summaryrefslogtreecommitdiff
path: root/updates/2011/ende-VDS.md
blob: 948966ff2bb72bb682e9795e6d3031e313f37d57 (plain)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
title: Ausstieg aus der verdachtslosen Datenspeicherung jetzt!
date: 2011-07-24 20:34:00 
updated: 2011-07-28 16:30:42 
author: office
tags: update, pressemitteilung
previewimage: /images/ip-vds.jpg

Der Chaos Computer Club e. V. (CCC) fordert nach dem erfreulichen Ende der politischen Irrläuferprojekte Netzsperren, Elena und Nacktscanner, nun auch die Vorratsdatenspeicherung endlich zu den Akten zu legen.

<!-- TEASER_END -->

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Einführung der präventiven
Speicherung aller Kommunikationsdaten verworfen und für
verfassungswidrig erklärt, dabei die Schwere des Eingriffs in die
Freiheitsrechte der Bürger betont. Seit dem Urteil nahm der politische
Zank kein Ende, für die reaktionären Hardliner ist die lange
Urteilsbegründung wohl doch zu schwer zu verstehen. Den offenkundigen
Gefahren und Nebenwirkungen der Vorratsdatenspeicherung oder gar einer
inhaltlichen Evaluierung des Vorhabens verschließen sie sich weiterhin.
Der zwischenzeitlich veröffentlichte europäische Evaluierungsbericht zur
VDS-Richtlinie konnte wie erwartet keine Beweise aufzeigen, daß die
Vollüberwachung der Bürger einen adäquaten Mehrwert für Strafverfolger
bedeuten würde.

Dennoch sollen nun nach dem Willen der Koalition die
Internet-Verbindungsdaten zwangsweise gespeichert werden. Der AK
Vorratsdatenspeicherung verschickte daher gemeinsam mit vierzehn
Personen aus Zivilgesellschaft, Netzgemeinde, Journalismus, Recht,
Wissenschaft und CCC an die FDP-Bundestagsmitglieder einen offenen Brief
[\[2\]](http://ccc.de/system/uploads/71/original/ip-vds.pdf) mit der
Aufforderung, den neuen Vorschlägen zur Einführung einer verdachtslosen
Speicherung aller IP-Adressen die Zustimmung zu verweigern.

Nachdem sich kein einziger FDP-Abgeordneter die Mühe machte, eine
Antwort auf die elektronische Fassung des Briefes zu schicken,
[\[0\]](http://www.internet-law.de/2011/07/die-fdp-antwortet-nicht.html)
wurden die Briefe in dieser Woche nun in papierner Form versendet.
Gerade auf die zukünftigen Gefahren verweist der Brief:

"Der Vorschlag einer Vorratsspeicherung von IP-Adressen läßt vollkommen
die technische Entwicklung außer Acht. Mit der ab Ende 2011 geplanten
Umstellung des Internets auf das neue Adreß-System 'IPv6' droht die
individuelle Verfolgbarkeit jedes unserer Online-Schritte über lange
Zeiträume hinweg", heißt es in dem offenen Brief an die Abgeordneten.

Jede Form der anlaßlosen Anhäufung von Daten gehört beendet. Denn wie
massenweise Telekommunikationsdaten aufgrund vager Verdachtsmomente
mißbräuchlich gesammelt, verknüpft und ausgewertet werden, zeigt der
sich seit Wochen hinziehende sog. "Handygate"-Skandal in Dresden. Jüngst
wurde zugegeben, daß in 40.700 Fällen Demonstrationsteilnehmern und
Anwohnern mißbräuchlich hinterhergeschnüffelt wurde.
[\[3\]](http://www.taz.de/Dresdner-Datenaffaere/!75041/) Die offenbar
schon routiniert durchgeführten Handyausspähungen drohen bei einer
neuerlichen Einführung präventiver Datenspeicherungen uferlos zu werden.

"Auch im Kontext des nicht nur behördlich festgestellten niedrigen
Sicherheitsniveaus der Polizei- und Ermittlungsbehörden und der
britischen Datenskandale bei Telefon-Providern ist das Prinzip der
Datenvermeidung konsequent anzuwenden. Es kann nicht sein, daß
weitflächige Erfassungen von Mobilfunknutzung hierzulande mal kurz durch
die Deutung einer Sachlage durch Polizeibeamte veranlaßt wird", sagte
CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn und ergänzte: "Die Mißbrauchsgefahr der
bei der Vorratsdatenspeicherung anfallenden
Daten ist real." [\[4\]](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Verhaftung-und-weitere-Drohungen-im-Fall-der-Polizei-Hacker-1280743.html)

In Europa haben bereits mehrere höchste Gerichte die
Vorratsdatenspeicherung verworfen, zuletzt im März in Tschechien, wo 51
Abgeordnete erfolgreich geklagt hatten. Selbst die Jusos und einige
SPD-Mitglieder arbeiten an der Wiedererlangung der
Glaubwürdigkeit ihrer Partei und verlangen nun das Ende der
Vorratsdatenspeicherung, auch wenn ihr Parteivorsitzender sich dazu noch
nicht durchringen mochte.
[\[1\]](http://www.internet-law.de/2011/07/die-fdp-antwortet-nicht.html)

Ungeheuerlich ist für den CCC nach wie vor, wie die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts de facto ignoriert wird und der Eindruck
entsteht, man warte nur den nächsten Vorfall ab, der sich zu einer
Begründung für die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung hinbiegen
läßt. Dem Vertrauen in die Rechtsordnung ist ein solches Vorgehen nicht
zuträglich, deshalb: das Konzept der Vorratsdatenspeicherung
jetzt endgültig begraben!

Links:

\[0\] [Die FDP antwortet
nicht](http://www.internet-law.de/2011/07/die-fdp-antwortet-nicht.html)

\[1\] Ismail Ertug, SPD-EU-Parlamentarier: [Nein zur
Vorratsdatenspeicherung](http://www.ertug.eu/91news_de.php?wpf_news_id=121#news121)

\[2\] [Offener
Brief](http://ccc.de/system/uploads/71/original/ip-vds.pdf) (pdf) an die
FDP-Abgeordneten: Intelligente Strategien für ein sicheres Netz –
IP-Vorratsdatenspeicherung stoppen!

\[3\] [Die Polizei wird
persönlich](http://www.taz.de/Dresdner-Datenaffaere/!75041/)

\[4\] [No Name Crew hackt
Bundespolizei](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Verhaftung-und-weitere-Drohungen-im-Fall-der-Polizei-Hacker-1280743.html)

\[5\] [Verräterisches
Handy](http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten)