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title: Britischer Geheimdienst GCHQ wegen Massenüberwachung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
date: 2013-10-03 16:55:00 
updated: 2013-10-17 16:02:04 
author: hukl
tags: update, pressemitteilung

Drei der bekanntesten britischen NGOs haben heute bekanntgegeben, gegen den britischen Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) wegen illegalen Eingriffs in die Privatsphäre von Millionen britischer und europäischer Bürger Beschwerde eingereicht zu haben.

<!-- TEASER_END -->

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen Big Brother
Watch, die Open Rights Group und die englische Schriftstellervereinigung
PEN zusammen mit der Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC),
Constanze Kurz, gegen die britische Regierung. Sie werfen deren
Geheimdienst vor, rechtswidrig gehandelt zu haben, indem er riesige
Datenmengen des durch Großbritannien durchgeleiteten Internetverkehrs
gesammelt hat, darunter Nachrichten aus sozialen Plattformen und Inhalte
von E-Mails.

Mit den in den vergangenen Wochen durch die Medien bekanntgewordenen
Programmen Prism und Tempora hat das GCHQ die Fähigkeit, mehr als 21
Petabytes an Datensätzen pro Tag zu speichern. Das entspricht 192 mal
der Menge der Inhalte aller Bücher in der British Library.

Die Veröffentlichungen führten sowohl in Großbritannien als auch in der
EU zu ernsten parlamentarischen Bedenken.

Die britische Kanzlei Deighton Pierce Glynn ist von den
Beschwerdeführern mandatiert worden, beauftragt sind Helen Mountfield QC
von Matrix Chambers und Tom Hickman sowie Ravi Mehta von Blackstone
Chambers.

Der Prozeß wird hauptsächlich durch Spenden finanziert. Siehe:
[www.privacynotprism.org.uk](http://www.privacynotprism.org.uk)

**Nick Pickles**, Direktor von Big Brother Watch, sagte: “Die Gesetze
über den staatlichen Zugriff auf Internetdaten stammen aus einer Zeit,
in der es kaum Breitbandanschlüsse gab, und zielten noch auf
kupferbasierte Telefonleitungen ab. Das Parlament hatte damals nicht
vorausgesehen und nicht die Absicht, das Abschöpfen der Details und
Inhalte von jeder Kommunikation zu erlauben, daher ist es vollkommen
richtig, GCHQ für seine Praktiken vor Gericht zu bringen.”

**Jim Killock**, Direktor der Open Rights Group, sagte: “Systeme zur
Massenüberwachung sind eine Gefahr für uns alle und erlauben eine
extreme Machtkonzentration bei den Geheimdiensten. Hinzu kommt die
fehlende politische Rechenschaftspflicht und die fehlende gerichtliche
Nachprüfbarkeit. Menschen, die in Großbritannien, Europa, USA oder sonst
irgendwo auf der Welt leben, benötigen Gerichte, um ihre Rechte
durchzusetzen und um einen Prozeß in Gang zu setzen, der das öffentliche
Vertrauen wiederherstellt.”

**Jo Glanville**, Direktor von English PEN, sagte: “Datenschutz ist
heutzutage zwingende Voraussetzung für die Meinungsfreiheit. Aus den
Enthüllungen über das Ausmaß, in dem der GCHQ und die NSA unsere
persönlichen Daten mitlesen, wird klar, daß kein Bürger in
Großbritannien sicher sein kann, daß seine Kommunikation geheim ist.
Wenn diese Klage erfolgreich ist, bin ich sehr zuversichtlich, daß wir
eine effiziente Sicherung unserer Rechte durchsetzen können.”

**Constanze Kurz**, Sprecherin des CCC, sagte: “Als Europäerin möchte
ich wissen, ob die Europäische Menschenrechtskonvention mich und andere
Bürger in Europa vor der massenhaften Überwachung schützt. Das ist ein
grenzüberschreitendes Problem, denn die britischen und amerikanischen
Gesetze enthalten keinerlei Schutz gegen staatliche Überwachung für mich
als Ausländerin.”

**Daniel Carey**, Anwalt in der Kanzlei Deighton Pierce Glynn, welche
die Beschwerdeführer vertritt, sagte: “Wir fordern das Gericht auf
festzustellen, daß die zügellose Überwachung eines Großteils der
europäischen Internetkommunikation durch die britische Regierung und die
dem zugrundeliegenden Gesetze eine Verletzung unseres Rechts auf
Privatsphäre sind. Das ist nichts für die parlamentarische
Geheimdienstkontrolle, sondern ein Fall für den Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte. Wir fordern, den Fall mit hoher Priorität zu
behandeln, so daß er hoffentlich innerhalb einiger Wochen formal bei der
britischen Regierung eingeht. Danach wird der Zeitplan durch das Gericht
festgelegt.”

Die britischen Beschwerdeführer hatten ursprünglich versucht, ihren Fall
einheimischen Gerichten vorzulegen, und am 3. Juli 2013 die britischen
Regierung informiert, den Rechtsweg beschreiten zu wollen. Diese ließ
jedoch verlauten, britische Gerichte würden den Fall nicht bearbeiten.
Stattdessen solle man sich an die parlamentarische Geheimdienstkontrolle
wenden – jenes geheime Gremium, das für Beschwerden über Geheimdienste
zuständig ist und dessen Ergebnisse nicht gerichtlich anfechtbar sind.
Die Verhandlungen vor diesem Geheimgremium sind jedoch der
Öffentlichkeit nicht zugänglich, zudem können sie das Ansinnen der
Beschwerdeführer gar nicht erfüllen: ein neuer gesetzlicher Rahmen, der
die Privatsphäre britischer und europäischer Bürger schützt.

Die Beschwerdeführer wenden sich daher direkt an den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte, der bereits in der Vergangenheit
festgestellt hatte, daß er die Beschwerden direkt behandeln werde, da
das britische parlamentarische Kontrollgremium (IPT) kein geeignete
Stelle dafür sei. Es ist anzunehmen, daß dies die erste Beschwerde zu
den Veröffentlichungen über die Programme Prism und Tempora vor einem
internationalen Gericht ist.

**Hinweis**:

 Twitter-Hashtag: \#privacynotprism

**Weitere Informationen**:

Nick Pickles, Big Brother Watch: +44 07505 448925 or 0207 3406030 /
press(at)bigbrotherwatch.org.uk

Jo Glanville, English PEN: +44 0771 302 0971

Jim Killock, Open Rights Group: press(at)openrightsgroup.org / +44
07894498127 / +44 020 7096 1079

Daniel Carey, Deighton Pierce Glynn: +44 0117 317 8133 / 07815 089526 /
dcarey(at)dpglaw.co.uk

Constanze Kurz, CCC: constanze(at)ccc.de

**Links**:

<https://www.privacynotprism.org.uk/news/2013/10/03/gchq-to-face-european-court-over-mass-surveillance/>