Schlechtes Gewissen

Mit dem Blog schreiben ist das so ungefaehr wie mit Freunde besuchen. Mag sein, dass es nicht jedem so geht, aber wenn ich einen guten Freund einen Monat nicht gesehen hab (und ich auch noch schuld bin, weil ich "mit melden dran gewesen" waere), setzt ein Teufelskreis ein: man druckst herum, man traut sich vor schlechtem Gewissen gar nicht zu melden und will schiebt das immer noch ein bisschen raus, bis mal genug Zeit ist, das Treffen dann wirklich zuenftig zu zelebrieren. Je laenger man das sich melden nun erfolgreich nach hinten rausgeschoben hat, desto schlimmer wird das schlechte Gewissen und wenn man Pech hat, ist man irgendwann den guten Freund (dem es vielleicht genauso geht) los.

‰Also: zuerst war da dieser Geburtstag. Inzwischen habe ich das bemitleidenswerte Alter von Antenne ebenfalls erreicht. Nichts zu beschoenigen, es geht weiter bergab. Rein gefeiert wurde anstaendig bei Maulwurfskuchen, viel Bier und einem Reisegutschein nach Prag und einem Geschenkgutschein fuer in Prag. Der Tag selber gestaltete sich bierentsprechend wattig. Abends gabs noch Besuch von Papa. Von den Eltern gab es unter anderem einen Sandwichtoaster. Mag sich profan anhoeren, ist aber cool. In blau. Harmonierend zu meinem Kuehlschrank und total nuetzlich fuer die Ausgewogenheit meiner Ernaehrung. Party war dann mit Angrillen fuer zwei Tage spaeter angesetzt. Zwischen durch gings dann zur Cebit.

Ein Kollege drueckt mir einfach so eine Eintrittskarte in die Hand, braucht er nicht, meint er. Zugtickets gabs von Firma, Unterhaltung waehrend der Fahrt von Frank und auf der Cebit die Begegnung mit alten Bekannten in lustigen Verkleidungen. Ich kann mir nicht helfen, aber bei einigen Leuten sieht Schlips und Juppe einfach nach Gebrauchtwagenverkaeufer aus.

Wie bei jedem Nerd, der etwas auf sich haelt, fiel auch bei mir die Kritik an den Hostessen negativ aus. Man weiss ja, frueher waren die alle noch schnuckeliger, aber da war man noch jung und alles, was nach Doppel-X roch, war bestaunenswert. Allerdings hoert man immer aus Dritter Hand, dass es an $Stand doch noch welche gegeben haben soll, die zumindest... hach ja. Seltsame Riten, die sich da eingebuergert haben. Frueher war man da ja noch zum Mousepads, Maeuse und Hardware klaun. Diesmal bin ich echt mit ein paar Broschueren zurueckgekommen.

Tags drauf gabs chaotisches Party vorbereiten. Eigentlich wollte ich ja im Goerli grillen, aber da wars deutlich zu frisch. Also nach hause verlegt und vor dem Fenster Grill aufgestellt. David hat mich lieberweise noch zu diversen Fleischlappenbesorgungsanstalten gekarrt, die Grillsaison ist wohl noch nicht offiziell eroeffnet, da muss man schon noch suchen. Getraenke und Nahrung kamen dann auch nicht ganz so guenstig, aber wer achtet da schon drauf... Party lief ganz gut, war ziemlich voll, auch, weil ich mit Steffi zusammengefeiert hab und ich war ziemlich flux ziemlich abgeschossen. Macht man zwar nicht, auf der eigenen Party, aber bot sich halt an. Aufraeumen hab ich bis heute noch nicht vollstaendig geschafft, der Gestank ist aber schon draussen. Von Sari hab ich ein wirklich echt cooles gerahmtes Foto von einer ihrer Fotosafaris bekommen, das ich vor dem Aufhaengen nochmal scannen und hier verlinken werde.

Zwischendurch hatte ich noch so eine Situation im Wedding. Auf dem Weg mit meinem Roller durch die urbane Nacht rannten mir Jugendliche entgegen, die Strasse entlang. Einer vornweg, andere, offensichtlich osmanischer Abstammung, hinterher. Neugierig, wie ich nun mal bin, hielt ich an. Das bewog den Vornweglaufenden, auf mich zuzukommen. Er meinte nur, dass ich ihn mal ganz dringend mitnehmen sollte, weil die anderen ihn gerade verhauen wuerden. "Die anderen" kamen dann auch mit Lederguertel in der Hand hinterhergerannt und rissen den jungen Mann von meinem Roller. Nach dem naechste Aufsattelungsversuch rissen sie ihn zusammen mit meinem Roller um. Fand ich gar nicht witzig und obwohl die 5 Jungs deutlich groesser und vor allem breitschultriger waren als ich, liessen sie sich doch von meinem ehrlichen und aufrichtigen Aerger, artikuliert und verdeutlicht durch Aufplustern und Rumkeifen, zurueckschrecken. Die Zeit reichte, Opfer und Moped zu schnappen und zur naechsten Tanke zu rollern. Er hatte wohl beim Aussteigen aus dem Taxi seinen Freunden noch was zugerufen, was sich die Clique wohl zum Anlass nahm, ihren "kruden Ehrenkodizes" (Spiegel 13/2004) zu folgen und dem offensichtlich aus Schwaben zugezogenen Studenten einen Zahn locker zu pruegeln. Ums kurz zu machen: die 5 Typen kamen sogar zur Tanke hinterher, um uns nocheinmal anzupoebeln und als der Tankwart drohte, die Polizei zu holen, verdrueckten sie sich in die Nebenstrasse. Ich half meinem Passagier den grossen roten Integralhelm ueber, wegen der Sicherheit des Schaedels und brachte ihn noch nach Hause.

Des Sonntags hab ich dann den Frank auf seiner Datscha in der Uckermark besucht. 65km mit dem Moped die B2 runter sind bei diesem Wetter nicht die allerreiste Freude. Andererseits ist der Preis von 6 EUR (also eine Tankfuellung) unschlagbar. Das Anwesen da ist beeindruckend und deutlich zum Abnerden im Spaetfruehling geeignet.

Prag war fett. Kurz vor der Abreise habe ich noch ein wenig Vorbereitung fuer das Chaosradio geschrieben, so dass ich die Zugfahrt ausgiebig zum Schlafen nutzen konnte. Am Bahnhof wurden wir sofort von einer aelteren Dame abgefangen, die uns nach einigem Handeln fuer 8EUR pro Nacht und Nase in einem Zimmer ihrer Wohnung direkt am Vaclavski namesti (also zentralst) unterbrachte. Zustand der Huette war so lala, aber sehr nett mit angenagelten Jesussen und ungenagelten Marien in viel ausstaffiert. Der im Nachbarzimmer einquartierte Amerikaner zeigte sich ein einziges Mal, fragte nach Feuer und nahm dann gleich ein gutes Dutzend Streichhoelzer. Danach roch man nur noch die unglaublichen Mengen Gras, die er weggeraucht haben musste, um wirklich die gesamte Wohnung zu aromatisieren. - Dafuer war er aber auch ruhig.

Ueber die Erlebnisse in Prag koennte ich jetzt stundenlang referieren, das wuerde aber den Rahmen sprengen, also nur kurz: die Stadt ist viel teurer geworden. Bier fuer 25 Pfennig bekommt man nirgends mehr. Wetter war okay. Touristen komisch bis anstrengend (jaja ich weiss, erdgeist mittenmang). Man muss mittlerweile suchen, um noch "parek v rohliku" oder auch Kettwurst zu bekommen, damals gabs die noch an jeder Ecke. Zum Glueck kannte ich noch ein paar ruhige und versteckte Lokale aus meiner Schulzeit, zum Beispiel eine riesige Terasse direkt unter der Karlsbruecke, zu der man nur gelangt, wenn man einmal quer durch eine schlechte Discotheque laeuft, was natuerlich kein Touri tut. Schlimm ist, dass da so ab 1 (ausser dirket im Touristenepizentrum) alles zumacht und man von 21 Uhr an nichts mehr zu Essen bekommt. Das brachte meinen Schlafrhythmus deutlich durcheinander. Paar Bilder gibts hier. Qualitaet erstmal schlecht, weil mit der kleinen Taschenbillig-DV-Cam aufgenommen, Fotos kommen spaeter. Aber den Geschenkgutschein habe ich eingeloest. Ich habe jetzt einen 1.20m hohen Krtecek. Total cool. Total knuddelig. Und alle Maedels fliegen drauf. Naja, fast alle. Also die wichtigsten zumindest. Nur das Nach-hause-tragen brachte einige unangenehme physische Aspekte mit sich, da ich noch einen schweren Reiserucksack buckeln musste. - Hat sich aber gelohnt. Wer auch mal knuddeln kommen moechte, darf sich gerne melden, ihr werdet auf der Liste plaziert.

Zu guter Letzt war ich heute mit Frank den Teufelsberg in Berlin besuchen. Da haben die Amis ihren Horchposten gehabt, nach der Wende wollten da ein paar Bekloppte Wohnungen und ein Hotel reinbauen und nun liegt das Areal vorerst brach. Das Gelaende gibt eine prima Paintballumgebung ab und es gibt wirklich wirklich viel zu entdecken. Hier schonmal ein paar Bilder in low quality, besser Bilder folgen.