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author | erdgeist <erdgeist@bauklotz.local> | 2015-08-16 16:38:25 +0200 |
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committer | erdgeist <erdgeist@bauklotz.local> | 2015-08-16 16:38:25 +0200 |
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-rw-r--r-- | stories/poetry/pamphlet | 8 |
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diff --git a/stories/poetry/pamphlet b/stories/poetry/pamphlet new file mode 100644 index 0000000..a318a5b --- /dev/null +++ b/stories/poetry/pamphlet | |||
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1 | <HTML><HEAD></HEAD><BODY> Fear, Uncertainty, Consumption, Knowledge. | ||
2 | Wir haben vor allem Moeglichen Angst. Ist ja auch nur zu natuerlich. Bei allem was man immer so liest und hoert. Es ist eine schreckliche Welt da draussen und das Einzige, was uns noch retten kann, ist: viel Geld auszugeben. Was es genau ist, das uns Angst machen muss? Das ist von Fall zu Fall natuerlich unterschiedlich. Aber generell sind es zwei Dinge, die sie verursachen: Unwissenheit und Unsicherheit. Und es gibt genug Leute, die von deiner Angst leben: Politiker, Polizisten, Anwälte, Versicherungsverteter, Potenzpillenhersteller, die Presse, die Ruestungsindustrie, sogar Greenpeace. Also gibt es auch ein vitales Interesse, dir deine schoene Angst nicht wegzunehmen. Man sehe sich nur die RTL-Abendnachrichten an und spiele ein kleines Spiel: versucht einmal, jeden Beitrag in eine der beiden Kategorien Angst oder Konsum einzuordnen. Und dann sagt, wo es die idyllischeren Bilder zu sehen gibt. Und wieviel Hintergrundinformationen vermittelt wurden. Dann schaue man sich die darauffolgende Soap an und sage, welche Gestalten gemeinhin als Sympathietraeger oder Identifikationsfiguren propagiert werden. Wissen und Intelligenz ist nicht schick, Erfolg nicht mehr Ergebnis von Fleiss. Dass gerade bei der Bildung gespart wird, wenn es nicht um die Elite geht, mag Zufall sein. Der Trend jedoch ist erkennbar: weg vom muendigen Bildungsbuerger, hin zum modernen Konsumbuerger mit all seinen pflegebeduerftigen Aengsten. | ||
3 | Was uns das als Hacker interessieren muss, die wir doch groesstenteils reflektierte, nicht vom Konsum verblendete Heroen sind? Wir sind das prototypische Feindbild des Konsums. Wir schliessen uns meist nicht der Finanzelite an und versuchen nicht einmal, eine berechenbare Gegenelite zu bilden. Unser erklaertes Ziel ist es, Herrschaftswissen zu nehmen und dem Beherrschten zugaenglich zu machen, zudem sein privates Wissen vor der zentralen Erfassung zu schuetzen. Hoechste Zeit, dem Hacker ein bedrohliches Image zu verpassen und am besten noch mit dieser neuen Angst Geld verdienen. Hier eine proprietaere Virenscan-Software, dort eine closed-source Firewall, und natuerlich im Fernsehn neben den Boesen, die Bomben auf Unschuldige werfen, der Hacker, der sich deine Festplatte zum Ziel genommen hat, so zwischen Ueberschwemmung, Lebensmittelvergiftungen und der Werbung. Da, wo die Komplexitaet des Systems das Verstaendnis sprengt und darueber hinaus magische, fast religioese Grenzen ankratzt, findet auch leicht die Ueberhoehung des Hackers ins Diabolische statt. | ||
4 | Aber auch wenn man die Angst durch Bildung bekämpft, bleibt sie nominal oft gleich: Denn hier fuehrt Beseitigung der Unwissenheit, zu einer Zunahme der eigenen Unsicherheit - die zweite Quelle der Angst. Wem zum Beispiel vertrauen wir denn in letzter Zeit unser Weltwissen an? Wir vertrauen darauf, dass in einem Prozessor, dessen Leiterbahnen wir mit blossem Augen nicht mehr erkennen koennen, sich Elektronen in gerade der richtigen Anzahl an den richtigen Stellen zusammensammeln, um bestimmte Schwellenwerte zu unter- oder ueberschreiten. Im Optimalfall kommt dabei die gewuenschte Transformation der Daten heraus. Die Ergebnisse werden in Abermilliarden schnell fluechtiger Rueckkopplungsgattern (ueblicherweise Speicher genannt) abgelegt. Was aufhebenswert erscheint, wird als mikroskopisch kleine Magnetisierungsinseln auf schnell rotierenden Metallscheiben gebannt, staendig auf der Furcht vor externen Magnetfeldern. Und wenn wir ernsthaft an das Konservieren fuer spaeter denken, benutzen wir extrem lichtempfindliche Billigstkunststoffscheiben, in die wir mit starken Lampen Loecher brennen, spaeter mit weniger starken Lampen wieder abtasten, nur um die Daten wenig spaeter dem selben Zyklus zu unterwerfen. (Wie lichtempfindlich die Scheiben sind, kann man im Experiment mit einer ueber den Sommer ins Fenster gehangenen CD selbst nachvollziehen) Alles in allem wohl ein unglaublich fragiler Ablauf, der nur mit Redundanz und dem kontinuierlichen Kopieren und Vergleichen der Daten mit den Zweit- und Drittkopien in stabilen Bahnen zu halten ist. (Versucht doch mal, eine Diskette von vor mehr als 7 Jahren zu lesen. Solltet ihr durch Zufall noch die passenden Laufwerke haben, ist die Wahrscheinlichkeit der Datenintegritaet wohl eher gering). | ||
5 | Das bewaehrte Konzept der menschenlesbaren Papierkopie wird mehr und mehr zurueckgedraengt, zumindest fuer die breite Masse, sie laesst sich zu schwer regulieren. Wissen ist (neben dem politischen) auch ein wirtschaftlicher Vorteil, Information Wirtschaftsgut. Oeffentliche Bibliotheken sind finanziell so schlecht ausgestattet, wie schon lange nicht mehr, Tendenz fallend. Aber auch im Elektronischen, wo die Regulierung des Kopierens mittels Kontrolle ueber das Kopiergeraet demnaechst leichter fallen soll, sind die Bewegungen in Richtung Informationsverknappung und Mehrfachverkauf deutlich zu erkennen. Dabei geht es mir nicht primaer um mp3s und Hollywoodschinken. Bald wird gar das private Pressearchiv urheberrechtlich bedenklich. An zentraler Stelle bleibt die Information natuerlich fuer Geld weiter verfuegbar. Ob aber morgen in der selben Zeitung noch das selbe steht, wie heute, ist fraglich. Dabei muss man nicht gleich mit Orwell argumentieren, eine einstweilige Verfuegung bei genuegendem politischen/wirtschaftlichen/staatssicherheitstechnischen Interesse ist durchaus im Rahmen des aktuell Wahrscheinlichen. | ||
6 | Selbst Suchmaschinen, respektive deren Caches, haben sich zuletzt nicht als zuverlässig-objektive Archive gegen den Willen der von den Informationen Tangierten erwiesen. Eine dezentrale Informations- Vorratshaltung und -Aufbereitung kostet aber Geld. (Man schaue sich nur die Unordnung in der privaten mp3-Sammlung an. Dann stelle man sich vor, wie die aussaehe, wenn irgendeine bezahlte Kraft den ganzen Tag nichts anderes zu tun haette, als die zu pflegen und erweitern.) Doch wo strukturiertes und damit erst zugängliches Wissen viel Geld kostet, muss sich die Akquisition/Aufbereitung auch finanziell lohnen. Sonst bleibt es Luxus, den man sich erst einmal leisten koennen muss. Aber aufgepasst: Viel zu schnell droht einem dabei selber der Abrutsch in die Klauen der Finanzeliten, die einen in ihre Unterabteilung Wissenselite einsortieren. Beispiel OpenSource-Projekte: sogar hier findet man das gesamte Muster Fear, Uncertainty, Consumption wieder. Was bleibt, wenn man etwa fuer eine Textverarbeitung auf proprietaere Datenformate angewiesen ist, reverse engineering verboten ist? Legal nur noch der Zukauf der Information, was bei einem kostenlosen OpenSource-Programm schlicht nicht finanzierbar ist. Und selbst wenn bleibt beim potentiellen Benutzer (der auch vom Hersteller der kommerziellen Software gern gepflegte) Rest Unsicherheit, die Angst, die dann nur noch durch Konsum - Kauf der SW - besiegbar scheint. | ||
7 | Wuerde man mich nach dem Konsum dieses Textes nach einer Moral fragen, wuerde ich sicher aus den Zielen des CCC zitieren. Dezentrale, oeffentlich zugaengliche Verwaltung aller oeffentlichen Informationen statt einem Verbot des Publizierens. Ansonten: selber denken! | ||
8 | </BODY></HTML> | ||