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title: Chaos Computer Club reicht Wahlprüfungsbeschwerde in Hessen ein – Aufruf zur Wahlcomputerbeobachtung in Brandenburg
date: 2008-09-24 00:00:00
updated: 2009-04-18 19:07:50
author: erdgeist
tags: update, pressemitteilung
Der Chaos Computer Club (CCC) hat wie angekündigt eine Wahlprüfungsbeschwerde in Hessen eingereicht. Die Beschwerde richtet sich gegen den Einsatz von NEDAP-Wahlcomputern in acht hessischen Gemeinden. Aufgrund der schwerwiegenden Wahlfehler in Hessen, wie etwa der Lagerung der Wahlcomputer bei Parteifunktionären und der mangelnden Einhaltung der Vorschriften zur sicheren Lagerung der Computer, ist nun zu entscheiden, ob die Wahlen in den acht betroffenen Wahlkreisen wiederholt werden müssen.
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Für die am 28. September 2008 stattfindenden Kommunalwahlen in
Brandenburg plant der CCC in den vom Wahlcomputereinsatz betroffenen
Gemeinden eine umfangreiche Wahlbeobachtung. Um die 238
manipulationsanfälligen Wahlcomputer in den Wahllokalen nicht
unbeobachtet zu lassen, werden noch Freiwillige zur Vervollständigung
der Wahlbeobachterdelegationen gesucht.\[1\] Bei derartigen
Beobachtungen Anfang des Jahres in Hessen waren zahlreiche Probleme
festgestellt worden, die nun zu der Wahlprüfungsbeschwerde geführt
haben, darunter eine Reihe gravierender Verstöße gegen die
vorgeschriebenen Prozeduren der "sicheren Umgebungen". Selbst von Seiten
der zuständigen Wahlleiter wird nun unumwunden zugegeben, dass die
Sicherheit der NEDAP-Wahlcomputer gegen Manipulation ausschließlich von
diesen unwirksamen Vorkehrungen abhängt.
Die Wahlbeobachtungen werden in den zehn betroffenen brandenburgischen
Städten und Gemeinden - Bernau, Hennigsdorf, Mühlenbecker Land,
Fredersdorf-Vogelsdorf, Neuenhagen, Hoppegarten, Teltow, Werder (Havel),
Trebbin und Cottbus - von Freiwilligen durchgeführt. Dabei wird der
Wahlablauf natürlich nicht gestört. Die freiwilligen Wahlbeobachter
werden anhand einer Checkliste vorgehen, die auf den Erfahrungen der
bisherigen Beobachtungen beruht und sich an internationalen
OSZE-Standards orientiert. \[2\]
“Wir beobachten mit Erstaunen, dass in den brandenburgischen Gemeinden
weiterhin unverzagt diese Risikotechnologie eingesetzt wird. Nicht
einmal die Komplettabschaffung der NEDAP-Wahlcomputer in den
Niederlanden scheint den Verantwortlichen zu denken zu geben”,
kommentierte CCC-Sprecher Dirk Engling die Situation.
Das Bundesverfassungsgericht wird in absehbarer Zeit über die
Wahlprüfungsbeschwerde gegen den Einsatz von Wahlcomputern bei der
Bundestagswahl 2005 entscheiden. Das Ende des Wahlcomputereinsatzes in
Deutschland steht also vielleicht bald zu erwarten. Das brandenburgische
Innenministerium zeigt dennoch eine erstaunliche Ignoranz gegenüber der
aktuellen breiten Diskussion über die Risiken und Gefahren von
Wahlcomputern. So verzichtet Brandenburg anders als Hessen auf
Probewahlen, die belegen sollen, dass die Computer einwandfrei arbeiten.
“Die in Hessen zur Wählerberuhigung verordneten Testwahlen fallen in
Brandenburg vollständig aus. Die Risiken der Wahlcomputerbenutzung
werden vom Innenministerium systematisch heruntergespielt”, kommentierte
Dirk Engling, CCC-Sprecher.
Die Stadt Bernau (bei Berlin) entschied sich erstmals dafür, die
umstrittenen NEDAP-Systeme bei den Kommunalwahlen einzusetzen. Die
örtliche Wahlleiterin Heike Jura verklärte die verwendeten Wahlcomputer
zu bloßen Geräten: "Die Wahlbehörde möchte ausdrücklich darauf
hinweisen, dass es sich bei den Geräten nicht – wie umgangssprachlich
häufig fälschlicher Weise geäußert – um 'Wahlcomputer' handelt, sondern
wie bereits erläutert um Stimmenzählgeräte, welche nicht an das
allgemeine Computernetz angeschlossen sind, sondern mit
Stimmenspeichermodulen arbeiten." \[3\]
“Es herrscht offenbar völlige Ahnungslosigkeit bei den kommunalen
Verantwortungsträgern. Selbstverständlich sind die NEDAP-Systeme
vollwertige Computer, deren Software manipuliert werden kann”, sagte
CCC-Sprecher Dirk Engling.
Auch die Stadt Cottbus, in der sich die Stadtverordneten zunächst gegen
die Wiederholung des Wahlcomputer-Experiments ausgesprochen hatten, wird
nochmals geleaste NEDAP-Computer einsetzen. Die Stadt Wittenberge
hingegen nahm das berechtigte Misstrauen, die undurchsichtige
Kostenstruktur und die negativen Erfahrungen mit den Wahlcomputern zum
Anlass, auf die intransparente Computerwahl wieder zu verzichten. Die
Rückkehr zur bewährten Wahl mit Stift und Papier verdanken die
Wittenberger Bürger ihrem neuen Oberbürgermeister.
Der CCC ruft alle am Fortbestand vertrauenswürdiger Wahlen
Interessierten auf, an den Wahlbeobachtungen teilzunehmen und die
Verantwortlichen in den Gemeinden zu befragen, woher sie ihr
grenzenloses Vertrauen in Wahlcomputer nehmen.
### Links und weiterführende Informationen
- \[1\] Bitte meldet Euch bei: wahlcomputer \[at\] ccc.de
- \[2\] Checkliste für Wahlbeobachtungen:
[](http://wahlcomputer.ccc.de/wahlbeobachten/CCC-wahlbeobachten.pdf)
- \[3\]
[](http://www.info-bernau.de/jobernau07/index.php?option=com_content&task=blogsection&id=286&Itemid=331)
- Weiterführende Informationen: [](http://wahlcomputer.ccc.de/)
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