nicht mehr öffentlich
überprüfbar, da alle Vorgänge im Inneren eines undurchschaubaren
Computersystems ablaufen. Eine Neuauszählung von Stimmen würde dabei nur
das manipulierte Auswertungsprogramm noch einmal ausführen. Fälschungen
sind so, im Gegensatz zur traditionellen Papierwahl, nicht mehr
erkennbar.

\
\[1\] Detaillierte Informationen über die Schwachstellen der
Nedap-Wahlcomputer finden sich unter
[](http://www.wijvertrouwenstemcomputersniet.nl/Es3b-en.pdf)\
\
\[2\] Bundeswahlgeräteverordnung:
[](http://bundesrecht.juris.de/bwahlgv/index.html)