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title: Gemeinsame Erklärung zum Gesetzentwurf über die Vorratsdatenspeicherung
date: 2007-01-21 00:00:00
updated: 2009-11-02 00:34:56
author: erdgeist
tags: update
Bürgerrechtler, Medienverbände und Wirtschaftsvertreter lehnen Referentenentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung ab.
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Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung
sieht vor, Telekommunikationsunternehmen ab Herbst 2007 zu verpflichten,
Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Zur
verbesserten Strafverfolgung soll nachvollziehbar werden, wer mit wem in
den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung
gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige
Standort des Benutzers festgehalten werden. Bis spätestens 2009 soll
zudem die Nutzung des Internets nachvollziehbar werden.
Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in
Deutschland halten wir für inakzeptabel. Ohne jeden Verdacht einer
Straftat sollen sensible Informationen über die sozialen Beziehungen
(einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die
individuelle Lebenssituation (z. B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten,
Psychologen, Beratungsstellen) von über achtzig Millionen
Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern gesammelt werden. Damit höhlt eine
Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und
andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Wirtschaftsspionage. Sie
untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die
Pressefreiheit im Kern. Die enormen Kosten einer Vorratsdatenspeicherung
sind von den Telekommunikationsunternehmen zu tragen. Dies wird
Preiserhöhungen nach sich ziehen, zur Einstellung von Angeboten führen
und mittelbar auch die Verbraucher belasten.
Untersuchungen zeigen, daß bereits die gegenwärtig verfügbaren
Kommunikationsdaten ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von
Straftaten ausreichen. Es ist nicht nachgewiesen, daß eine
Vorratsdatenspeicherung besser vor Kriminalität schützen würde. Dagegen
würde sie Millionen von Euro kosten, die Privatsphäre Unschuldiger
gefährden, vertrauliche Kommunikation beeinträchtigen und den Weg in
eine immer weiter reichende Massenansammlung von Informationen über die
gesamte Bevölkerung ebnen.
Rechtsexperten erwarten, daß das Bundesverfassungsgericht eine Pflicht
zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten für
verfassungswidrig erklären wird. Außerdem wird erwartet, daß die
EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen
Gerichtshof keinen Bestand haben wird. Die Richtlinie verstößt gegen die
im Europarecht verankerten Grundrechte und ist in vertragsverletzender
Weise zustande gekommen. Irland hat bereits Klage gegen die Richtlinie
erhoben. Der Ausgang dieser Klage sollte zumindest abgewartet werden.
Als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, der Medien, der freien Berufe
und der Wirtschaft lehnen wir das Vorhaben einer Vorratsdatenspeicherung
geschlossen ab. Wir appellieren an die Politik, sich grundsätzlich von
dem Vorhaben der umfassenden und verdachtsunabhängigen Speicherung von
Daten zu distanzieren.
Unterzeichner:
- Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
- Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV)
- Chaos Computer Club e.V. (CCC)
- Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di
- Deutsche Liga für Menschenrechte e.V.
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e.V.
- Deutscher Journalisten-Verband (DJV)
- Deutscher Presserat
- eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.
- Evangelische Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür e.V.
- Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII
Deutschland)
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche
Verantwortung e.V. (FIfF)
- Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD)
- Gustav Heinemann-Initiative (GHI)
- Humanistische Union e.V.
- Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR)
- Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
- Netzwerk Neue Medien e.V.
- netzwerk recherche e.V.
- Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
- no abuse in internet e.V. (naiin)
- Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen
- Repubikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)
- STOP1984
- Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)
- Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ)
[Volltext der Stellungnahme als
PDF](http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/stellungnahme_vorratsdatenspeicherung.pdf)
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