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title: Konstruktive Ideen statt Nutzerverfolgung
date: 2012-05-20 21:01:00 
updated: 2012-05-21 00:20:46 
author: remission
tags: update, pressemitteilung

Am heutigen Montag setzt sich der Unterausschuß Neue Medien des Deutschen Bundestags in einem öffentlichen Sachverständigengespräch mit derzeit heftig umstrittenen Fragen der Zukunft der Urheberverwertungsrechte auseinander.

<!-- TEASER_END -->

Für den Chaos Computer Club (CCC) wird Frank Rieger am Expertengespräch
teilnehmen. Gern veröffentlichen wir hier die schriftlichen Fragen des
Ausschusses und die Antworten des CCC. \[0\]

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Im Fokus soll das Thema "Vermarktung und Schutz kreativer Inhalte im
Internet" stehen. Diskutiert werden jedoch ausweislich der schriftlichen
Fragen an die geladenen Experten vornehmlich "Warnmodelle". Diese
Modelle sehen Warnschreiben – etwa als E-Mails – vor, die vermeintliche
Urheberrechtsverletzer eindringlich über drohende drastische Strafen und
über die Folgen ihres Handelns informieren sollen. Die dabei erhobenen
Daten sollen dann für kostenpflichtige Abmahnungen genutzt werden. Die
Internetanbieter würden zu Hilfssheriff-Diensten genötigt.

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Der Fragenkatalog zur Sitzung des Ausschusses klammert entscheidende
Bereiche bei Vermarktungs- und Schutzfragen aus. Konstruktive Ansätze,
wie moderne Verwertungs- und Bezahlmodelle, die in Zukunft einen
sinnvollen Ausgleich schaffen können, waren kaum der Rede wert. Die
Ausrichtung der Fragen orientiert sich einseitig an den derzeitigen
Geschäftsmodellen und Paradigmen der Inhalteanbieter. Nutzer- und
Künstlerinteressen werden nur beiläufig erwähnt. Auf dieser Basis ist
eine zielführende Diskussion kaum möglich.

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Die diversen Warn- und "vorgerichtlichen Mitwirkungs"-Modelle dienen im
Kern einer Optimierung der mißbräuchlichen Filesharing-Abmahnindustrie.
Ein progressiver, die festgefahrenen Schützengräben der aktuellen
Urheberrechtsdebatte einreißender Ansatz kann aber nur darin liegen,
privates Filesharing konsequent zu entkriminalisieren, die
Abmahnungsindustrie auszutrocknen, das Angebot an legalen,
benutzerfreundlichen Bezahl-Alternativen zu stärken und Wege zu suchen,
wie durch moderne Vergütungsmodelle etwaige Einkommenseinbußen bei den
Kreativen ausgeglichen werden können. Der CCC hat dazu mit der
Kulturwertmark ein Diskussionsvorschlag auf den Tisch gelegt. \[1\]

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Das Beharren auf dem Status Quo bei gleichzeitiger Verschärfung des
Drucks auf die Nutzer wird nicht zu einer tragbaren Lösung führen. Im
Gegenteil ist bei Umsetzung der vorgeschlagenen Warnmodelle eine weitere
Radikalisierung und Eskalation der derzeitigen Urheberrechtsdiskussion
zu erwarten. Forderungen nach grundsätzlicher Abschaffung des
Urheberrechts, die derzeit noch eine seltene Mindermeinung sind, werden
durch solche immer neuen repressiven Maßnahmen nur befördert und
verstärkt. Eine Diskussion im Unterausschuß Neue Medien, die sich in
weiten Strecken an der Agenda der Verwerter
oder Wiederverkäufer orientiert, wird daher bei vielen Nutzern und
Kulturliebhabern zu Recht als wenig relevant und schon im Ansatz zum
Scheitern verurteilt angesehen.

 

Links:

\[0\] [Antworten des CCC auf die Fragen des Unterausschusses Neue
Medien](http://www.ccc.de/system/uploads/119/original/UA-neueMedien-2strikes.pdf "Antwort CCC Unterausschuss Neue Medien")

\[1\]
[Kulturwertmark](http://www.ccc.de/de/updates/2011/kulturwertmark "Kulturwertmark")

\[2\] [Tagesordnung der Anhörung im Unterausschuß Neue
Medien](http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a22/a22_neue_medien/oeffentliche_Sitzungen/22_kreative_inhalte/tagesordnung.pdf "Tagesordnung")