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title: Chaos Computer Club: Wie erwartet erhebliche Probleme bei bayerischer Computer-Stimmenzählung
date: 2008-03-05 00:00:00 
updated: 2010-07-20 15:56:21 
author: presse
tags: update, pressemitteilung, wahlcomputer, technikglaeubigkeit

Bei der bayerischen Kommunalwahl beobachteten interessierte Wähler und bayerische Mitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) eine Reihe schwerwiegender Probleme und realer Manipulationsrisiken, die das Vertrauen in die eingesetzten Barcode- und Computer-Zählsysteme weiter in Frage stellen. Vor den Risiken der computerisierten Auszählung hatte der CCC bereits im Vorfeld gewarnt. [1]

<!-- TEASER_END -->

Der Sprecher des CCC, Dirk Engling, faßte die Beobachtungen zusammen:
“Die Auszählung von Stimmen mit Barcode und Computer bringt in der
Praxis keine Vorteile, die in irgendeinem Verhältnis zu den Risiken von
Fehlern und Manipulationen stehen. Theoretisch gibt es hier zum
Nachzählen zwar noch Papierzettel, in der Praxis wird den Ergebnissen
der intransparenten und äußerst unzulänglichen Zählprogramme aber
vertraut.”

In der Gemeinde Unterschleißheim etwa wurde einer SPD-Kandidatin auf dem
Wahlzettel der gleiche Barcode zugeteilt wie ihrem Konkurrenten von der
CSU. Dieser Fehler der Druckerei blieb bei zwei im Vorfeld
durchgeführten Testdurchläufen unbemerkt. Erst in der dritten Gemeinde
fiel das Versehen auf. Da es nicht mehr gelang, die Wahlzettel zu
korrigieren, mußten die Wahlhelfer diesen Umstand bei der Auszählung
berücksichtigen. Ob in anderen Wahlkreisen solche Fehler unbemerkt zu
verfälschten Wahlergebnissen geführt haben, ist nicht mehr
nachvollziehbar.

In verschiedenen Gemeinden wurden die Computer, auf denen die
Auszählsoftware lief, nicht nur von Wahlhelfern, sondern sogar von
amtierenden Stadträten von zu Hause mitgebracht. Das Programm der
Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung Bayern (AKDB) wurde teilweise
ohne jegliche Manipulationsicherung über das Internet an die Gemeinden
verteilt. Das Login-Paßwort für den Zugang zur Wahlkonfiguration war in
mindestens einer Stadt auf „123456“ gesetzt und lag offen sichtbar im
Wahllokal.

Die Wahlhelfer waren mit der Bedienung des Systems vielfach überfordert:
Die versprochene sorgfältige Überprüfung der Stimmenerfassung wurde in
den meisten Fällen nicht durchgeführt. So war vorgesehen, den
Wahlhelfern beim Scannen eine zweite Person zur Seite zu stellen. Diese
sollte überprüfen, ob die gewählten Kandidaten korrekt von der Software
gezählt werden. Um die etwas zähe Prozedur zu beschleunigen, wurde
jedoch oft "blind" und so schnell gescannt, daß auch Fehlermeldungen in
der Software übersehen wurden. Verwechslungen und Irrtümer waren somit
an der Tagesordnung.

Im Landkreis Bad Tölz wurden zu allem Überfluß Wahlzettel auf grünem
Papier verwendet, die durch mangelnden Kontrast zu einer sehr schlechten
Barcode-Erkennung führten. Somit mußte der Barcode jedes Kandidaten
mehrfach abgestrichen werden. Auch in etlichen anderen Gemeinden dauerte
die Auszählung länger als eine gut organisierte Handauszählung.

“Die Vorkommnisse bei der bayerischen Auszählung sind der Super-GAU für
diese Systeme. Insbesondere das Vertrauen in die Barcode-Auszählung ist
damit komplett ruiniert”, kritisierte CCC-Sprecher Dirk Engling die
blinde Technikgläubigkeit der bayerischen Kommunen.

### Links und weiterführende Informationen

 

-   \[1\] [Bayerische Kommunalwahl 2008: Computerisierte Auszählung mit
    Barcodes unsicher und
    intransparent](/de/updates/2008/kommunalwahlen-bayern-2008)
-   \[2\] [Hintergrundinfos](http://ccc-r.de/Wahl08)