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title: Zugängliche Plattformen und offene Lizenzen für unsere Daten
date: 2013-02-06 23:26:00 
updated: 2013-02-09 14:20:30 
author: 46halbe
tags: update, pressemitteilung, open data

Den Standard endlich auf “Offen” setzen! – Offener Brief an das Bundesministerium des Innern

<!-- TEASER_END -->

Die vom Bundesministerium des Innern (BMI) geplante
Government-Data-Plattform trat an, "für Deutschland ein nachhaltiges
Angebot an frei zugänglichen Verwaltungsdaten für Bürgerinnen und
Bürger, die Wirtschaft und andere Verwaltungseinheiten" bereitzustellen.
\[1\]

Der Erfolg der Plattform und der Open-Government-(Data)-Strategie von
Bund und Ländern hängt maßgeblich davon ab, daß Datensätze zugänglich
gemacht werden, die für potentielle Nachnutzer interessant und relevant
sind. Bis heute sind in Deutschland viele relevante Datensätze gar nicht
oder nicht als offene Daten zugänglich. \[2\] Diese Daten müssen im
Sinne der zehn Prinzipen für offene Daten \[3\] technisch und rechtlich
offen sein, um die Nachnutzung auch zu kommerziellen Zwecken zu
ermöglichen.

In dieser gemeinsamen Erklärung begründen mehr als zehn Vertreter der
deutschen Open-Government-Community, warum die Plattform govdata.de in
der jetzt vorgesehen Form nicht akzeptabel ist.

Die vor kurzem veröffentlichten Rechtemodelle \[4\] für das Portal und
die bisherigen Einblicke in die Plattform zeigen einen Ansatz, der weder
offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards \[5\] ist noch
zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Usability und
Sicherheit. Auch ist bisher nicht ersichtlich, wie man gedenkt, eine
Nachnutzung der Daten aktiv zu fördern und so eine Community rund um das
Datenangebot zur Nachnutzung zu motivieren. Es besteht noch enormer
Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen.

Das vorgeschlagene Lizenzmodell ist eine Insellösung!

Auch wenn das vorgeschlagene Lizenzmodell in seiner Einfachheit besser
als das völlig unbrauchbare GeoLizenzen-Modell \[6\] ist, erschwert es
dennoch über die Maßen die Verbreitung, Weiternutzung und Verschränkung
der Daten. Anstatt auf international etablierte offene Lizenzmodelle
zurückzugreifen wird ein neues Modell "Marke Eigenbau" als Insellösung
geschaffen, das für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt. Daß
entscheidende Begriffe wie "Quellenangabe" nicht bzw. nicht ausreichend
definiert sind, hilft der Nachnutzung ebenfalls nicht.

Eine rechtliche Insellösung wie die hier gewählte bewirkt, daß für die
betroffenen Daten andere rechtliche Vorgaben beachtet werden müssen als
für zahllose andere Datensammlungen weltweit, die sich an internationale
Standards halten. Will man sich als Nachnutzer nicht bewußt in eine
rechtliche Grauzone begegen, müssen also zusätzliche Vorgaben rechtlich
analysiert werden, was die sogenannten "Transaktionskosten" erhöht und
damit zahlreichen Nachnutzungsideen die Realisierbarkeit nimmt. Eine
freie und offene Nutzung der mit Steuergeldern finanzierten Daten ist so
nicht möglich, da die Daten gerade nicht einfach und ohne rechtlichen
Abgleich mit anderen kombiniert werden können. Zwar wird "Big Data"
gerne als Innovationsmotor im Munde geführt, Deutschland geht mit dem
neuen Portal aber in Richtung Daten-Kleinstaaterei. Es wird ein
nationaler, getrennter Datenpool geschaffen, dessen Nutzungsbedingungen
nicht mit internationalen Standardlösungen kompatibel sind.

Den Standard auf "Offen" setzen und Ausnahmen öffentlich begründen!

Geschlossene Daten mögen in sensiblen Bereichen zu rechtfertigen sein,
sie müssen aber die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Deshalb
grenzt es an Irreführung, wenn der Begriff "Open Data" sowohl in der
Fraunhofer-FOKUS-Studie als auch in den Ankündigungen des BMI
hervorgehoben wird, solange es teilnehmenden datenhaltenden Stellen
völlig freisteht, durch Wahl der nicht-kommerziellen Variante der Lizenz
\[7\] die kommerzielle Nachnutzung zu verbieten. Es steht zu befürchten,
daß viele Behörden aus Bequemlichkeit diese Variante einer "Freigabe"
wählen werden, womit alle betroffenen Daten gerade nicht offen
lizenziert und somit eine Kombination mit offenen Daten rechtlich
blockiert wird. Das Gegenteil sollte gelten: Staatliche Organe sollten
begründen müssen, warum durch Steuergelder finanzierte Daten nicht für
alle uneingeschränkt zur Nachnutzung bereitstehen. Das öffentliche
Interesse an freiem Zugang zu staatlichen Informationen wiegt höher als
das Gutdünken einzelner Behörden.

Warum ist das so wichtig? Nur wirklich offene Daten
([www.opendefinition.org](http://opendefinition.org/)) können neben
ihrem gesellschaftlichen Mehrwert auch gefahrlos in solchen Bereichen
genutzt werden, bei denen nicht vollständig klar ist, ob es sich um
kommerzielle Verwendungen handelt oder nicht. Gerade in den weltweiten
Datennetzen ist diese Grauzone größer als die deutsche Politik wohl
wahrhaben möchte. Freie Daten können denn auch als Wirtschaftsförderung
verstanden werden, da sie ohne einen einzigen Euro an Subventionen einen
enormen Schub an wirtschaftlichen Impulsen und Innovationen bedeuten
können.

Was muß geschehen?

Der Erfolg der Plattform und der gesamten
Open-Government-(Data)-Strategie des Bundes hängt maßgeblich von einer
echten offenen Freigabe der Verwaltungsdaten ab. Bisher droht die
Umsetzung dagegen vor allem zu einer inhaltlichen Entwertung des
Begriffes "Open Government” zu führen und damit auch die Entwicklung zu
offenem Regieren in Deutschland nachhaltig zu bremsen.

Deshalb fordern wir für die weitere Entwicklung von www.govdata.de:

1.  Datensätze als offene Daten (im Sinne der [zehn Prinzipen für offene
    Daten](http://wiki.okfn.de/10-Prinzipien-fuer-offene-Daten))
    zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant,
    relevant und tatsächlich nachnutzbar sind. Eine nicht-erschöpfende
    Liste solcher Datensätze siehe unten;
2.  Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und
    offenen Lizenzen (gemäß [Open
    Definition](http://opendefinition.org/okd/deutsch/)) sowie
    Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte
    Nutzungsbedingungen;
3.  Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu
    lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten
    Ausnahmefällen zuzulassen;
4.  Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten
    zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf
    rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit;
5.  Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten
    Daten prioritär zu veröffentlichen und von der
    pro-forma-Veröffentlichung von "Schnarchdaten" abzusehen;
6.  Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als
    zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten;
7.  Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und
    Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von
    Daten erteilen kann.

Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören,
sondern weil diese sie verwaltet.

Verwaltungsdaten zu öffnen ist nur dann überhaupt von Nutzen, wenn eine
Nachnutzung uneingeschränkt möglich ist und aktiv gefördert wird.
Entsprechend sollte die Plattform eine Vorbildfunktion haben, indem sie
die Unterstützung all jener, auf deren Nachnutzung gebaut wird, auch
gewinnt. Das wird sie nur, wenn sie sich mit anderen Portalen in Bezug
auf Bedienung, Schnittstellen, Sicherheit, Barrierefreiheit und eben
auch hinsichtlich Offenheit messen lassen kann. Noch sind wir weit von
diesem Zustand entfernt, weshalb der derzeitige Ansatz nicht die
Unterstützung der "Community" findet.

Mit freundlichen Grüßen,

Vertreter der "Open-Data-Community Deutschland"

 

**Erstunterzeichner**:

Daniel Dietrich, Open Knowledge Foudation Deutschland e. V.,
Vorstandsvorsitzender

Daniel Lentfer, Mitinitiator des Hamburgischen Transparenzgesetzes

Mathias Schindler, Wikimedia Deutschland e. V.

Boris Hekele, abgeordnetenwatch.de/Parlamentwatch e. V., Mitgründer

Lavinia Steiner, Digitale Gesellschaft e. V., stellvertretende
Vorstandsvorsitzende

Markus Beckedahl, netzpolitik.org

Christian Heise, Initiative e-demokratie.org, Open Knowledge Foundation
Deutschland e. V.

Christian Horchert, Open Data Network e. V., stellvertretender
Vorstandsvorsitzender

Sören Auer, Koordinator des EU-Forschungsprojektes zu Linked Open Data
LOD2

Michael Hirdes, Chaos Computer Club e. V.

Holger Drewes, opendata-showroom.org

 

**Unterzeichne auch Du!**

<http://not-your-govdata.de/>

 

**Links**:

\[1\] ehemalige Ankündigung auf
[daten-deutschland.de](http://daten-deutschland.de/)

\[2\] Eine Liste davon haben wir [hier
zusammengefaßt](https://docs.google.com/spreadsheet/ccc?key=0AplklDf0nYxWdEx1RGJJX3hnVHl5VzRvWGMwZjMyaHc&usp=sharing&authkey=CPaKlO0N#gid=0)
(Google Docs)

\[3\]
<http://sunlightfoundation.com/policy/documents/ten-open-data-principles/>

\[4\]
<https://github.com/fraunhoferfokus/ogd-metadata/tree/master/lizenzen>

\[5\] <http://opendefinition.org/okd/deutsch/>

\[6\] <http://www.geolizenz.org/>

\[7\]
<https://github.com/fraunhoferfokus/ogd-metadata/blob/master/lizenzen/BMI/Datenlizenz_Deutschland_Namensnennung_nichtkommerziell_V1.md>