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title: Chaos Computer Club fordert Informationsfreiheit im Netz
date: 2010-12-07 14:46:00 
updated: 2010-12-09 01:40:38 
author: 46halbe
tags: update, pressemitteilung

Die weltweit heftigen Reaktionen staatlicher und privatwirtschaftlicher Stellen auf Aktivitäten der Plattform Wikileaks zur Förderung einer maschinenlesbaren Regierung sind für den Chaos Computer Club (CCC) Anlaß zur Sorge um die Informationsfreiheit im Internet. Die Publikationen von Wikileaks entsprechen dem Grundsatz der Hackerethik nach freier Verfügbarkeit von staatlichen Informationen als Basis einer demokratischen Gesellschaft.

<!-- TEASER_END -->

Anders als Menschen haben staatliche Stellen gerade keine Privatsphäre,
die es zu schützen gilt, sondern lediglich Geheimnisse. Grundsätzlich
betrachtet der CCC einen Anspruch des Bürgers auf die ihn betreffenden
Informationen und die Transparenz der in seinem Namen erfolgenden
staatlichen Aktivitäten als begründet. Die Doppelzüngigkeit der
Regierenden wird nicht nur in den veröffentlichten Depeschen deutlich,
sondern auch in ihrer Haltung zur Informationsfreiheit.
[\[1\]](http://www.state.gov/secretary/rm/2010/01/135519.htm)

"Die westlichen Regierungen treten für die Informationsfreiheit immer
nur dann ein, wenn es andere Länder betrifft. Sobald es jedoch um mehr
als nur Lippenbekenntnisse geht, sobald Daten publiziert werden, die
ihre eigenen Heimlichkeiten und Hinterzimmerdeals betreffen, handeln sie
offenbar genauso undemokratisch, wie die Staaten, die sie sonst
öffentlich lauthals verurteilen", sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der CCC verurteilt daher aufs schärfste jegliche Eingriffe in die
weltweite Informationsinfrastruktur zum Zwecke der Zensur und
politischen Unterdrückung von Informationen. \[2\] Regierungen, etwa in
den USA und in Frankreich, haben ihre Exekutive angewiesen, "irgendeinen
Weg" zu finden, die Verbreitung der ungeliebten Inhalte im und vom
eigenen Land aus zu verhindern. Offenbar nach politischem Druck haben
US-amerikanische Dienstleister wie Amazon ihre technische Unterstützung
für Wikileaks eingestellt.

Demgegenüber ist es sehr zu begrüßen, daß einige deutsche
Internet-Provider ihren Kunden keine Steine in den Weg legen, wenn sie
eine Kopie der Wikileaks-Daten bereitstellen wollen. Denn
Internet-Provider sollen und dürfen, genau wie die Post, Angebot und
Transport beliebiger Inhalte nicht verhindern. Der CCC ruft dazu auf,
diese Freiheit zu nutzen und fordert gleichzeitig die deutschen und
europäischen Internet-Anbieter auf, sich nicht von ungesetzlichen
Drohungen einschüchtern zu lassen.

Auch die unrechtmäßige Beschränkung von Zahlungswegen wie Paypal, Visa
oder Mastercard, die für den Betrieb von freien Informationsdiensten
nötig sind, ist nicht hinnehmbar. Sie sind ein deutlicher Hinweis
darauf, daß die US-amerikanische Monopolstellung für
Online-Zahlungsmethoden als offensives Mittel der Zensur eingesetzt
wird.

"Der Kampf um Wikileaks ist eine wichtige Auseinandersetzung um die
Zukunft der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz. Wir rufen daher
dazu auf, Wikileaks alle technische Unterstützung zukommen zu lassen, um
diese Schlacht zu gewinnen. Wir müssen den Regierungen verdeutlichen,
daß sie mit undemokratischen Methoden der Informationsunterdrückung
nicht durchkommen werden", faßte CCC-Sprecher Müller-Maguhn zusammen.

Die Verbreitung der von Wikileaks veröffentlichten Dokumente stellt nach
Auffassung des CCC einen legitimen Akt der öffentlichen Meinungsbildung
dar und ist eine Wahrnehmung des Grundrechts auf Publikationsfreiheit.
Besorgnisserregend ist daher, daß die US-Regierung allen staatlichen
Behörden und deren Mitarbeitern und sogar in der Congress-Bibliothek den
Zugriff auf die Depeschen verwehrt.

Ähnlich wie in Deutschland hat die Redefreiheit in den USA
Verfassungsrang und steht dort im ersten Verfassungszusatz. In
Deutschland garantiert der Artikel 5 des Grundgesetzes, daß jeder das
Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu
unterrichten.

 

**Links und weiterführende Quellen:**

\[1\] Hillary Clinton on [Internet
Freedom](http://www.state.gov/secretary/rm/2010/01/135519.htm), the
first amendment and open internet when it was about other countries:

"On their own, new technologies do not take sides in the struggle for
freedom and progress. But the United States does. We stand for a single
internet where all of humanity has equal access to knowledge and ideas.
And we recognise that the world's information infrastructure will become
what we and others make of it.

This challenge may be new, but our responsibility to help ensure the
free exchange of ideas goes back to the birth of our republic. The words
of the first amendment to the constitution \[guaranteeing freedom of
speech\] are carved in 50 tons of Tennessee marble on the front of this
building. And every generation of Americans has worked to protect the
values etched in that stone."

\[2\] **Artikel 5 Grundgesetz** (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung
in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus
allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und
Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

\[3\] [Mass-Mirroring Wikileaks](http://46.59.1.2/mass-mirror.html)