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title: Gutachten unterstreicht Untauglichkeit der De-Mail für rechtsverbindliche Kommunikation
date: 2013-04-14 20:53:00 
updated: 2020-05-01 00:43:45 
author: erdgeist
tags: update, pressemitteilung

Am Montag findet eine Anhörung zum elektronischen Rechtsverkehr im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages statt. [4] Der Chaos Computer Club (CCC) veröffentlicht seine Stellungnahme zum Gesetzentwurf, in der er begründet, warum der Einsatz von De-Mail keine technisch geeignete Maßnahme ist.

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Um für mehr geschützten elektronischen Verkehr mit seinen Bürgern zu
sorgen, versucht der Rechtsausschuß am 15. April 2013 zu ergründen, ob
das Konzept der sogenannten "De-Mail" zur rechtsverbindlichen
Kommunikation taugt. Es wird der altbekannte Trick versucht: Statt die
naheliegende Idee zu verfolgen, das technisch deutlich angemessenere
Verfahren der qualifizierten elektronischen Signatur zu benutzen, soll
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einer einfachen De-Mail der
Beweiswert einer qualifizierten elektronischen Signatur zugesprochen
werden.

Das Cloud-Produkt De-Mail soll offenbar den Makel der Kostenfreiheit
beseitigen, der E-Mails aus Sicht der gelben Post und einiger deutschen
Freemail-Anbieter schon lange anhaftet. Einer der Hebel, mit deren Hilfe
die Bevölkerung endlich zur Nutzung des Verfahrens bewegt werden soll,
ist die geplante Verpflichtung zur Nutzung von De-Mail in der
Kommunikation mit Behörden und Gerichten. In Zukunft soll jeglicher
elektronischer Briefverkehr mit und innerhalb von Behörden und Gerichten
in Deutschland nur noch über das absichtlich zu normaler E-Mail
inkompatibel gehaltene Protokoll stattfinden.

Doch die De-Mail hat grundsätzliche Probleme: Bereits in vorangehenden
Stellungnahmen zur De-Mail \[2\], \[3\] wurde von Seiten des CCC
festgestellt, daß die Bundesregierung wider besseren Wissens auf
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und Zertifikate in Nutzerhand verzichtet,
wodurch die De-Mail kein höheres Sicherheitsniveau als eine herkömmliche
E-Mail aufweist.

Was im Falle der Verschlüsselung schon eine katastrophale Entscheidung
ist, wird bei der beweisfesten Kommunikation zum vollendeten Desaster:
Anstelle der Nutzer sollen deren De-Mail-Provider die Inhalte von
De-Mails signieren und ihnen dadurch Beweiskraft verleihen. Eine per
De-Mail versendete Nachricht soll so den gleichen juristischen Wert wie
ein unterschriebenes Dokument bekommen. Für den Bürger reicht dann der
Verlust seines Mobiltelefons mit den De-Mail Zugangsdaten für den
sprichwörtlichen Kauf einer Waschmachine.

Linus Neumann, Sachverständiger des CCC im Rechtsausschuß, erklärt dazu:
"Es ist unerklärlich, wie ein solch offensichtlich untaugliches Werkzeug
qua Gesetz die Salbung des Tauglichen erhalten soll. Statt einer
qualifizierten elektronischen Signatur soll nun mit De-Mail
unqualifizierte elektrische Makulatur staatlich verordnet werden."

Per Gesetz soll festgelegt werden, daß nicht mehr die eigene
Unterschrift, sondern die von einer Software in der Verfügungsgewalt des
E-Mail-Anbieters zählt. Die Anbieter können darüberhinaus alle Inhalte
mitlesen. Wieder einmal wird statt einer soliden e-Government-Strategie
kurzsichtige Wirtschaftsförderung zugunsten einiger weniger Unternehmen
betrieben – auch wenn dabei Rechtssicherheit und der Schutz der Bürger
auf der Strecke bleiben.

**Links**:

-   \[1\] Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Förderung des
    elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten
    <http://ccc.de/system/uploads/128/original/demail_april2013.pdf>
-   \[2\] Stellungnahme zum Gesetz zur Förderung der elektronischen
    Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften, 2013:
    <http://ccc.de/system/uploads/126/original/stellungnahme-demail2013.pdf>
-   \[3\] Stellungnahme: Sichere und vertrauenswürdige elektronische
    Kommunikation via De-Mail, 2011:
    <http://www.ccc.de/system/uploads/64/original/CCC-de-mail-2011.pdf>
-   \[4\] Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses am Montag, 15.
    April 2013, 14 Uhr: Elektronischer Rechtsverkehr:
    <http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/43_Elektronischer_Rechtsverkehr/index.html>