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author46halbe <46halbe@berlin.ccc.de>2009-03-11 01:09:20 +0000
committer46halbe <46halbe@berlin.ccc.de>2020-05-23 13:38:11 +0000
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1title: Wahlausschuß in Cottbus ignoriert die Tatsachen
2date: 2006-11-20 00:00:00
3updated: 2009-03-11 01:09:20
4author: 46halbe
5tags: update
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7Der Wahlprüfungsausschuß von Cottbus hat in seiner heutigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einstimmig empfohlen, den Einspruch gegen die Oberbürgermeisterwahl vom 22. Oktober 2006 abzulehnen. Ein Cottbusser Wähler hatte gegen die Wahl Einspruch erhoben, weil die eingesetzten Wahlcomputer der Firma Nedap manipulierbar und nicht vertrauenswürdig sind.
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11Der Wahlprüfungsausschuß hat in seiner heutigen Sitzung der
12Stadtverordnetenversammlung von Cottbus einstimmig empfohlen, den
13Einspruch
14\[[1](http://www.langensoft.de/OBWahl-CB/Wahleinspruch1.html)\] gegen
15die Oberbürgermeisterwahl vom 22. Oktober 2006 abzulehnen. Ein
16Cottbusser Wähler hatte gegen die Wahl Einspruch erhoben, weil die
17eingesetzten Wahlcomputer der Firma Nedap manipulierbar und nicht
18vertrauenswürdig sind. Die Forschungsergebnisse des Chaos Computer Clubs
19und der Initiative "Wir vertrauen Wahlcomputern nicht"
20(wijvertrouwenstemcomputersniet.nl) belegen diese Manipulierbarkeit der
21Computer.
22
23Im Mittelpunkt des Einspruches stand der berechtigte Einwand des
24Wählers, daß das Wahlergebnis nicht mehr nachprüfbar ist. Die
25Öffentlichkeit kann die Auszählung der Stimmen in keiner Weise
26nachvollziehen. Zudem kann niemand sicher sagen, ob die Wahlcomputer
27manipuliert sind oder nicht. Diese grundlegenden Bedenken fanden im
28Ausschuß keinerlei Würdigung, es wurde einzig anhand von formalen
29Kriterien geurteilt. Eine inhaltliche Diskussion scheiterte an der
30Unkenntnis der Ausschußmitglieder über die Manipulationsmöglichkeiten an
31den Wahlcomputern. Offenkundig war diese inhaltliche Auseinandersetzung
32auch nicht gewünscht.
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34Die Argumentation der Wahlleiterin, Frau Hiekel, der sich der
35Wahlausschuß anschloß, beruhte auf der rein rechtlich gerade noch so
36gegebenen Zulassung der Wahlcomputer. Eine Betrachtung der jüngst
37veröffentlichten Erkenntnisse fand nicht statt. "Das gehört nicht auf
38unsere Ebene, das muß auf Bundes- oder Landesebene behandelt werden",
39war die einhellige Meinung der Ausschußmitglieder.
40
41Jedwede technische Betrachtung der Einspruchsgrundlagen entfiel ebenso
42wie eine Berücksichtigung der jüngsten Äußerungen von PTB-Prüfungsleiter
43Dieter Richter. Richter hatte in Interviews
44\[[2](/de/updates/2006/ptb-bestaetigt-nichteignung)\] zugegeben, daß die
45Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) angesichts der neuen
46Erkenntnisse keine Empfehlung für eine Verwendungsgenehmigung mehr an
47das Innenministerium erteilen würde. "Wir können doch nicht auf
48Interviews reagieren", lautete die Aussage der Ausschußmitglieder. Die
49Realität in Cottbus ist offenbar schon traurig genug, sodaß man sich
50nicht noch mit den Sicherheitsproblemen der Wahlcomputer
51auseinandersetzen wollte.
52
53Einzelne Ausschußmitglieder äußerten, daß sie eine Manipulation aufgrund
54des "erheblichen Zeitaufwandes" für nicht möglich hielten und
55offenbarten damit massive Unkenntnis der technischen Realitäten. Eine
56Manipulation durch Austausch der Software oder durch ein trojanisches
57Stimmspeicher-Modul ist in wenigen Sekunden möglich. Das Angebot, die
58technischen Details von den anwesenden CCC-Mitgliedern vortragen zu
59lassen, wurde von der Ausschußvorsitzenden rundweg abgelehnt.
60
61Weiterhin wurde in dem Einspruch der mehrfache Verstoß gegen die
62behauptete Aufbewahrung in "geschützten Umgebungen" und die nicht
63erfolgte Prüfung der Wahlcomputer in den Stimmlokalen bemängelt.
64
65Die Wahlleiterin behauptete hierzu schlicht, daß die beobachteten
66Verstöße gegen die Aufbewahrungs- und Überprüfungsregeln nicht
67stattgefunden hätten. Dies habe ihr der Wahlvorstand bestätigt und
68"minutiös dokumentiert unterschrieben". Die Beobachtungen der
69CCC-Wahlbeobachtergruppe
70\[[3](/de/updates/2006/bericht-ob-wahl-cottbus)\] wurden nicht zur
71Kenntnis genommen, aber auch die sich mit diesen Beobachtungen deckenden
72persönlichen Erlebnisse des Einspruchstellers wurden nicht ernsthaft in
73Betracht gezogen. Daß die Wahlvorstände in dem betreffenden Wahllokal
744105 natürlich kein Interesse daran haben, ihre eigenen Verfehlungen
75zuzugeben, fand dabei keine Berücksichtigung. Nach wenigen Minuten wurde
76die bereits vorformulierte Empfehlung an die Stadtverordnetenversammlung
77zur Abstimmung verlesen: keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen, keine
78Zweifel – die Wahlcomputer sind sicher.
79
80In Gesprächen mit einzelnen Stadtverordneten nach der Sitzung war
81immerhin die Bereitschaft zu erkennen, die anstehende Beschaffung der
82Nedap-Wahlcomputer nochmals zu überdenken. Der CCC ist gerne bereit, im
83Detail Auskunft zu den Risiken und Problemen zu geben.
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87- \[1\] ["Einspruch gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl in
88 Cottbus" von Thomas
89 Langen](http://www.langensoft.de/OBWahl-CB/Wahleinspruch1.html)
90- \[2\] [CCC: "PTB bestätigt Nichteignung - Wahlcomputer grundsätzlich
91 unsicher"](/de/updates/2006/ptb-bestaetigt-nichteignung)
92- \[3\] [CCC: "Bericht der CCC-Wahlbeobachtergruppe von der
93 Oberbürgermeisterwahl in
94 Cottbus"](/de/updates/2006/bericht-ob-wahl-cottbus)
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