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title: Staatstrojaner-Überprüfung durch Schaar abgeschlossen
date: 2012-09-10 16:49:00 
updated: 2012-09-10 17:15:57 
author: 46halbe
tags: update, pressemitteilung

Wie heute bekannt wurde, hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar seine Prüfung über den Einsatz und die rechtlichen Grauzonen des Staatstrojaners beendet. Er bestätigt die Analyse des Chaos Computer Clubs (CCC) und mahnt ebenfalls Verbesserungen an. Die Ermittlungsbehörden, der Finanz- und der Innenminister geben dem CCC zwar in allen Kritikpunkten recht, sehen aber dennoch keine Notwendigkeit zum Handeln.

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Dem CCC wurde ein Schreiben zugespielt, in dem Schaar abschließend
Stellung zu seinen Erkenntnissen im Rahmen der Staatstrojanerprüfung
bezieht. Der CCC stellt das Papier zum Download zur Verfügung. \[1\]
Schaar hatte nach der Veröffentlichung des CCC im Oktober 2011 \[3\] mit
Ausnahme der Geheimdienste alle Bundesbehörden überprüft, die staatliche
Spionagesoftware einsetzen.

Das Innenministerium hält nach dem Bericht daran fest, die untaugliche
Verschlüsselung des Staatstrojaners weiterhin als "geeignet" zu
bezeichnen, räumt allenfalls "Optimierungsspielraum" ein. Weiterhin soll
auch in Zukunft der Quellcode weder für die Behörden selbst noch für
Schaars Prüfbehörde einsehbar sein.

"Hier kommt eine erstaunliche Kritikunfähigkeit seitens der Behörden und
des Ministeriums zum Ausdruck, denen nicht weniger als die Sicherheit
und Privatsphäre der Bevölkerung anvertraut ist. Wo sowohl gesetzlich
als auch technisch erheblich nachgebessert werden müßte, verschanzt sich
Innenminister Hans-Peter Friedrich hinter einem trotzigen 'Weiter so!'",
sagte Dirk Engling, Sprecher des CCC.

Für den Bericht hätte Peter Schaar naturgemäß Einsicht in den Quellcode
nehmen müssen. Die Trojaner-Herstellerfirma Digitask erdreistete sich
jedoch, dem Bundesdatenschutzbeauftragten nur dann Einsicht zu gewähren,
sofern er eine Vereinbarung zum Stillschweigen unterzeichnen sowie 1.200
Euro pro Prüfungstag als "Beratungsdienstleistung" bezahlen würde.
Schaar lehnte mit Verweis auf seine Pflichten als staatlicher
Kontrolleur selbstverständlich ab.

Damit wurde eine unabhängige Beurteilung durch den
Datenschutzbeauftragten faktisch verhindert. Hier zeigt sich das
Erpressungspotential durch das Outsourcen von hoheitlichen Aufgaben an
private, keiner effektiven Kontrolle unterliegenden Firmen.

Es hat die beteiligten Behörden zehn Monate gekostet, sich den vom CCC
vorgebrachten Feststellungen zum Staatstrojaner vollumfänglich
anzuschließen. Überraschenderweise zieht jedoch das BMI ganz andere
Schlußfolgerungen aus den nun mehrfach bestätigten Fakten. Insbesondere
hält es die in Anfängermanier zusammengestoppelte Absicherung der
Kommunikation zwischen Staatstrojaner und Kontrollcomputer weiterhin für
ausreichend.

"Damit wird weiterhin in Kauf genommen, daß staatliche Trojaner nicht
effektiv kontrolliert und somit auch von Dritten zur Ausspähung und
Manipulation von Daten benutzt werden könnten", sagte Dirk Engling,
Sprecher des Chaos Computer Clubs.

Das BKA und der Zollfahndungsdienst hatten in den vergangenen Jahren in
mehreren Fällen monatelang staatliche Spionagesoftware eingesetzt. Die
Anzahl der Betroffenen ist unbekannt.

Links:

\[1\] Brief von Peter Schaar an den Innenausschuß des Deutschen
Bundestages:
<http://www.ccc.de/system/uploads/122/original/Schaar-Staatstrojaner.pdf>

\[2\] Schaar-Bericht vom Januar 2012:
<http://www.ccc.de/de/updates/2012/schaar-bericht>

\[3\] Chaos Computer Club analysiert
Staatstrojaner: <http://www.ccc.de/updates/2011/staatstrojaner>