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title: Kulturwertmark
date: 2011-04-25 22:43:00 
updated: 2012-02-13 11:55:26 
author: admin
tags: update, pressemitteilung, kulturwertmark

Der Chaos Computer Club (CCC) will der festgefahrenen Diskussion um die zukünftige Gestaltung einer gerechten Bezahlung für Kreative neues Leben einhauchen. Wir schlagen die Einführung eines neuen Konzeptes vor: die Kulturwertmark.

<!-- TEASER_END -->

**Chaos Computer Club schlägt zeitgemäßes Vergütungsmodell für Kreative
vor**

Die aktuelle Debatte um die Finanzierung von Kunst und Kultur im
digitalen Zeitalter ist festgefahren. Es fehlte bisher ein Konzept, das
zwei Ziele verbindet: Zum einen soll in Zukunft schöpferische Tätigkeit
materiell gerecht entlohnt werden. Zum anderen sollen Werke allgemein
zugänglich und kreativ weiterverwendbar sein, ihre Verwendung und
Archivierung nicht durch DRM (Digital Rights Management) behindert
werden.

Zukünftig soll der Nutzer der Werke mit Hilfe des
Kulturwertmark-Systems, einer Form des digitalen Micropayments, direkt
bestimmen können, welche Kreativen wieviel Geld von ihm bekommen. Jeder
Teilnehmer zahlt einen festen monatlichen Betrag ins System ein, den er
dann in Form von Kulturwertmark an Künstler seiner Wahl vergeben kann.
Als Ausgleich stehen die Werke nach einigen Jahren oder nach  Erreichen
einer bestimmten Kulturwertmark-Auszahlsumme jedem zur
nicht-kommerziellen Nutzung zur Verfügung.

Bisherhige Ideen wie die Kulturflatrate erschweren die Bildung einer
Marktdynamik, die für eine breite Akzeptanz nötig ist. Da jeder
Teilnehmer seine Kulturwertmark an die Künstler geben kann, die er toll
findet, gibt es keine zentrale Vergabebehörde – wie sie bei einer
Kulturflatrate notwendig wäre – und niemand muß sich Kriterien für den
Wert eines Werkes ausdenken. Wer besonders gute, breit akzeptierte Werke
schafft, wird auch entsprechend mehr belohnt.

Dadurch wird ein alternativer neuer Markt für digitale Werke entstehen,
der eine direkte Bezahlung für Urheber vorsieht. Gleichzeitig wird eine
wachsende digitale Allmende geschaffen. Damit das System die gewünschte
Wirkung zeigt und ein hinreichend großes Volumen erreicht, könnte
beispielsweise jeder Nutzer durch einen Zuschlag zum
Internet-Breitbandanschluß beteiligt werden, den er dann in Form von
anonymen Micropayment-Einheiten, den Kulturwertmark, zum Belohnen von
Werken seiner Wahl zurückerhält.

"Das Konzept der Kulturwertmark nutzt auf intelligente Weise die
aktuellen technologischen Möglichkeiten, um sinnvolle Lösungen für die
direkte Bezahlung von schöpferisch Tätigen zu realisieren", erläuterte
CCC-Sprecher Frank Rieger den Vorstoß. "Wir wollen raus aus den
Grabenkriegen, in denen die Diskussionen bisher feststecken, hin zu
einem zeitgemäßen, praktikablen Interessenausgleich."

Das Kulturwertmark-System ist in zweijähriger Diskussion mit
Schriftstellern, Filmemachern, Malern, Podcastern, Galeristen und
Journalisten entstanden und darauf ausgelegt, eine möglichst breite
Vielfalt von schöpferischer Tätigkeit zu belohnen. Im Vordergrund stehen
dabei die tatsächlichen Interessen der Kreativen. Die Basis für das
Kulturwertmark-System soll von einer Stiftung als Open-Source-Software
realisiert werden, so daß sie in Zukunft auch in anderen Ländern
verwendet und weiterentwickelt werden kann.

Im Rahmen des fairen Ausgleichs zwischen allen Interessensgruppen sind
eine Reihe von grundlegenden Änderungen an den bestehenden
Urheberrechtsmodellen notwendig. Insbesondere müssen Schutzfristen
deutlich verkürzt und die straf- und zivilrechtliche Verfolgung von
Filesharing und privaten Kopien auf kommerzielle – also auf
profitorientierte Gewinnerzielung zielende – Verstöße beschränkt werden.
Ebenso sollen die verwerterorientierten Prämissen des derzeitigen
Urheberrechts überwunden und ein angemessener Ausgleich zwischen
Autoren- und Rezipientenrechten erzielt werden. Dafür erhalten die
Kreativen in Deutschland die Möglichkeit, an einem riesigen neuen Markt
mit garantiertem Mindestvolumen teilzunehmen und die Gewissheit, dass
ihre Werke auch in Zukunft zugänglich und rezipierbar bleiben.

"Mit der Kulturwertmark wird gleichzeitig die gerechte Entlohnung von
Kreativen gesichert, die sinnlose Verfolgung des privaten,
nicht-kommerziellen Filesharing beendet und eine deutliche Vergrößerung
der digitalen Allmende erreicht", fasste CCC-Sprecher Frank Rieger die
Vorteile des Systems zusammen.

Ernstgemeinte Vorschläge für einen griffigeren Namen als
"Kulturwertmark" nimmt der CCC selbstverständlich gern entgegen.

 

**Links**:

FAQ: [Fragen und Antworten zur
Kulturwertmark](http://ccc.de/de/faq-kulturwertmark)

iRights.info News: <http://irights.info/?q=ccc-kulturwertmark>

Konzeptpapier als PDF:
<http://irights.info/userfiles/CCC_Konzept_Kulturwertmark.pdf> oder
alternativ
[hier](http://ccc.de/system/uploads/65/original/kulturwertmark-neu.pdf)

Konzeptpapier: <http://irights.info/?q=ccc-konzept-kulturwertmark>

 

**Das Konzept**:

1\. Jeder Teilnehmer am System zahlt monatlich einen allgemein
festgelegten Betrag. (In der radikalsten Variante wird der Betrag von
allen Steuerpflichtigen erhoben. Realistisch ist für den Anfang die
Erhebung über den Internetzugang.)

2\. In Höhe dieses Betrages erhält jeder Teilnehmer Einheiten einer
kryptographisch gesicherten Micropayment-Währung, der Kulturwertmark.

3\. Jeder Künstler, der am System teilzunehmen wünscht, registriert sein
Werk für die Teilnahme.

4\. Nutzer können nun auf einfache Weise einen Betrag in Kulturwertmark
ihrer Wahl für das Werk an den Künstler transferieren. Sie erwerben
damit keine persönlichen Rechte an dem Werk, sondern drücken ihre
Wertschätzung aus. Es steht dem Künstler natürlich frei, beispielsweise
für den Download eines Werkes von seiner Seite einen bestimmten Betrag
der Kulturwertmark festzusetzen. Alternativ kann die Möglichkeit zum
Ausgeben der Kulturwertmark in Werke integriert werden, die dann völlig
außerhalb der Kontrolle des Künstlers getauscht oder per Filesharing
weitergegeben werden können. Der Künstler erhält das Euro-Äquivalent der
für ein Werk gezahlten Kulturwertmark in regelmäßigen Abständen
ausgezahlt.

5\. Wird ein zuvor festgelegter Schwellwert erreicht, fallen die
Verwertungsrechte für das Werk automatisch in den Besitz der
Öffentlichkeit und stehen fortan unter einer freien Lizenz,
beispielsweise einer geeigneten Variante aus dem
Creative-Commons-Fundus.

6\. Beträge, die von den Teilnehmern innerhalb eines bestimmten
Zeitraumes (etwa ein Jahr) nicht ausgegeben werden, werden automatisch
entsprechend aller vergebenen Beträge verteilt. Es gibt also eine
vorhersehbare Menge Geld, die pro Jahr tatsächlich verteilt wird.

7\. Als Gegenleistung für diesen de facto garantierten Mindestumsatz
wird das bisherige Urheberrecht deutlich zugunsten der Rezipienten
geändert. Exzessiv lange Schutzfristen werden verkürzt, die zivil- und
strafrechtliche Verfolgung nicht-kommerziellen Filesharings wird
eingestellt.

Im Ergebnis entsteht ein zweiter Markt für Kunst- und Kulturwerke, der
mit minimalem Bürokratie-Überhang zum einen ein sinnvolles Auskommen für
Künstler ermöglicht, zum anderen dabei den Marktkräften noch vollen Raum
zur Entfaltung lässt und schlussendlich eine fortlaufend wachsende
digitale Allmende schafft, die allen zur Verfügung steht.